Die Formel 1 macht sich wieder einmal auf zu neuen Ufern. Mit dem Baku City Ciruit, wo an diesem Wochenende der Große Preis von Europa stattfindet, steht ein gänzlich neuer Kurs auf dem Programm, der es in sich hat. Der sechs Kilometer lange Straßenkurs im Herzen der Hauptstadt Aserbaidschans verfügt über eine 2,2 Kilometer lange Gerade, ist aber auch mit vielen engen Kurven ausgestattet, die teilweise nur hauchdünn an den Begrenzungsmauern vorbeiführen.

Für die Piloten stand am Donnerstag der obligatorische Track Walk auf dem Programm, im Zuge dessen sie sich mit der neuen Strecke vertraut machten, zudem kennen sie den Kurs bereits aus dem Simulator. Obwohl also noch keine einzige Runde gefahren wurde, wissen die Fahrer vor den ersten Trainings über den Baku City Circuit bereits einiges zu berichten.

"Das wird eine der Strecken sein, die aus dem Kalender hervorstechen", ist Sergio Perez überzeugt, und stößt damit in dasselbe Horn wie Nico Rosberg, der meint: "Die Strecke ist großartig und die Stadt ist großartig. Ich bin mir sicher, das Rennen wird ein großer Erfolg."

Enge Kurven, lange Gerade

Sebastian Vettel ist bereit für Baku, Foto: Sutton
Sebastian Vettel ist bereit für Baku, Foto: Sutton

Nicht zuletzt aufgrund der außergewöhnlichen Länge von rund sechs Kilometern verfügt die Strecke über gleich mehrere Schlüsselstellen. Da wäre etwa die Kombination mit den Kurven acht bis elf, die ausgesprochen dicht an den Mauern vorbeiführen. "Das schaut nach Spaß aus", freut sich Daniel Ricciardo bereits auf den sprichwörtlichen Ritt auf der Rasierklinge.

Die Mauern stehen dicht an der Strecke, Foto: Sutton
Die Mauern stehen dicht an der Strecke, Foto: Sutton

Ein weiterer neuralgischer Punkt ist Kurve 19, nach der die unglaublich lange Start- und Zielgerade folgt, wo sich eine von insgesamt zwei DRS-Zonen befindet. "Sie sollte mit Vollgas gehen", glaubt Ricciardo. "Spätestens wenn die Strecke Grip bekommt, wird sie voll gehen." Simulationen zufolge könnten die Boliden bis zu 360 km/h erreichen - Baku ist der somit der schnellste Stadtkurs der F1-Geschichte.

Stichwort Grip: Um diesen wird es gerade zu Beginn des Rennwochenendes noch recht dürftig bestellt sein, da der Asphalt ziemlich glatt ist. "Am Anfang wird es Probleme geben, die Reifen warm zu kriegen, dann wird es aber relativ schnell besser werden. Letztendlich wird der Grip gar nicht so schlecht sein", sagt Hermann Tilke, der Architekt der Strecke, im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Kritik an den Auslaufzonen

Unter all die lobenden Worte mischt sich aber auch Kritik. Konkret betrifft diese die Auslaufzonen, welche nach dem Geschmack der Fahrer nicht überall ausreichend dimensioniert sind. "Nach Kurve 14, wo man den Hang runterfährt, ist direkt eine Mauer", lamentiert Rosberg, der zwar hofft, dass sich die FIA bei der Abnahme der Strecke an ihr eigenes Regelwerk gehalten hat, bezweifelt das angesichts so manch einer zumindest optisch halsbrecherischen Passage aber zumindest ein wenig.

Auf der Start- und Zielgeraden geht es 2,2 km lang mit Vollgas dahin, Foto: Sutton
Auf der Start- und Zielgeraden geht es 2,2 km lang mit Vollgas dahin, Foto: Sutton

Ähnliche Töne schlägt auch Jenson Button an. "Vielleicht sollte man die Strecke lieber von der anderen Richtung fahren", meint der Routinier zynisch. "Ich mag das Layout, es ist aufregend, aber manche Stellen sehen aus als müssten sie überarbeitet werden." Nicht zuletzt aufgrund der teilweise fehlenden Auslaufzonen stellt Baku für den Briten aus dem Blickwinkel der Sicherheit einen Rückschritt dar.

Ebenfalls für viele Diskussionen im Vorfeld sorgt die Boxeneinfahrt. Das Speedlimit ist nämlich erst nach einer Kurvenkombination angesetzt, die daher mit Vollgas genommen werden kann. "Das ist cool", freut sich Ricciardo. "Die Boxeneinfahrt ist immer ein Ort, wo man etwas Zeit gewinnen kann. Hier ganz besonders, da ist leicht eine halbe Sekunde wenn nicht sogar eine Sekunde drinnen zwischen einer guten und einer schlechten Einfahrt."

Ein schnelles Monaco

Am ehesten lässt sich Baku mit Monaco vergleichen, auch wenn die Geschwindigkeiten im Fürstentum um einiges geringer sind. "Es ist ein wenig wie Monaco, nur schneller, ein schnelles Monaco sozusagen", bringt es Perez auf den Punkt. Ricciardo ortet indessen gewisse Ähnlichkeiten mit Singapur und Valencia, während sein Teamkollege Max Verstappen den Vergleich mit Macao zieht, allerdings einschränkt: "Ich glaube, Macao ist ein bisschen herausfordernder."

Wie groß die Herausforderung in Baku tatsächlich ist, wird sich ab Freitagvormittag weisen, wenn die Boliden zum ersten Mal auf die Strecke gehen. Spannung ist jedenfalls garantiert.