Der Name John Elkann ist vielen Formel-1-Fans kaum ein Begriff. Der aktuelle Ferrari-Präsident aus Schweden ist in der Königsklasse bei weitem nicht so stark präsent, wie seine Vorgänger Sergio Marchionne oder gar Luca di Montezemolo. Der Repräsentant der Scuderia in den Medien ist in den meisten Fällen Teamchef Mattia Binotto.

Vor dem Ferrari-Heimspiel in Monza meldete sich Elkann aber doch öffentlichkeitswirksam zu Wort, denn er gab ein Interview in der größten italienischen Sportzeitung, der 'Gazzetta dello Sport'. Darin stärkte er zwar dem, zuletzt immer wieder kritisierten, Teamchef Binotto den Rücken, doch forderte er auch Verbesserungen auf allen Ebenen und von allen Beteiligten. Der Sportwagenhersteller erwartet von seiner Rennabteilung: Schon vor dem neuen Reglement 2026 soll es WM-Titel geben. Die letzten Weltmeisterschaftserfolge der Scuderia liegen über ein Jahrzehnt zurück: 2007 gewann Kimi Räikkönen den Fahrertitel, 2008 folgte der letzte WM-Sieg bei den Konstrukteuren.

Häkkinen: Auf Ferrari lastet Druck einer Nation

Formel-1-Legende Mika Häkkinen reagierte in seiner Unibet-Kolumne auf Elkanns Äußerungen und wies auf die besondere Drucksituation des ältesten Rennstalls der Königsklasse hin: "Ferrari hatte immer enormen Druck, das ist dort einzigartig. Natürlich fühlten auch wir bei McLaren damals Druck, gewinnen zu wollen, unser Bestes zu geben und nicht zufrieden zu sein, sollten wir nicht gewinnen. Aber Ferrari hat diesen Zusatzdruck eine Art Nationalteam zu sein."

Diesen Druck konnte der Finne in seiner Formel-1-Karriere selbst beobachten. Der zweifache Weltmeister duellierte sich zur Jahrtausendwende mehrfach in seinem McLaren mit Michael Schumacher im Ferrari. Damals wie heute drückte ganz Italien der Scuderia die Daumen und erwartete den Titel. Im Jahr 2000 konnte Schumacher die Tifosi erlösen und holte den WM-Pokal nach über zwanzig Jahren wieder nach Maranello. Auch beim Grand Prix in Monza 2022 pilgerten wieder tausende Anhänger zu Ferraris Heimrennen, obwohl der erste Titel seit 2007 so gut wie ausgeschlossen schien.

Zur Erwartungshaltung einer ganzen Nation gesellte sich zuletzt dann auch noch die Kritik des Konzernbosses. Häkkinen zeigte sich daher irritiert von Elkanns Vorstoß: "Dieses immerwährende Gefühl eines zusätzlichen Drucks kann nicht leicht sein für die Teamleitung oder die Fahrer. Die müssen hart arbeiten, zusammen nach vorne blicken und vor allem sichergehen, dass sie sich nicht gegenseitig die Schuld zuweisen, wenn etwas falsch läuft. Es ist interessant diese Kommentare des Ferrari-Geschäftsführers zu sehen, besonders in der Öffentlichkeit, denn das wird das Team noch weiter belasten."

Zum Saisonauftakt gelang Ferrari ein Doppelsieg, Foto: Scuderia Ferrari
Zum Saisonauftakt gelang Ferrari ein Doppelsieg, Foto: Scuderia Ferrari

Starker Ferrari-Saisonauftakt führt zu größerer Enttäuschung

Als problematisch für die Scuderia sieht der Finne auch den Saisonverlauf an. Der starke Saisonauftakt habe eine Erwartungshaltung erzeugt, die gegen einen noch stärkeren Gegner nicht erfüllt werden konnte: "Ihre Saison ist so schwer, weil sie mit einem schnellen Auto, Rennsiegen und viel Selbstvertrauen gestartet sind, aber Red Bull so viel effizienter gearbeitet hat, wenig Fehler gemacht hat und das Auto weiterentwickelt hat."

Dieses Muster wiederholt sich laut dem ehemaligen McLaren-Star auch bei den einzelnen Rennwochenenden, denn das Qualifying weckt Erwartungen: "Der Ferrari von Charles [Leclerc, Anm. d. Red.] ist sehr schnell, wenn man bedenkt, dass er acht Pole-Positions, also bei der hälfte der Rennen, erreicht hat. Er kann alles herausholen über eine Runde." Im Rennen schlägt dann aber die Stunde der Konkurrenz: "Max [Verstappen, Anm. d. Red.] war nur viermal auf Pole, aber seine Rennpace ist einfach zu schnell und konstant. Dazu hat sein Auto auch noch eine Menge Topspeed, sodass er kein Problem beim Überholen hat."