Das erste Feedback zur neuen Generation Formel-1-Autos ist da: Alexander Albon und Nicholas Latifi bestritten am Dienstagnachmittag zwar nicht den ersten Shakedown vor der F1-Saison 2022, allerdings war das Williams-Duo die erste Fahrerpaarung, die sich im Rahmen der Präsentation des neuen Boliden erst im Anschluss an die Jungfernfahrt der Presse stellte.

Sonderlich großes Feedback zum neuen Fahrgefühl oder gar zur Performance kam angesichts der regnerischen Bedingungen und dem Charakter solcher Systemchecks dabei nicht herum. Stattdessen lieferten ersten Ausfahrten des Kanadiers und des Briten eine andere, kritische Bestandsaufnahme: Die Sicht aus dem Cockpit bereitet 2022 offenbar Probleme.

18-Zoll-Reifen: Verstappen meldete Sicht-Bedenken an

Hintergrund ist der Wechsel von 13-Zoll- auf 18-Zoll-Räder zur Saison 2022. Noch dazu sind in diesem Jahr standardisierte Leitbleche oberhalb der Reifen angebracht. Diese Kombination weckte bei manchem Fahrer bereits im Simulator Bedenken. "Für mich ist die größte Sache tatsächlich einfach der Blick im Cockpit, mit diesen großen Reifen", berichtete Max Verstappen schon vergangene Woche im Rahmen der Red-Bull-Präsentation von seinen Erfahrungen im Simulator. Auch Lando Norris meldete auf dieser Basis Bedenken an.

Formel 1 2022: Neuer Look für Williams! Aber auch schnell? (17:20 Min.)

Genau die haben sich nun beim Shakedown Williams' in der Realität bestätigt. "Die Sicht ist in ein paar Kurven auf jeden Fall schlechter", schildert Nicholas Latifi nach seinen ersten Kilometern im Auto. "Es hängt aber sicherlich ein wenig davon ab, welche Art von Kurve es ist und wie stark du einlenken musst und wohin du schaust. Daran müssen sich alle einfach erst gewöhnen. Aber es ist definitiv so, dass es Momente gibt, in denen du weniger siehst."

Williams-Fahrer bestätigen nach Shakedown: Sicht ist schlechter

Teamkollege Alexander Albon stimmt weitgehend zu. "Heute haben wir es im Grunde so schlimm wie nur möglich erwischt, ein dunkler, düsterer, nasser Tag in Silverstone. Aber dafür war es nicht allzu schlecht", meint der Brite. Allerdings sei es eben auch Silverstone gewesen, eine der übersichtlichsten Strecken überhaupt mit zahlreichen gut einsehbaren Kurven. Noch dazu befindet sich der Kurs auf einem ehemaligen Flugplatz, ist dementsprechend flach.

Auf anderen Strecken könne das ganz anders aussehen, fürchtet Albon. "Wenn wir auf Stadtkurse kommen, werden wir größere Schwierigkeiten haben. Monaco, Baku, Jeddah, das wird knifflig", meint der Williams-Novize. "Denn auf offenen Strecken [wie Silverstone] kannst du weit vor dich schauen. Die toten Winkel der Reifen und der Leitbleche nehmen dir jede Menge direkte Sicht weg. Deshalb blickst du weiter um die Kurve [als üblich]", schildert Albon.

Albon: Straßenkurse und Zweikämpfe werden knifflig

In Monaco & Co sei das allerdings nicht möglich. Da würden immerhin Mauern stehen, so Albon. "Und dahinter kommt nur mehr Mauer! Deshalb kannst du da nicht gut drumherum schauen. Das könnte knifflig werden", schätzt der ehemalige Red-Bull-Fahrer. Darüber hinaus könne es auch in Zweikämpfen problematisch werden. Albon: "Da dürfte es auch etwas kniffliger werden, zu sehen, wo du bist, wo der Frontflügel ist und wo deine Reifen sind."

In Silverstone war die Sicht noch kein allzu großes Problem, Foto: Williams
In Silverstone war die Sicht noch kein allzu großes Problem, Foto: Williams

Abseits dieser Erkenntnis habe sich im neuen Auto alles weitgehend normal angefühlt, so Albon. "Es fühlte sich wie ein Rennauto an", sagt Albon. "Es fühlte sich aus dem Stand ganz ordentlich an. Es ist aber schwer zu sagen mit den Promo-Reifen und einer wunderbar nassen Strecke im Vereinigten Königreich. Aber es fühlt sich alles ziemlich normal an. Nichts sticht besonders hervor."

Formel 1 2022: Shakedown kein Indiz für Williams-Performance

Auch Latifi verweist auf die extrem beschränkte Aussagekraft eines Filmtags, noch dazu im nassen Silverstone. "Ich glaube, ich habe echt ziemliches Pech, dass ich jetzt im zweiten Jahr in Folge den Shakedown bei wunderbar nassem Wetter in Silverstone hatte", scherzt Latifi dennoch. Das sei natürlich nicht ideal. "Aber ich wäre sowieso nicht am Limit gewesen, denn es ist das erste Mal zurück im Auto und da willst du auf keinen Fall dumme Fehler machen und das Auto beschädigen."

Deshalb, speziell auch noch im Regen, sei es schwierig gewesen, ein Gefühl für das neue Auto zu bekommen. Dennoch habe er bereits einen deutlichen Unterschied festgestellt. "Es fühlt sich ganz anders an als im vergangenen Jahr. Man spürt das höhere Gewicht", berichtet Latifi. 2022 wurden die F1-Autos, vor allem wegen der größeren und schweren Reifen um 40 Kilogramm schwerer und wiegen nun 795 Kilogramm.

"Abgesehen davon lese ich nicht allzu viel in irgendetwas anderes, das ich gefühlt habe", ergänzt Latifi. Immerhin sei er ja nicht ansatzweise ans Limit gegangen. Latifi: "Wir versuchen nur sicherzustellen, dass alles läuft, der Sitz komfortabel ist und da dann kleine Anpassungen vorzunehmen." Ein Gefühl für das wahre Potenzial das Autos und dessen Verhalten am Limit werde man ohnehin erst gegen Ende der Testfahrten erhalten, schätzt Albon.