Nyck de Vries steht vor dem Formel-1-Wochenende in Österreich unter Druck. Das Management von Red Bull hat ihn vor dem neunten Saisonrennen auf dem Red Bull Ring medial angezählt. Auf die kritischen Aussagen von Red-Bull-Manager Dr. Helmut Marko reagierte der Niederländer dennoch abgeklärt. Er will den Fokus nicht verlieren und glaubt daran, die Kurve noch einmal zu kriegen. Zugleich ist er sich der Tatsache bewusst, dass von ihm auf der Rennstrecke mehr kommen muss.

"Ich denke, Dr. Marko würde es begrüßen, wenn ich ihn hier auf der Rennstrecke eines Besseren belehre", so de Vries in der Pressekonferenz vor dem Start ins Wochenende. Im Podcast 'The Inside Line' hatte der 80-jährige Österreicher zuletzt erklärt, dass Christian Horner die Verpflichtung von de Vries nie voll unterstützt habe. "Er war kein Fan von de Vries", sagte Marko und pflichtete dem Red-Bull-Teamchef rückblickend bei. "Im Moment würde ich sagen, dass es danach aussieht, als ob er [Horner] recht hatte."

AlphaTauri-Teamkollege Yuki Tsunoda brach in Anbetracht der prekären Lage eine Lanze für de Vries. Der Japaner ist sicher, dass der Formel-2- und Formel-E-Champion das Zeug hat, sich in der Königsklasse zu behaupten. Mit 28 Jahren ist der Niederländer auch als Rookie beileibe kein Grünschnabel mehr. Er will sich vom schwindenden Vertrauen des Red-Bull-Managements nicht vollständig aus der Bahn werfen lassen.

"Es gibt für mich keine Notwendigkeit, irgendetwas zu erzwingen", erklärt er. "Wenn du es noch verzweifelter versuchst oder etwas erzwingen willst, wozu die Zeit noch nicht reif ist, wird es auch nicht geschehen. Dann passieren nur Fehler. Der Schlüssel ist, so weiterzumachen, wie wir es gerade machen. Wir konzentrieren uns auf den Job und bleiben geduldig. Das Potential ist da, es ist nur eine Frage der Zeit, bis alles zusammenkommt."

Nyck de Vries nach schwachen Leistungen selbstkritisch

Bisher kam für ihn nicht viel zusammen. Nach acht Rennen steht er ohne WM-Punkt da. In Montreal ließ er zwar zum zweiten Mal in dieser Saison Tsunoda im Qualifying hinter sich, doch im Rennen konnte er nicht auf den Erfolg aufbauen. Im Gegenteil: sein Zweikampf mit Kevin Magnussen endete damit, dass er sich massiv verbremste und den Dänen mit in die Auslaufzone zwang. Der Fahrfehler kostete viel Zeit und er sah die Zielflagge schlussendlich als Letzter, vom eigenen Teamkollegen überrundet.

"Ich denke, dass ich keinen guten Job gemacht habe", sagt er mit Blick auf seine Vorstellung in Kanada. "Wir haben auch als Team etwas Schwierigkeiten gehabt, was nur zeigt, wie eng das Mittelfeld ist. Von P11 bis P20 ist alles so dicht, wenn du kein gutes Wochenende zeigst, gerätst du sofort ins Hintertreffen. Das hat nicht direkt etwas mit der Performance oder Weiterentwicklung zu tun, sondern einfach damit, über das Wochenende die richtigen Entscheidungen zu treffen", erklärt er weiter.

An diesem Wochenende wird es noch mehr darauf ankommen, von Anfang an bei der Musik zu sein. Beim Sprintformat gibt es für die Teams in Spielberg nur ein Training, um sich für die beiden Qualifyings und die Rennen in Position zu bringen. "Wir müssen als Team sicherstellen, dass wir alles im Griff haben und ich muss natürlich auch meinen Job machen", so de Vries, der beim ersten Sprint-Event des Jahres in Baku überhaupt nicht zurechtkam. Von seinem Unfall im Qualifying am Freitag erholte sich sein Selbstvertrauen an diesem Wochenende nicht mehr.

Cockpit wackelt gewaltig! Wer könnte Nyck de Vries ersetzen? (26:59 Min.)

Sprint-Wochenende in Österreich besonders knifflig

In Österreich sorgt ein wechselhafter Wetterbericht für zusätzliche Spannungsfaktoren. An allen drei Tagen sind Regenschauer vorhergesagt. "Wir müssen wirklich alles optimieren, was wir haben. Das Sprintwochenende ist etwas kniffliger und diesmal gibt es viel Ungewissheit, besonders wegen der Wetterbedingungen. Es wird entscheidend sein, das Maximum aus unserem Paket zu holen", so de Vries.

Nachdem er im ersten Saisondrittel auf vielen ihm unbekannten Rennstrecken antrat, hofft er, dass die aus der Vergangenheit bekannten Austragungsorte in Europa ihm etwas in die Karten spielen: "Es hilft auf jeden Fall, die Strecke zu kennen. Das gibt dir mehr Vertrauen, sofort zu pushen, was dieses Wochenende mit so wenig Zeit vor dem Qualifying besonders wichtig ist." Den ganzen Qualifying-Freitag der Formel 1 heute in Österreich gibt es hier im Liveticker.