Sportpolitisch ist es derzeit überraschend ruhig in der Formel 1, nur beim Thema Reifen geht es im wahrsten Sinne des Wortes rund. Während alle Augen schon auf 2024 und das geplante Heizdeckenverbot für Slicks gerichtet sind, gab es für 2023 bereits kleinere Änderungen. Seit dem Monaco GP dürfen die neuen Regenreifen nicht mehr vorgeheizt werden.

Eigentlich wollte Pirelli in dieser Saison auch noch neue Intermediate-Reifen bringen, die ebenfalls keine Heizdecken mehr benötigen. Allerdings stimmten die Teams kürzlich gegen die Einführung des neuen Produkts. Somit dürfen 2023 noch Heizdecken fürs Slicks und Intermediates eingesetzt werden.

Heizdecken sollen in der Formel 1 bald der Vergangenheit angehören, Foto: LAT Images
Heizdecken sollen in der Formel 1 bald der Vergangenheit angehören, Foto: LAT Images

Noch Mitte Mai absolvierte Pirelli zusammen mit Alpine Testfahrten in Le Castellet, um die Heizdecken-losen Intermediate-Reifen zu finalisieren. Als sich Pirelli sicher war, dass das neue Produkt gut genug war, wollte man die neuen Intermediates einsetzen.

Allerdings kann Pirelli nicht selbst darüber entscheiden, mitten im Jahr neue Reifen zu bringen. Die Konstruktion darf bis spätestens 1. September der Vorsaison geändert werden, bei den Mischungen hat Pirelli bis 15. Dezember des Vorjahres Zeit. Für Änderungen danach wird die sogenannte Supermajority benötigt.

Insgesamt gibt es beim Regel-Entscheid 30 Stimmen. Jeweils zehn davon entfallen auf FIA und Formel 1. Die restlichen zehn teilen sich die zehn Rennställe. Für die Supermajority werden insgesamt 28 Stimmen benötigt. FIA, Formel 1 und mindestens acht Teams müssen zustimmen.

Kommt 2024 das komplette Heizdeckenverbot in der Formel 1?

Im Falle der neuen Intermediate-Reifen ohne Heizdecken fand sich diese Super-Mehrheit nicht. Ende Juli muss die Formel 1 aber noch einmal über Reifen abstimmen - dann geht es um ein generelles Heizdeckenverbot für 2024.

Weil es nicht nur die Reifen selbst betrifft, sondern auch die Nutzung der Heizdecken, die bislang erlaubt ist, müsste eine Entscheidung längst gefällt sein. Allerdings einigten sich alle Parteien darauf, die Deadline bis 31. Juli zu verlängern.

Pirelli testete zuletzt mit Mercedes und Ferrari Reifen ohne Heizdecken, Foto: Pirelli
Pirelli testete zuletzt mit Mercedes und Ferrari Reifen ohne Heizdecken, Foto: Pirelli

Zuletzt testete Pirelli nach dem Spanien GP in Barcelona mit Ferrari und Mercedes 2024er Reifen, die komplett ohne Heizdecken auskommen sollen. Nach dem Großbritannien GP in Silverstone findet der letzte Test vor der Abstimmung statt. Red Bull, Haas und Williams testen dann.

Weil sich alle Teams im Vorfeld auf eine Verlegung der Deadline geeinigt haben, wird dann keine Supermajority benötigt. Neben Formel 1 und FIA müssen dann mindestens fünf Teams für die Abschaffung der Heizdecken stimmen.

Während viele Piloten aus Sicherheitsgründen vor der Abschaffung der Heizdecken warnen, wollen Formel 1 und FIA die Änderung durchdrücken. Neben dem Show-Faktor - durch das Aufheizen der Reifen im Rennen erhofft man sich mehr Überholmanöver - stehen vor allem Kostenreduktion und der Umweltgedanke im Mittelpunkt.

Pirelli senkt Temperaturen sukzessive ab

Das Aufheizen der Reifen über Heizdecken verschlingt viel Strom, der teilweise mit Notstromaggregaten generiert wird. Um den Energieverbrauch zu senken, hat Pirelli die Heizdeckentemperatur und die Wärmezeit seit Jahren sukzessive herabgesetzt.

Durften die Teams 2018 Vorderachse und Hinterachse auf bis zu 110 Grad Celsius aufheizen, sind heute nur noch maximal 70 Grad Celsius für maximal zwei Stunden erlaubt. Früher durften die Reifen beliebig lange bei 60 Grad gelagert werden, bis zu drei Stunden durfte auf 80 Grad und schließlich für eine Stunde auf 110 Grad aufgedreht werden. Für die Intermediates gilt heute eine Aufheiztemperatur von 60 Grad, die maximal zwei Stunden anliegen darf.