Am ersten Trainingstag in Spanien wurde schnell klar, was von vielen im Fahrerlager schon im Vorfeld prognostiziert worden war: Mit den Reifenmischungen Hard, Medium und Soft hat Pirelli bei der Allokation für das Rennen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya eine Etage zu weit oben ins Regal gegriffen. Nach Barcelona dürften die Piloten den harten Reifen nach momentanem Stand beim Rennen in Silverstone wieder begrüßen. Pirelli ist sich jetzt aber doch nicht mehr so sicher, ob sie wirklich hart bleiben wollen.

Von den beiden Sätzen der als Holzreifen verteufelten Hard-Mischung nutzte das gesamte Feld den ersten in Barcelona gleich im 1. Freien Training, um diesen schnellstmöglich wieder zurückgeben zu dürfen. Längst ist klar, dass sich diesen Reifen im Rennen niemand antun wird. Nach der anhaltenden Kritik der in der Saison 2017 generell zu harten Reifenkonstruktion überdenkt Pirelli deshalb noch einmal den ursprünglich geplanten nächsten Einsatz der härtesten Reifenmischung beim zehnten Saisonrennen.

"Wir haben mit den Teams vereinbart, die Allokation für Silverstone erst nach Barcelona zu entscheiden, um mit diesem Rennwochenende mehr Informationen bezüglich der Performance zu gewinnen und diese dann den Teams zu geben", erklärt Pirelli-Manager Mario Isola die Verschiebung der Reifenwahl. Eigentlich hätte diese neun Wochen im Voraus des Großbritannien GP, genauer am vergangenen Donnerstag, festgelegt werden müssen.

Ein Prozess, der Pirelli eigentlich nicht schmeckt: "Eigentlich müssen wir natürlich die Deadlines respektieren", sagt Isola. Dementsprechend wird das Auswahlverfahren für Silverstone gleich nach dem Rennwochenende in Spanien angeschoben: "Wir analysieren nach Barcelona die Daten, reden mit der FIA und müssen ein internes Meeting abhalten. Dann entscheiden wir."

Pirelli erklärt die neuen Formel 1-Reifen (10:18 Min.)

Pirelli wollte Teams nicht vor den Kopf stoßen

Da sich die Piloten nicht erst seit dem Training in Barcelona über den Härtegrad der Reifen beschweren, sollte man meinen, dass Pirelli auch für das fünfte Saisonrennen in Spanien schon die Reifenwahl hätte entsprechend anpassen können. Isola beharrt jedoch darauf, dass die getroffene Entscheidung richtige war. "Wir mussten die Allokation einzig anhand der Daten der Wintertestfahrten festlegen", so der Italiener. "Wir hatten nicht die Informationen der ersten vier Rennen oder der von den Teams geplanten Updates."

Außerdem wollte der Reifenhersteller auch die Teams nicht vor den Kopf stoßen, mit denen vor der Saison 2017 vereinbart wurde, dass Pirelli für die ersten fünf Rennen die Reifenwahl komplett vorgibt. "Wenn wir für Barcelona eine Nummer weicher gewählt hätten, wäre das ehrlich gesagt etwas zu aggressiv gewesen. Und so eine aggressive Reifenwahl wollten wir den Teams nicht aufzwingen, weshalb wir uns für Hard, Medium und Soft entschieden hatten", sagt Isola.

Pirelli behält sich vor, die Reifenwahl für die kommenden Grands Prix gegebenenfalls anzupassen, Foto: Sutton
Pirelli behält sich vor, die Reifenwahl für die kommenden Grands Prix gegebenenfalls anzupassen, Foto: Sutton

Isola: Weicher als Ultrasoft geht nicht

Neben Silverstone ist Suzuka als Austragungsort des 16. Saisonrennens die dritte Rennstrecke im Kalender gewesen, auf der Pirelli ursprünglich die härteste Reifenmischung eingeplant hat. Isola will nicht ausschließen, dass auch für die bereits verabschiedete Reifenwahl für andere Grands Prix gegebenenfalls noch einmal auf dem Prüfstand landen könnte: "Wir werden jedes einzelne Rennen analysieren. Spätestens wenn wir nahe an der Deadline sind, schauen uns die letzten Rennen an und entscheiden, ob wir eine Reifenwahl bestätigen oder doch noch einmal überprüfen."

Demensprechend könnte dies auch Rennstrecken betreffen, auf denen der Medium die härteste von Pirelli vorgegebene Mischung darstellt. Isola weist jedoch darauf hin, dass Fahrern und Teams beim Wunsch nach weicheren Reifen diesbezüglich auch Grenzen gesetzt sind und man sich unter Umständen mit dem zufrieden geben muss, was gegeben ist: "Da wo wir sowieso schon den Ultrasoft haben, geht es natürlich nicht."

Das auf den Spanien GP folgende Rennen in Monaco könnte so ein Fall sein. Es wird das Erste in der Saison 2017 sein, für das die Teams die Anzahl ihrer Reifensätze wie aus der Vergangenheit gewohnt wieder selbst wählen dürfen. Von Pirelli sind für den Stadtkurs im Fürstentum die drei weichsten Reifenmischungen vorgesehen. Isola erwartet nach aller der Kritik über zu harte Mischungen eine Ultrasoft-Orgie: "Ich glaube, jeder wird zehn Sätze Ultrasoft nehmen und nur die zwei verpflichtenden von den anderen beiden Mischungen."