Die kontroverse Strategie von Haas beim Saudi-Arabien GP erhitzt auch zwei Wochen später nach wie vor die Gemüter. Haas-Pilot Kevin Magnussen hatte das restliche Mittelfeld nach zwei 10-Sekunden-Strafen gegen sich aufgehalten und so seinem Teamkollegen Nico Hülkenberg den ersten Punkt des Jahres ermöglicht.

Zu den größten Kritikern zählten im Nachgang des Rennens die Racing Bulls. Der neue Renndirektor Alan Permane bezeichnete die Aktion sogar als "die absolute Definition von unsportlichem Verhalten." Racing-Bulls-Pilot Yuki Tsunoda war besonders von der Magnussen-Blockade betroffen, da er zunächst vom Dänen abseits der Strecke überholt wurde und in der Folge hinter Magnussen festhing.

Kevin Magnussen (Haas) vor Yuki Tsunoda (Racing Bulls) beim Formel-1-Rennen in Jeddah Saudi-Arabien
Yuki Tsunoda fand an Kevin Magnussen kein Vorbeikommen, Foto: LAT Images

Auch Tsunoda fordert Regeldiskussion mit FIA

Auch Tsunoda selbst äußert Kritik an dem Vorfall, macht Haas selbst jedoch nicht unmittelbar Vorwürfe, denn: "Im Rahmen der aktuellen Regeln haben sie es gut gemacht. Denn im Endeffekt haben sie Punkte gesammelt, also haben sie es maximiert." Dennoch zeigt sich der Japaner mit der Art und Weise der Haas-Strategie unzufrieden und fordert wie Permane eine Diskussion über die aktuellen Regeln mit der FIA.

Denn unter der aktuellen Regel-Auslegung warnt Tsunoda vor absurden Szenarien wie in Monaco: "Jeder könnte wortwörtlich einfach die Schikane in Monaco abkürzen, das ganze Feld 20 Sekunden lang aufhalten und so seinen Teamkollegen gewinnen lassen."

Blockade zum Sieg? In Monaco grenzt Überholen an Unmöglichkeit, Foto: LAT Images
Blockade zum Sieg? In Monaco grenzt Überholen an Unmöglichkeit, Foto: LAT Images

Tsunoda: Dirty Air wieder auf 2021er-Niveau

Was Tsunoda in Saudi-Arabien zusätzlich zu den leidenschaftlichen Verteidigungsmanövern Magnussens Probleme bereitete, war das schwierige Überholen an sich. Die Formel 1 befindet sich 2024 im dritten Jahr der Ground-Effect-Ära, zu deren Hauptzielen es einst zählte, das Überholen zu vereinfachen.

Schlüssel dabei sollte die Reduktion der durch das vorausfahrende Auto erzeugten verwirbelten Luft (Dirty Air) sein. Tsunoda stellt diesem Vorhaben jedoch ein niederschmetterndes Fazit aus: "Der Dirty-Air-Effekt wird in gewisser Weise wieder ähnlich wie 2021."

Womit sich Tsunoda hingegen trotz des verpassten Resultats in den Punkten zufrieden zeigte, war sein Verhalten am Teamfunk in Jeddah. Beim Auftaktrennen hatte Tsunoda nach einer Team-Order gegen ihn im Kampf um Position 13 noch heftig am Teamfunk geschimpft und sich auch nach Rennende zunächst uneinsichtig gezeigt. Nach einem klärenden Gespräch gelobte Tsunoda, der seit Jahren als Heißsporn bekannt ist, in Saudi-Arabien Besserung.

Racing-Bulls-Fahrer Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo gemeinsam in Bahrain
In Bahrain kam es zum Teamorder-Konflikt zwischen den beiden Racing-Bulls-Piloten, Foto: LAT Images

Tsunoda ohne Funk-Eskapaden: Musste mir auf die Zunge beißen

Und tatsächlich blieben ausufernde Eskapaden am Funk trotz der Magnussen-Blockade aus. "Wenn es das normale Ich gewesen wäre, hätte ich sicherlich den Funk-Knopf gedrückt", meint Tsunoda. "Ich habe in der Pressekonferenz gesagt, dass ich mich verändern möchte und ich bin sicher, dass ihr sehen werdet, wie ich mich ab Bahrain verändert habe. Und ich bin zufrieden, dass ich das mit einem ersten Schritt beweisen konnte", so der 65-fache GP-Starter weiter.

Zugleich gibt Tsunoda zu, dass er sich im Cockpit ordentlich zusammenreißen musste: "Es war nicht einfach, selbst in meinem Helm habe ich mir wie verrückt auf die Zunge gebissen. Ich wusste nicht, dass es mehr Energie kostet, meinen Stress im Zaum zu halten als meinen Nacken zu benutzen oder die G-Kräfte auszuhalten."

Gelingen den Racing Bulls in Australien die ersten Punkte?

Sportlich stehen Tsunoda und die Racing Bulls nach den ersten beiden Saisonrennen zwar noch ohne Punkte da. Tsunoda sieht aber dennoch positive Anzeichen. Zugleich gibt er die umfangreichen Änderungen in der Führungsriege der Racing Bulls über den Winter zu bedenken und mahnt zur Geduld.

Angesichts der Dominanz der Top-5-Teams in der Formel 1 2024, weiß der Mann aus Sagamihara aber auch um die Schwierigkeit von Punkten: "Wenn du nicht alles rausholst mit der Strategie, oder wenn etwas passiert im Rennen, ist es einfach hart Punkte zu bekommen. Denn wir haben nur eine oder maximal zwei Positionen, bei denen wir eine Chance haben, Punkte zu sammeln."