Ferrari spart bei der Präsentation des neuen Formel-1-Autos nicht mit Ansagen. Der neue F1-75 zog mit nach außen hin innovativ-aggressivem Design beim Launch sofort alle Blicke auf sich, und das Team befeuert den Eindruck am Donnerstag sogar noch mit den eigenen Statements. Dieses Auto soll die Wiederauferstehung der Scuderia markieren.

Die "Rückkehr auf die Siegerstraße" kündigte Ferraris Aufsichtsratsvorsitzender John Elkann bei der Präsentation an. Die Verantwortung, den Erwartungen der Fans und des Unternehmens gerecht zu werden, läge nun in den Händen von Teamchef Mattia Binotto und seinen Fahrern Charles Leclerc und Carlos Sainz. Das Ziel "Weltmeisterschaft" hängt unausgesprochen im Raum.

Ferrari spürt keinen Druck: Keine WM wäre kein Fehlschlag

Und das mit einem Auto, bei dem in der Designphase laut dem Team beträchtliche Risiken eingegangen wurden. "Wenn man das Auto anschaut, gibt es bei der Aerodynamik einige unkonventionelle Entscheidungen", erklärt Binotto. "Und auch bei der Power Unit - wir wissen alle, dass die ab dem ersten Rennen eingefroren wird, also haben wir viel Aufwand beim Design betrieben."

Risiko in der Entwicklung kann nur bekanntlich schnell nach hinten losgehen. Das wäre ein herber Rückschlag für ein Team, das seit Binottos Dienstantritt als Teamchef 2019 erst einen brutalen Absturz erlebte. Ferrari-würdig war das nicht, hoch gesteckte Ziele sind 2022 daher kaum überraschend. Was spürt Binotto? Verantwortung? "Auf jeden Fall."

Aber keinen WM-Druck, beschwört er: "Wir waren so beschäftigt damit, jeden Tag das Auto zu entwickeln, es zu designen, uns selbst zu verbessern, dass wir am Ende nie über Druck nachgedacht haben. "Die WM zu verpassen wäre in seinen Augen kein Fehlschlag: "Ehrlich gesagt, so wie ich das Team bei der Arbeit gesehen habe, da bin ich stolz. Sie sind alle eine Einheit. Ich würde es also keinen Fehlschlag nennen. Wir fokussieren uns einfach darauf, unser Bestes zu geben."

Ferrari geht für Großchance 2022 all-in

Eine druckfreie Umgebung könnte - wenn sie funktioniert - zum Schlüssel für Ferraris Erfolg werden. Binotto stellt mehrmals am Rande der Präsentation klar, dass die Ingenieure beim F1-75 mit einem weißen Blatt Papier begonnen haben: "Wir haben einen komplett offenen Ansatz versucht, wie wir die Aerodynamik und Autoperformance verbessern können - beim Design und bei der Entwicklung muss alles von der Aerodynamik ausgehen, alle mechanischen Entscheidungen sind die Folgen davon."

Auch die Power Unit ist ein neues Design. "Der Prozentsatz an neuen Komponenten am Verbrennungsmotor ist verglichen mit den letzten Jahren einer der höchsten", verkündet Motorenchef Enrico Gualtieri. "Die Innovation kommt beim Inhalt, aber auch bei der Architektur, beim Packaging und generell beim Layout."

Mit dem kommenden Einfrieren der Motoren bis zum nächsten Regelzyklus 2026, gepaart mit der Einführung von E10-Benzin, waren die letzten Monate der Motor-Entwicklung kritisch, und Ferrari sah hier eine Chance, wie Gualtieri erklärt: "Das Ergebnis ist ein unkonventionelles Projekt. Extrem, was die Installation angeht, das Layout, und viele der inneren Teile." Nachdem im Vorjahr schon das Hybrid-System überarbeitet wurde, hat Ferrari im Winter noch einmal überall Hand angelegt.

Ferrari blickt gespannt auf erste Rennen

Aggressiv, innovativ, unkonventionell, riskant - der Ferrari F1-75 wird von seinen Entwicklern auf jeden Fall dramatisch dargestellt. Doch nur auf der Strecke können diese Richtungen validiert werden. "Was Zuversicht schafft, ist die viele Arbeit, die das Team in den letzten Monaten da reingesteckt hat", urteilt Charles Leclerc. "Es fühlt sich gut an, jeder ist motiviert."

"Bin ich nervös? Ehrlich gesagt nicht", gibt sich sein Teamchef Binotto cool. "Denn das Team hat sich in den letzten Jahren verbessert, hat die Kapazitäten, die Methoden und neue Fähigkeiten entwickelt, und ich bin happy mit der Art, wie ich das Team arbeiten sehe. Ich sollte nicht nervös sein. Ich kenne diese Jungs, und ich weiß, wie gut sie sind."