Inmitten des Sankt-Lorenz-Stroms auf der künstlich angelegten Île Notre-Dame werden an diesem Wochenende wieder die Formel-1-Motoren laut. 338.000 Fans besuchten das Event in Montreal im vergangenen Jahr und sahen, wie Max Verstappen die Konkurrenz dominierte. Auf eine Neuauflage dessen müssen sich die motorsportbegeisterten Fans aller Voraussicht nach einstellen. Vor dem Großen Preis von Kanada 2023 ist nicht nur Verstappen überlegen, sondern auch Red Bull.

Doch erreicht Red Bull an diesem Wochenende einen historischen Meilenstein? Revanchiert sich Ex-Red-Bull-Jäger Aston Martin mit einem umfangreichen Update? Oder etabliert sich Mercedes als neuer Red-Bull-Verfolger? Die brennendsten Fragen zum Rennwochenende in Kanada.

Kanada-Brennpunkt #1: 100. Rennsieg und Perez-Auferstehung?

2009 in Shanghai legte einst Sebastian Vettel den Grundstein für eine der größten Erfolgsgeschichten der Formel 1. Der Heppenheimer gewann den ersten Grand Prix für Red Bull Racing. Sechs Fahrer- und fünf Konstrukteurs-Weltmeisterschaften später können Verstappen oder Sergio Perez den einhundertsten Rennsieg für das österreichische Team holen.

Die Voraussetzungen könnten auf dem Circuit Gilles-Villeneuve kaum besser sein. Auf dem 4,361 Kilometer langen Kurs beträgt der Vollgas-Anteil satte 77%. Viermal geht es lange geradeaus, dreimal mit DRS. Selbst wenn Perez wie an den vergangenen beiden Wochenenden wieder das Qualifying verhunzen sollte, hat er mit dem Top-Speed und dem überlegenen DRS des RB19 schärfstmögliche Waffen für eine erneute Aufholjagd.

Mit wie viel Vorsprung gewinnt Max Verstappen an diesem Wochenende?, Foto: LAT Images
Mit wie viel Vorsprung gewinnt Max Verstappen an diesem Wochenende?, Foto: LAT Images

Um seiner WM-Hoffnungen willen sollte der Mexikaner eine weitere Qualifying-Blamage dennoch tunlichst vermeiden. Sprach Perez vor Kurzem noch über seine WM-Ambitionen, waren die Leistungen in den vergangenen beiden Rennen eines so überlegenen Autos nur bedingt würdig. Mit einem Start aus Reihe eins wäre "Checo" unter normalen Umständen aber wohl der Einzige, der einen Sieg Verstappens gefährden könnte.

Kanada-Brennpunkt #2: Aston-Martin-Revanche mit neuem Update?

Mike Krack deutete nach dem Spanien GP bereits an, dass Aston Martin ein Update nach Kanada mitbringen würde. Berichten zufolge versprach Aston-Martin-CEO Martin Whitmarsh sogar "das größte Update der Saison" für den AMR23. Der Zeitpunkt könnte nach der durchwachsenen Leistung in Katalonien kaum besser gewählt sein. Für den kanadischen Team-Besitzer Lawrence Stroll ist das Wochenende in Montreal ein Heimrennen.

Noch ist unklar, welche Bestandteile des Autos eine neue Version erhalten. Dienen die Updates aber nicht einer verbesserten Höchstgeschwindigkeit, dürfte sich Aston Martin nur bedingt leichter tun als in Barcelona. Der Top-Speed auf den Geraden ist die größte Baustelle am Auto von Fernando Alonso und Lance Stroll. Und der ist auf der Île Notre-Dame eben besonders wichtig.

Bei der letzten Ausgabe des Kanada GP wurde Stroll Zehnter, Foto: LAT Images
Bei der letzten Ausgabe des Kanada GP wurde Stroll Zehnter, Foto: LAT Images

Letzterer wird an diesem Wochenende seinen fünften Grand Prix in Kanada bestreiten. Über einen neunten Platz ging es für Stroll vor heimischem Publikum noch nicht hinaus. Dennoch geht Stroll mit Rückenwind ins Wochenende: In Barcelona schlug er zum ersten Mal Alonso. Zudem tritt Stroll zum ersten Mal auf dem Circuit Gilles-Villeneuve mit einem Auto an, das um Podien mitkämpfen kann. Das letzte Podium eines kanadischen Formel-1-Fahrers in Montreal durfte Jaques Villeneuve 1996 feiern.

Kanada-Brennpunkt #3: Kann Mercedes die Barcelona-Performance bestätigen?

Ein Doppelpodium, Ferrari sowie Aston Martin distanziert und die Eroberung des zweiten Platzes in der Konstrukteurs-WM: Das Resultat in Barcelona konnte sich aus Sicht von Mercedes sehen lassen. Doch auch vor einem Jahr versprach Mercedes sich nach einer starken Performance in Barcelona die Trendwende. Aber anders als damals veränderte Mercedes das Auto in dieser Saison zuletzt grundlegend.

Das Ziel für Montreal ist deshalb klar: Es gilt, die Stellung als Red-Bull-Verfolger zu verteidigen. Denn auch das gehört bei aller Euphorie zur Wahrheit: Ein Angriff auf Red Bull wird mit dem gegenwärtigen W14 noch lange nicht möglich sein. Langfristig macht sich Lewis Hamilton aber Hoffnungen: "Ich hoffe, dass wir sie [Red Bull] gegen Ende des Jahres herausfordern können." Davor muss Mercedes aber erst einmal beweisen, dass die Leistung in Barcelona keine Eintagsfliege war.

Kanada-Brennpunkt #4: Welche Lehren zog Ferrari?

Zur Überraschung vieler brachte Ferrari ein umfangreiches Update nach Barcelona mit. Dieses folgt ebenfalls dem sich etablierenden Downwash-Konzept. Carlos Sainz konnte den überarbeiteten SF-23 umgehend in der ersten Startreihe platzieren. Einen Tag später folgte die Ernüchterung, das leidige Problem des Reifenverschleißes war zurück und Carlos Sainz war weit davon entfernt, um überhaupt mit Mercedes mithalten zu können.

Immerhin hatte Maranello rund eineinhalb Wochen Zeit, die Daten rund um den neuen Seitenkasten gründlich zu analysieren. Und den Italienern kommt noch etwas entgegen: Der Asphalt in Montreal ist bei weitem nicht so aggressiv wie in Barcelona, schnelle Kurven gibt es ebenfalls nicht. Deshalb werden die Reifen nur beim Bremsen und Herausbeschleunigen beansprucht. Auf den Geraden haben die Gummis zudem genug Zeit, um wieder abzukühlen. Aber ob das schon für Mercedes und Aston Martin reicht?

Formel 1 Kanada 2023: Der Zeitplan

  • Freitag:
    19:30 Uhr - 20:30 Uhr: 1. Freies Training
    23:00 Uhr - 00:00 Uhr: 2. Freies Training
  • Samstag:
    18:30 Uhr - 19:30 Uhr: 3. Freies Training
    22:00 Uhr - 23:00 Uhr: Qualifying
  • Sonntag:
    20:00 Uhr: Rennen (70 Runden)

Alle Infos zu den TV-Übertragungen der Formel 1 von Sky, ORF und Co. gibt es hier im kompletten TV-Zeitplan.