Das Thema Strafen ist Jahr für Jahr eines der am heißesten diskutierten Probleme in der Formel 1. Die Kritik von vielen Fans: Die Stewards verteilen die Strafen oftmals viel zu leichtfertig und lassen die Fahrer das Rennergebnis nicht auf der Strecke bestimmen. Motorsport-Magazin.com blickt auf die Strafen der letzten drei Saisons bis zur Sommerpause und versucht, die Statistiken einzuordnen. Hat die Anzahl der Strafen wirklich zugenommen? Ist ein Trend zu erkennen?

Der Formel-1-Strafenvergleich der letzten drei Jahre

Aufgrund der überaus vielfältigen Weisen, auf die Fahrer und Teams in der Formel 1 mittlerweile Strafen sammeln können, haben wir die Art der Strafen in vier relevante Kategorien klassifiziert. Hinweis: Alle Vergehen, wie die Scooter-Eskapade von Sebastian Vettel in Australien 2022, konnten dadurch nicht abgebildet werden.

Unter 'Kollisionen' werden alle Strafen zusammengefasst, die direkt oder indirekt durch Zwischenfälle zwischen zwei oder mehreren Fahrern ausgesprochen wurden. Die Kategorie 'Track-Limits' zeigt die Anzahl der Zeitstrafen aufgrund von Streckenüberschreitungen. Bei den 'Boxengassen-Vergehen' werden hauptsächlich 'Unsafe Releases' oder das Überschreiten des Tempolimits in der Boxengasse erfasst. Unter die 'Technischen-Strafen' fallen sämtliche Parc-Fermé-Verstöße, sowie die Überschreitung von maximal erlaubten Fahrzeug-Komponenten.

Kollisionen:
Bei den Kollisionsstrafen sticht vor allem die Anzahl aus der vergangenen Saison heraus. Mit insgesamt 14 ausgesprochenen Strafen nach Kollisionen ist der Wert mehr als doppelt so hoch, wie in der Saison 2021. Womöglich ist dieser Anstieg durch die damals neue, für die Fahrer ungewohnte Fahrzeuggeneration zu erklären. Das neuartige Fahrgefühl der 2022er-Boliden unterscheidet sich laut Aussagen einiger Fahrer deutlich von dem der Vorjahre, vor allem durch die größeren Reifen, die vergangene Saison eingeführt wurden. Dadurch war das Verhalten der Boliden für die Fahrer zunächst schwieriger einzuschätzen und es kam zu deutlich mehr Zwischenfällen. In der aktuellen Saison scheinen sich die Fahrer allerdings an die neuen Autos gewöhnt zu haben, denn der Trend bei den Kollisions-Strafen zeigt derzeit wieder nach unten.

Eine Kollision schleudert Trümmer in der Eröffnungsrunde umher, während Valtteri Bottas, Alfa Romeo C42, Lance Stroll, Aston
In Ungarn vor einem Jahr kam es zu einem großen Crash in der ersten Runde, Foto: LAT Images

Track-Limits:
Anders sieht es bei den Track-Limits-Vergehen aus. Diese haben in der aktuellen Saison exorbitant zugenommen. Aus der lediglich einen einzigen Track-Limits-Strafe aus der Hinrunde der Saison 2021, wurden in der aktuellen Saison 23 Strafen. Vor zwei Jahren wurden die Track-Limits noch anders behandelt. Damals gab der Rennleiter vor den jeweiligen Rennen bestimmte Kurven aus, bei denen besonders auf das Überschreiten der Streckenbegrenzung geachtet werden würde. Diese Regel wurde in der darauffolgenden Saison überarbeitet. Der enorme Anstieg von der vergangenen zur aktuellen Saison ist vor allem durch das Debakel beim Großen Preis von Österreich zu erklären, der den Großteil der diesjährigen Track-Limits-Strafen zu verantworten hat.

Danner: Unerträglich! Formel 1 Strafen-Chaos wird zur Farce! (20:14 Min.)

Boxengassen-Vergehen:
Bei den Vergehen in der Boxengasse ist in den vergangenen drei Jahren ein konstanter Anstieg zu erkennen - von 13 auf 31 Verstöße. In der aktuellen Saison bekleckern sich die Fahrer vor allem beim Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit in der Boxengasse nicht mit Ruhm. Doch auch die Teams lassen ihre Fahrer in der aktuellen Saison nach dem Reifenwechsel deutlich öfter in einer gefährlichen Art und Weise wieder auf die Fast-Lane fahren.

Technische Strafen:
Bei den technisch bedingten Strafen lässt sich ein ähnliches Muster wie bei den anfangs erwähnten Kollisions-Strafen erkennen: Ein enormer Anstieg in der Saison 2022, gefolgt von einem Rückgang in der aktuellen Saison. Die Erklärung für dieses Phänomen ist ebenfalls eine ähnliche. Denn wie die Fahrer, haben auch die Teams ihre Lektionen aus der vergangenen Saison ziehen können. Der durch die Regel-Revolution bedingte hohe Verschleiß bei den Fahrzeugkomponenten konnte dadurch wieder reduziert werden. Nach einem Jahr der Ein- bzw. Umgewöhnung steht die Formel 1 bei den technisch bedingten Strafen wieder auf einem ähnlichen Niveau, wie vor zwei Jahren.

Fazit: Haben die Strafen in der Formel 1 zugenommen?

In allen vier Kategorien bildet die Saison 2021 den niedrigsten Wert. Demnach könnten sich die Gegner der aktuellen Strafen-Politik in ihrer Meinung bestätigt fühlen. Dennoch sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, denn teilweise sind die Anstiege durch die in der vergangenen Saison eingeführte Regel-Revolution zu erklären. Außerdem verfälschen einzelne Ereignisse, wie der Österreich GP 2023, zum Teil die Statistiken. Auch wichtig bei der Beurteilung: Zwischenfälle, die bereits auf der Strecke wieder ausgeglichen wurden, zum Beispiel durch das Vorbeilassen eines anderen Fahrers, sind in der Statistik nicht enthalten. Dennoch lügen die Zahlen nicht: Das Volumen der ausgesprochenen Strafen hat in den vergangenen Jahren zugenommen.