Wenn es am Sonntag in Singapur nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder 'Lights out' heißt, bleiben die Lichter dennoch an. Denn den Marina Bay Street Circuit bestreiten die F1-Boliden wie gewohnt unter Flutlicht. Nachtrennen sind heutzutage ein selbstverständlicher Teil der Königsklasse. Doch vor dem ersten Flutlicht-GP in Singapur 2008 gab es geteilte Meinungen und teils große Bedenken. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick in die Vergangenheit.

"Ich denke, es wird recht nett, eine andere Atmosphäre und ein anderes Rennen", sagte Kimi Räikkönen, damals noch Ferrari-Pilot, vor dem ersten Nachtrennen. "Es wird aussehen wie bei Tag, wenn sie alle Lichter einschalten."

Die künstliche Beleuchtung sorgte bei manchen Piloten jedoch für Sorgenfalten. Dabei standen Bedenken über die Zuverlässigkeit und ausreichende Helligkeit der Flutlichter im Fokus. "Das Lichtsystem muss perfekt arbeiten", so Nick Heidefeld im Jahr 2007. "Es ist nicht so wie bei einem Fußballspiel, wo die Lichter ausgehen, und es geschieht nichts. Wenn du 300 km/h fährst, dann ist das schon ein größeres Problem."

Die große Angst: Regen bei Nacht

Auch den Regen, der für die Region typisch ist, fürchteten die Formel-1-Piloten wegen der schlechten Sicht durch die Spiegelungen des Lichts. "Ich hätte gerne die Möglichkeit gehabt, die Strecke zu testen. Besonders bei Regen", sagte damals BMWs Heidefeld. "Regen in Kombination mit den künstlichen Lichtern ist für mich eine große Unbekannte bei diesem Rennen."

Die Bedenken waren jedoch unbegründet, beim ersten Nachtrennen der Formel-1-Geschichte blieb der Regen aus. Im Jahr 2017 führte eine nasse Strecke jedoch zu einer Startkollision zwischen den Ferrari-Piloten Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen sowie Red-Bull-Fahrer Max Verstappen.

Frühstück am Nachmittag dank Nachtrennen

Nicht nur das Flutlicht und der Regen, sondern auch der ungewohnte zeitliche Ablauf sorgte vor dem ersten Nachtrennen der Formel 1 für Aufregung. Durch die späte Startzeit mussten sich die Piloten erstmals nicht an die Ortszeit anpassen, und konnten ihren europäischen Schlafrhythmus beibehalten.

"Unser Trainingsprogramm stellt sicher, dass wir während des Rennwochenendes am Nachmittag unsere Höchstleistung abrufen können", erklärte der damalige WM-Führende Lewis Hamilton. "Das bedeutet, dass wir am frühen Nachmittag frühstücken, um ein Uhr nachts zu Abend essen und um drei Uhr nachts schlafen gehen werden."

Singapur bei Nacht, Foto: Sutton
Singapur bei Nacht, Foto: Sutton

Die Nachteulen unter den Piloten waren über diesen Schlafrhythmus erfreut. "Ich werde lange wachbleiben, Nachtclubs besuchen und viele Karotten essen, damit ich in der Dunkelheit besser sehen kann", scherzte etwa David Coulthard, der 2008 noch für Red Bull an den Start ging.

Erstes Nachtrennen der F1: Erfolg und Skandal

Auch unter den Zusehern der Königsklasse traf der Plan eines Nachtrennens auf unterschiedliche Reaktionen, wie noch heute in Fan-Foren nachzulesen ist. Während sich die einen auf ein besonderes Event freuten, fürchteten andere zusätzliche Gefahren. Auch der Umweltschutz war vor fast 15 Jahren bereits ein Thema in der Formel 1, weswegen manche Fans den Stromverbrauch für das künstliche Licht kritisierten.

Trotz der zahlreichen Bedenken setzten sich Nachtrennen in der Königsklasse durch. Die Szenerie von Singapur, die hellen Lichter und das Gefühl der Besonderheit überzeugten. Der ehemalige McLaren-Teamchef Ron Dennis nannte die erste F1-Nacht gar einen "richtig großen Schritt in der Geschichte des Grand Prix Sports."

Schlussendlich geht der Singapur Grand Prix 2008 aber nicht nur als erstes Nachtrennen in die Formel-1-Geschichte ein. Denn am selben Tag ereignete sich einer der größten Skandale der Königsklasse. Mit einem inszenierten Crash verhalf Nelson Piquet Jr. seinem Renault-Teamkollegen Fernando Alonso beim Singapur-GP 2008 zum Rennsieg. Der Vorfall ging als Crashgate-Skandal in die Hall of Shame des Sports ein.

Fernando Alonso wurde der Sieg nicht aberkannt, Foto: Sutton
Fernando Alonso wurde der Sieg nicht aberkannt, Foto: Sutton