1. Warum fuhr Magnussen absichtlich langsam?

Kevin Magnussen sorgte im Alleingang für die wenigen Highlights beim Saudi-Arabien-GP. Vor allem seine Schleichfahrt bot etwas Unterhaltung. Zeitweise fuhr er absichtlich zwei Sekunden langsamer, als er eigentlich hätte fahren können. Weil er Strafen angesammelt hatte, war früh klar, dass er es selbst nicht in die Punkte schaffen würde. Haas-Teamkollege Nico Hülkenberg aber fuhr auf einer anderen Strategie: Als einer von nur vier Fahrern kam er beim Safety Car nicht zum Reifenwechsel.

Ohne weiteres Safety Car wäre die Strategie eigentlich nach hinten losgegangen, hätte es da nicht Magnussen gegeben. Der Däne hielt die Yuki Tsunoda, Esteban Ocon, Alexander Albon, Logan Sargeant, Daniel Ricciardo und Valtteri Bottas hinter sich und bremste sie so stark ein, dass Hülkenberg genügend Vorsprung herausfahren konnte, um nach seinem Boxenstopp wieder vor der Gruppe rauszukommen. Die Team-Taktik wurde mit Platz zehn und einem Punkt für den Deutschen belohnt.

2. Wofür wurde Magnussen bestraft?

Zwei Strafen, zweimal zehn Sekunden wurden Magnussen aufgebrummt - nicht aber etwa für seine Schleichfahrt. Die erste Strafe kassierte er, weil er beim Restart Alexander Albon bei der Anfahrt zu Kurve vier nicht genügend Platz ließ. Albon kam ins Sandwich zwischen Magnussen und Mauer und konnte nicht ausweichen. Der Haas-Pilot bekam Alleinschuld und Strafe zugesprochen.

Die zweite kassierte er zehn Minuten später, weil er Yuki Tsunoda überholt hatte, beim Überholmanöver aber nicht auf der Strecke geblieben war. Magnussen hätte die gewonnene Position zurückgeben müssen, tat das aber nicht. Danach war sein Rennen gelaufen und er musste für Hülkenberg fahren.

3. Warum fielen die Strafen so hoch aus - und warum waren sie (fast) egal?

Normalerweise hätte man wohl mit zwei Fünf-Sekunden-Strafen gerechnet. Nach aufkommender Kritik an den zu milden Strafen hat man sich im Winter darauf geeinigt, die Daumenschrauben etwas anzuziehen. Speziell für das Verlassen der Strecke, wenn dabei ein bleibender Vorteil erlangt wird, müssen die Piloten in der Formel-1-Saison 2024 mit zehn Strafsekunden rechnen. Am Ende konnte es Magnussen aber fast egal sein: Er verlor trotz 20 Sekunden nur eine Position.

Kevin Magnussen (Haas) vor Yuki Tsunoda (Racing Bulls) beim Formel-1-Rennen in Jeddah Saudi-Arabien
Der Magnussen-Zug in Saudi-Arabien, Foto: LAT Images

Das liegt daran, weil die Strafe, sollte kein Boxenstopp mehr absolviert werden, auf die Rennzeit addiert wird. Max Verstappen überrundete die Gruppe hinter Magnussen am Ende des Rennens. Magnussen und Albon erwischte Verstappen nicht mehr. Deshalb fiel Magnussen nur hinter Albon zurück. Ocon auf Rang 13 hatte durch die Überrundung eine Runde weniger als der Däne absolviert.

4. Warum wurde Norris' Frühstart nicht bestraft?

Lando Norris legte einen astreinen Frühstart hin. Der McLaren-Pilot bewegte sich deutlich vor dem Erlöschen der fünf roten Ampellichter. Norris selbst wusste nicht, wie ihm das passieren konnte. Er vermutet eine instinktive Reaktion auf irgendein Licht in der Umgebung - davon gibt es in Jeddah reichlich. Aber warum bekam er keine Strafe dafür?

Das hat nichts damit zu tun, dass er nochmal stehenblieb und keinen Vorteil hatte. Tatsächlich ist die Sache im Regelwerkt recht einfach beschrieben: Nur wenn der Sensor auslöst, handelt es sich um einen Frühstart. Im Asphalt ist unter jeder Startposition ein Sensor eingelassen, der mit einem Sensor im Auto korrespondiert. Dabei gibt es gewisse Toleranzen bei Zeit und Bewegung. Wird der Sensor nicht getriggert, war es auch kein Frühstart.

5. Warum kamen nicht alle Piloten beim Safety Car zum Reifenwechsel?

Das Rennen in Jeddah ist ein klassisches Einstopp-Rennen. Reifenabbau und -verschleiß sind so gering, dass man auch mit einem sehr frühen Boxenstopp bis zum Ende durchfahren kann. Trotzdem kamen Lando Norris, Lewis Hamilton, Nico Hülkenberg und Zhou Guanyu nicht zum Reifenwechsel, als Lance Stroll das Rennen mit seinem Unfall neutralisierte. Warum kamen die vier Fahrer aber nicht zum günstigen Zeitpunkt an die Box?

Dafür gibt es zwei Gründe: Wenn Teamkollegen direkt hintereinander sind, muss der schlechter platzierte Fahrer beim Boxenstopp anstehen. Durch den Hochbetrieb in der Boxengasse droht er dadurch viele Plätze zu verlieren. Wer außerdem schlecht platziert ist, der setzt lieber auf eine alternative Strategie. Bei einem weiteren Safety Car oder sogar einer Rennunterbrechung hätte die Strategie nicht nur für Nico Hülkenberg aufgehen können.

6. Wie konnte Leclerc die schnellste Rennrunde fahren?

Max Verstappen dominierte das Rennen, Charles Leclerc fuhr die schnellste Rennrunde und holte sich so den Extra-Punkte. Wie konnte das passieren? Ferrari hatte am Wochenende Probleme damit, die Reifen auf Temperatur zu bekommen - dafür konnte man sie sehr lange am Leben halten. Als das Auto am Rennende am leichtesten war, hatte Leclerc freie Fahrt. Verstappen musste sich mit Überrundungen rumschlagen.

Trotzdem kam die Leclerc-Zeit überraschend, schließlich fuhr er nicht nur gegen Verstappen, sondern auch gegen Lewis Hamilton und Lando Norris, die viel später erst zum Boxenstopp gekommen waren und frischere Reifen hatten. Der Reifenabbau in Jeddah ist aber so gering, dass es zum sogenannten negativen Abbau kommt. Durch das leichter werdende Auto wird der minimale Abbau des Reifens mehr als ausgeglichen, die Rundenzeiten werden immer schneller. Ein frischer Reifen ist zwar noch immer schneller, der Unterschied ist aber nicht so groß.

7. Warum musste Gasly nach einer Runde aufgeben?

Die Chaoswochen bei Alpine gehen weiter. Während Esteban Ocon durch die Magnussen-Blockade immerhin im Feld mitfahren konnte, kam Teamkollege Pierre Gasly gar nicht erst richtig ins Rennen. Auf der Formationsrunde hatte er den sechsten Gang verloren. Dadurch ging die Synchronisation der anderen Gänge verloren und er musste am Ende von Runde eins aufgeben.

8. Wofür wurde Yuki Tsunonda bestraft?

Nach dem Rennen gab es noch eine Strafe für Yuki Tsunoda. Ihm wurden fünf Sekunden auf die Rennzeit für ein Vergehen vor dem Rennen aufgebrummt. Warum man den Zwischenfall nicht schon während des Rennens auflösen konnte, bleibt Geheimnis der Stewards. Der Grund für die Strafe zum Glück nicht: Beim Verlassen der Garage auf dem Weg in die Sichtungsrunden fuhr Tsunoda Norris in der Boxengasse vors Auto. Die Stewards entschieden auf Unsafe Release - in der Sichtungsrunde... Schuld war übrigens Tsunoda selbst: Sein Mechaniker hatte ihm den Verkehr angezeigt, der Japaner hatte sich aber auf etwas anderes konzentriert.

9. Wofür kassierte Perez seine Strafe?

Die letzte Strafe für diesen Artikel, versprochen. Sergio Perez musste um seinen zweiten Platz kämpfen, weil er ebenfalls fünf Sekunden auf seine Rennzeit aufgebrummt bekam. Er wusste es aber schon während des Rennens. Der Red-Bull-Pilot war bei der Boxenstopp-Orgie während des Safety Cars Fernando Alonso vors Auto gefahren. Der Spanier musste in der Fastlane bremsen, um eine Kollision zu vermeiden. Perez war übrigens auch selbst schuld: Die Ampel zeigte rot, Perez sah aber niemanden im Spiegel und fuhr los. Dafür bekam er auch noch einen Strafpunkt auf sein Konto. Den bekam Tsunoda übrigens nicht, weil sein Zwischenfall vor dem Rennen stattgefunden hatte.

10. Warum war Carlos Sainz nicht am Start?

Bei Ferrari feierte der erst 18-jährige Brite Oliver Bearman sein Formel-1-Debüt. Ferrari hatte Carlos Sainz nicht etwa vorzeitig entlassen. Der Spanier musste am Freitag wegen einer Blinddarmentzündung operiert werden. In den Trainings am Donnerstag hatte er trotz großer Schmerzen noch im Auto gesessen. Am Renntag, nur einen Tag nach seiner Operation, war Sainz schon wieder im Fahrerlager und drückte seinem Ersatzmann die Daumen. Mit Erfolg: Bearman wurde Siebter und holte Punkte für Ferrari.