Es war die Transferposse des Silly-Season-Sommers der Formel 1: Alpine und McLaren lieferten sich einen Rechtsstreit um die Dienste von Supertalent Oscar Pisatri. Die Saga ging monatelang und wurde letztlich vom FIA-Schiedsgericht in diesen Fragen, dem Contract-Recognition-Board (CRB), geklärt. McLaren sicherte sich die Dienste des Australiers ab 2023 und stattete den Formel-2-Meister von 2021 mit einem Zweijahresvertrag aus. Alpine ging leer aus und musste ein PR-Desaster hinnehmen.

Im australischen Podcast "In the Fast Lane" sprach Piastri nun erstmals ausführlich über sein bevorstehendes Formel-1-Debüt und die belastende Situation, als seine Zukunft unsicher war. Der Australier war froh, dass diese Frage nun geklärt ist: "Zuerst einmal war ich erleichtert. Es war eine stressige Zeit während der CRB-Verhandlung. Zuerst kam die Erleichterung und dann die Freude. Seit ich mit Rennfahren angefangen habe, habe ich genau darauf hingearbeitet. Das ist jetzt 12 Jahre her. Endlich zu wissen, wie meine Zukunft aussieht, und dass es dann auch noch in der Formel 1 ist, das war ein sehr glücklicher Moment."

Dass er es nun in die Königsklasse geschafft hat, ist für den baldigen McLaren-Pilot ein besonderes Privileg: "Als ich anfing, wollte ich einfach Profirennfahrer in irgendeiner Rennserie werden und damit meinen Lebensunterhalt verdienen. Aber dass ich das nun in der Formel 1 machen darf… ich glaube es ist schwer einen besseren Job zu finden." Wann er diesen Job beginnen wird, ist noch unklar, denn für 2022 besteht noch sein Testfahrervertrag beim Team aus Enstone: "Ich weiß nicht, wann ich anfangen darf. Das ist noch nicht sicher. Wir reden darüber natürlich mit Alpine. Ich weiß also nicht, was ich im restlichen Jahr 2022 noch machen werde." Alpine probiert in seinem ursprünglich für Piastri auf die Beine gestellten Testprogramm nun andere Piloten aus. Spätestens ab 1. Januar 2023 wird der Australier aber seine Zelte in Woking aufschlagen.

Piastri war kein McLaren-Fan: Große Historie vor seiner Zeit

Mit seiner Transferposse sorgte Piastri schon für Furore, bevor er überhaupt einen Kilometer bei einem Rennwochenende gefahren ist. Und das Ganze tat er auch noch für den Wechsel zu einem Team, das früher Konkurrent seines Lieblingsfahrers war: "Ich war ehrlicherweise kein Fan des Teams. Als ich anfing Formel 1 zu schauen, etwa 2009, war das als Brawn aus dem nichts kam und alle in Grund und Boden fuhr. In den Jahren darauf war ich, eigentlich war ich kein Red-Bull-Fan, sondern ein Mark-Webber-Fan. Er ist natürlich mein Landsmann. Ich war also nicht wirklich ein McLaren-Fan, sondern drückte Mark die Daumen." Mittlerweile ist die Beziehung zu Mark Webber noch enger, den der neunfache Grand-Prix-Sieger ist der Manager von Piastri.

Die glorreiche Geschichte des zweiterfolgreichsten Rennstalls der Formel 1 war für Piastri, Jahrgang 2001, zunächst kein so wichtiger Grund für seinen Wechsel: "Natürlich war das meiste von McLarens Historie, ihre Siege und Weltmeisterschaften, als ich noch sehr jung beziehungsweise noch gar nicht geboren war. Daher will ich mit dem Team wieder den Weg zurück zu diesen Erfolgen finden. Aber natürlich habe ich im Hinterkopf, dass ich mich einem sehr prestigeträchtigen Team anschließe, das riesigen Erfolg hatte."

Oscar Piastri fuhr bisher nur Vorjahreswagen bei Alpine, Foto: LAT Images
Oscar Piastri fuhr bisher nur Vorjahreswagen bei Alpine, Foto: LAT Images

Piastri voll des Lobes für Ricciardo: Verhält sich wie wahrer Profi

Vielmehr hat der 21-Jährige den Blick auf die Zukunft gerichtet und gibt sich Selbstbewusst: "Das Team ist sehr motiviert, wieder an die Spitze zu gelangen und das bin ich auch. Ich will nicht in der Formel 1 sein, um ein Lückenfüller zu sein, sondern mein Bestes geben und dabei gewinnen. Ich will endlich in der Startaufstellung stehen und ein neues Kapitel des Erfolges für mich und das Team schreiben."

Dass er dieses Debüt geben können wird, brachte aber auch den faden Beigeschmack mit sich, einen Landsmann aus dem McLaren-Cockpit verdrängt zu haben: Daniel Ricciardo musste die Segel streichen. Der Strahlemann aus Perth habe sich laut Piastri im Zuge der Wechselsaga vorbildlich verhalten: "Ich fand es großartig, dass Daniel Kontakt mit mir aufgenommen hat. Ich wollte auch mit ihm reden, aber es war mitten an einem Rennwochenende und ich wusste ehrlicherweise nicht, ob er da etwas von mir hören wollte. Ich überlegte, was ich ihm sagen sollte, aber er kam mir zuvor. Das war das Verhalten eines wahren Profis. Ich hatte ohnehin schon großen Respekt vor ihm, aber seine Reaktion auf diese Situation hat ihn nur noch größer werden lassen. Das war mir persönlich sehr wichtig, zu wissen, dass er es mir nicht übelnimmt."

Starker Teamkollege wie Norris kein Problem: Kann von ihm lernen

Piastris neuer Teamkollege wird jedoch nicht noch ein Landsmann, sondern der Brite Lando Norris. Auch hier gibt das Supertalent zu, noch nicht ganz im Bilde zu sein: "Ich kenne Lando nicht besonders gut. Wir haben ein paar Mal kurz miteinander gesprochen, denn wir haben ein paar gemeinsame Freunde. Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen, sowohl privat als auch beruflich. Ich denke unser Weg in den Nachwuchsserien war sehr ähnlich. Er hat in der Formel 1 bewiesen, dass er ein sehr fähiger Fahrer ist. Ich möchte gegen ihn zeigen, wozu ich in der Lage bin."

Lando Norris ist der Platzhirsch bei McLaren, Foto: LAT Images
Lando Norris ist der Platzhirsch bei McLaren, Foto: LAT Images

Norris hat sein Debüt bereits 2019 gegeben und sich dabei schrittweise zu einem Spitzenfahrer entwickelt, auch wenn der erste Sieg noch fehlt. Piastri sieht kein Problem darin, starke teaminterne Konkurrenz zu haben, ganz im Gegenteil: "Es gibt viel zu lernen und da ist es gut einen starken Teamkollegen wie Lando zu haben, von dem ich etwas lernen kann. Ich hoffe auf eine gute Arbeitsbeziehung. Wir haben ein ähnliches Alter, also bin ich recht zuversichtlich, dass wir gut zusammenarbeiten werden."