Die Formel 1 und der internationale Automobil-Verband FIA blicken in die Reifen-Zukunft. Am 20. März 2023 wurde von der FIA offiziell eine Ausschreibung für einen neuen Einheits-Reifen in der Formel 1 sowie in den Nachwuchsklassen F2 und F3 ab der Saison 2025 veröffentlicht.

Seit 2007 fährt die Formel 1 mit einem einzigen Reifenhersteller als Partner, aktuell ist das Pirelli. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Gleichzeitig ist jetzt einmal die Tür für andere Interessenten offen. Pirelli muss sich so potentiell gegen andere Hersteller durchsetzen. Allerdings bleiben die grundsätzlichen Rahmenbedingungen auf technischer und organisatorischer Seite sehr ähnlich.

Die nächste Reifen-Periode beginnt ab der Formel-1-Saison 2025 und läuft mindestens über drei Jahre bis 2027, mit einer Option auf 2028. Im Rahmen des Deals bleiben F1, F2 und F3 aneinander gekoppelt.

Interessierte Hersteller müssen bis zum 15. Mai zuerst in Einreichungen erklären, wie sie gedenken, die Basiskriterien der FIA zu erfüllen. Ein kleiner Katalog von technischen Zielen, Performance-Zielen und kommerziellen Vorgaben wurde bereits veröffentlicht. F1-Reifen zu liefern, das ist ein umfangreiches Unterfangen - von einem sicheren Produkt bis zur Fähigkeit, ausreichend Reifen für eine Saison bereitzustellen.

Die Vorgaben für die Formel-1-Reifen der Zukunft

An den grundsätzlichen technischen Vorgaben für Formel-1-Reifen ändert sich nicht viel. Erst vor einem Jahr wurde auf 18 Zoll umgestellt, und entsprechend bleiben alle Dimensionen gleich.

Die FIA wird in Zukunft weiter in Absprache mit dem Hersteller Ziele für den Reifen definieren. In den berühmten sogenannten "Target Letters" wird seit Jahren spezifiziert, in welche Richtung die Reifen bei Fragen wie Arbeitsfenster, Überhitzung oder Strategie entwickelt werden sollen. In der Ausschreibung werden vier Kernziele definiert, unabhängig vom übergeordneten Ziel der Sicherheit:

  • Verbessern der Show
  • Fahrbarkeit
  • Absolute Performance
  • Arbeitsfenster

So soll erhöhte Reifenabnutzung durch aggressives Fahren nur temporär sei, der Reifen soll sich leichter erholen. Es gibt klare Vorgaben zum Arbeitsfenster (innerhalb eines 40-Grad-Bereichs soll der Grip nicht mehr als 3 Prozent vom Maximum abweichen). Es bleibt bei drei Reifenmischungen pro Wochenende, die ähnliche Basis-Leistungen wie heute bieten sollen, was Haltbarkeit und Performance angehen.

Verlässliche Haltbarkeit hat Priorität über dauerhaft starke Performance und Abnutzung. Ein aggressiver Performance-Abfall an einem Punkt - die sogenannte "Klippe" - ist im Sinne von Rennstrategien aber erwünscht. Das kann unterbinden, dass Teams die Reifen mit exzessivem Management durch Einstopp-Rennen quälen. Diese Klippe soll der Soft nach 25 Prozent der Renndistanz, der Medium nach 30 und der Hard nach 50 erreichen.

Eine Performance-Klippe kann verhindern, dass Teams die Reifen bis zum Kollaps quälen, Foto: LAT Images
Eine Performance-Klippe kann verhindern, dass Teams die Reifen bis zum Kollaps quälen, Foto: LAT Images

Diverse sekundäre Ziele für berechenbare Balance wurden ebenfalls definiert. Wie Pirelli heute kann der Reifenhersteller eine Palette mit mehr als drei Mischungen anbieten, um die Ziele zu erreichen. Unsicher ist noch die Frage nach dem Anwärmen der Reifen. Das wird davon abhängen, wie sich die Formel 1 am Ende dieses Jahres entscheidet. Das Abschaffen von Heizdecken wird seit Jahren mit Pirelli getestet und immer wieder verschoben.

Wie läuft der Vergabe-Prozess ab?

Nachdem die FIA am 15. Mai den Ausschreibungsprozess beendet, analysiert der Verband die Einreichungen. Als akzeptabel Identifizierte werden für kommerzielle Verhandlungen an das Formel-1-Management weiterverwiesen. Das schlägt danach eine Option der FIA vor, die diese final bestätigen muss. Bis zum 16. Juni will die FIA die Einreichungen analysiert haben, der Prozess danach hat keine Deadlines.

Fest steht nur, dass der ausgewählte Reifenhersteller spätestens 2024 auf eigene Kosten dann ein umfangreiches Testprogramm abspulen muss. Die ersten Prototypen für offizielle Tests müssen außerdem am 30. Juni 2024 für die Teams verfügbar sein.

Dass Pirelli sich erneut bewerben wird, gilt als sehr wahrscheinlich. Die Italiener sind seit 2011 Einheitslieferant. Für andere Hersteller wäre ein Neueinstieg deutlich arbeits- und ressourcenintensiver. Explizit Interesse bekundet hat in der jüngeren Vergangenheit niemand.