Alex Albon war im Formel-1-Qualifying in Australien am Samstag der heimliche Gewinner. Während an der Spitze zwischen Max Verstappen, Mercedes und Fernando Alonso der Kampf um die Pole Position tobte, setzte sich der Williams-Pilot im Verfolgerfeld mit einer sensationellen Leistung durch. Der Thailänder fuhr zum ersten Mal in dieser Saison ins Q3 und behauptete sich im Finale als Achter gegen Alpine-Fahrer Esteban Ocon sowie den im Haas abermals stark aufgelegten Nico Hülkenberg.

"Aston Martin hat sich die ganzen Schlagzeilen gesichert, weil sie so einen großen Sprung gemacht haben und jedes Wochenende um das Podium kämpfen. Wir sind ein bisschen diskreter", so Albon über den positiven Trend bei Williams. Schon bei den Testfahrten hatte das Team mit einem Zeitgewinn von 2,378 Sekunden gegenüber dem Vorjahr den größten Sprung bei der Performance verzeichnet.

Während Aston Martin mit Fernando Alonso an den Rennwochenenden nahtlos an die starken Leistungen aus der Vorbereitung anknüpfte, tat sich Williams etwas schwerer. "Wir sind ehrlich mit uns: letztes Jahr waren wir das zehntschnellste Team und auf dem Papier sind wir immer noch um Platz neun oder zehn unterwegs", erklärt Albon. Dass es 2023 für mehr reicht, liegt für ihn am neuen Kräfteverhältnis im Mittelfeld.

"Es ist jetzt so eng, dass dich zwei Zehntelsekunden in die Top-10 bringen können. Und in dieser Position hast du das Gefühl, in jedem Rennen eine Chance zu haben. Meine Motivation und die des Teams ist, dass wir das jedes Wochenende erreichen können und das sorgt für eine tolle Energie innerhalb der Mannschaft", freut sich Albon, der in Melbourne zunächst im Schatten von Hülkenberg stand.

Albon von starkem Qualifying überrascht

Die Show im Verfolgerfeld machte der Emmericher, der im Q2 sensationell auf Platz fünf gefahren war. Albon hatte ihn im Q1 zwar knapp besiegt, rutschte im zweiten Teil als Zehnter aber gerade so in den Showdown. Der Vorsprung auf Alpine-Pilot Esteban Ocon betrug lediglich sieben Tausendstelsekunden. Im Q3 setzte sich Albon nahezu souverän durch. Auf Pierre Gasly und Nico Hülkenberg hatte er mit seiner schnellsten Runde einen Vorsprung von einer beziehungsweise anderthalb Zehntelsekunden.

"Vor uns stehen die Top-Leute und wir sind die nächstbesten. Das kam überraschend", gesteht er. An den vorangegangenen Rennwochenenden in Bahrain und Saudi-Arabien war er nicht über die Startplätze 15 und 17 hinausgekommen. Teamkollege Logan Sargeant überstand bisher nie das Q1 und scheiterte auch in Melbourne als 18. am Einzug in die zweite Runde.

"Wir hatten mit den Reifen bisher ziemliche Probleme. In Jeddah war das Auto viel schneller, als wir zeigen konnten. Dort sind wir wirklich enttäuscht abgereist, weil wir fühlten, dass mehr Potential im Auto steckt. Bis zum Qualifying war immer alles gut aber sobald es um die Reifenperformance ging, bekamen wir Schwierigkeiten", so Albon.

Melbourne spielt Williams-Konzept in die Karten

Auf dem Albert Park Circuit scheint die Schwäche des FW45 plötzlich zur großen Stärke geworden zu sein. "Unseres ist kein gewöhnliches Formel-1-Auto. Wir sind sehr effizient, wenn wir den Anpressdruck verringern", erklärt Albon humorvoll. Der 2021 durch diverse Modifikationen zu einem Highspeed-Layout umgebaute Stadtkurs bietet alles, um das Konzept des Williams zur Geltung zu bringen.

"Wir wissen, dass wir auf Kursen wie Monza gut sind. Aber hier ist es 50:50. Du kannst in beide Richtungen gehen. Entweder so wie Aston Martin, mit mehr Luftwiderstand oder so wie wir, die sich mehr auf den zweiten Sektor fokussieren", sagt der 27-Jährige, dass er und seine Ingenieure die Zeit lieber in den schnellen Passagen holen: "Für uns funktioniert das. Wir sind in den Highspeed-Sektionen, für den niedrigen Anpressdruck mit dem wir fahren, immer noch ziemlich gut. Wir verlieren in den langsamen Kurven etwas Zeit, aber davon gibt es hier nur zwei oder drei."

Albon hofft auf Chance im Rennen

Dank Albons zehntem Platz beim Auftakt in Bahrain steht Williams vor dem dritten Saisonrennen punktgleich mit Haas an siebter Stelle in der Teamwertung. Mit der besten Ausgangslage hofft der Erfolgsgarant des Teams am Sonntag auf Big Points. "Letztes Jahr sind wir als 20. gestartet und haben einen Punkt geholt. Warum sollen es dieses Jahr nicht ein paar mehr werden?", sagt er.

Aufgrund des durchwachsenen Trainingsfreitags mit GPS-Problemen und Regen, gehen die Teams mit deutlich weniger Daten als an den vorangegangenen Wochenenden in den Grand Prix. Albon hofft, dass ihm dieser Umstand in Kombination mit dem diesmal besseren Reifenmanagement des Williams in die Karten spielen wird: "Hier geht nicht viel Energie in den Reifen. Das kommt uns entgegen, weil wir mit wenig Downforce etwas mehr rutschen und dadurch mehr Oberflächentemperatur als andere Autos generieren. Auf den langen Geraden kühlt der Reifen dafür wieder etwas ab."