Sebastian Vettel bescheinigte den Pirelli-Pneus nach dem Großen Preis von Belgien eine "miserable Qualität", weil sich sein rechter Hinterreifen in der vorletzten Runde des Rennens bei vollem Tempo aufgelöst hatte. Mika Häkkinen kann nachvollziehen, dass der Ferrari-Pilot unmittelbar nach dem Grand Prix völlig außer sich war und über die Gummis herzog, die seiner Meinung nach nicht lange genug gehalten und daher ein Sicherheitsrisiko dargestellt hätten.

"Ich kann verstehen, dass ein Fahrer auf eine solche Situation ziemlich heftig reagiert - besonders in Spa, weil dort wirklich schnell gefahren wird und ein Reifenschaden dann immer gefährlich ist", erklärt der Finne in seinem Hermes-Blog. "Ich weiß noch, wie ich im McLaren im Training 1997 nach der Eau Rouge auf die Kemmel-Gerade fuhr und plötzlich die Aufhängung des Autos durchschlug. Bei einer Geschwindigkeit von ungefähr 330 km/h. Wenn das bei einem derartigen Tempo passiert, vergisst man das nicht so schnell", machte auch der zweifache Weltmeister auf der Ardennenachterbahn unliebsame Erfahrungen.

Häkkinen bekam die Tücken von Spa ebenfalls bereits zu spüren, Foto: Sutton
Häkkinen bekam die Tücken von Spa ebenfalls bereits zu spüren, Foto: Sutton

"80 Prozent der Leistung eines Fahrers liegen in seiner mentalen Stärke. Wenn diese mentale Seite erheblich angekratzt wird, dann beginnt das Selbstvertrauen zu schwächeln, und das wirkt sich auf die Rundenzeiten aus", weiß Häkkinen um die Bedeutung der psychischen Verfassung Bescheid, wenn es darum geht, auf der Rennstrecke alles zu geben.

Ganz anders sah hingegen Niki Lauda die Angelegenheit nach dem Rennen. "Wenn unsere Fahrer Pirelli so kritisieren würden, die versuchen, einen guten Job zu machen - und für alle anderen haben sie einen guten Job gemacht -, dann würde ich sie mir vornehmen", fand der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende in Spa klare Worte. "Du kannst einen Partner nicht derartig diskriminieren, wie Seb es gemacht hat."

Räikkönen muss Vettel schlagen können

Enttäuschend verlief das Spa-Wochenende für Kimi Räikkönen, dessen Ferrari im Qualifying den Geist aufgab, sodass der Finne schlussendlich nicht über den siebten Platz hinauskam. "Gegenüber Kimi haben die Leute hohe Erwartungen. Kimi ist Weltmeister, sodass viele erwarten, dass er die ganze Zeit um die Spitzenplätze kämpft", fühlt Häkkinen mit seinem Landsmann. "Kimi müsste endlich ein Auto haben, mit dem er Vettel schlagen könnte. Die jetzige Situation ist für Kimis Nerven sicher ganz schön hart."

Umso erfreuter ist Häkkinen, dass Räikkönen nach unzähligen Spekulationen und Gerüchten mit einem neuen Vertrag ausgestattet wurde und auch 2016 für Ferrari an den Start gehen wird. "Herzlichen Glückwunsch, Kimi! Die Karriere und die Rennen gehen weiter, und das ist doch prima", so der Champion der Jahre 1998 und 1999. "In der Formel 1 gibt es nicht viele Spitzenrennställe. Wenn man von Ferrari eine Vertragsverlängerung bekommt, ist das einen Glückwunsch wert."

Neue Starts gefährlich?

In Belgien mussten die Piloten erstmals ohne die Hilfe des Kommandostands den Start meistern und wichtige Einstellungen wie den Kupplungsschleifpunkt selbst wählen. Für Häkkinen grundsätzlich eine vernünftige Regeländerung, wenngleich er kritisiert, dass die Starts nun nicht mehr so sicher wie zuvor seien.

Der Start in Belgien verlief problemlos, Foto: Sutton
Der Start in Belgien verlief problemlos, Foto: Sutton

"Wenn der Fahrer voll für seinen Start verantwortlich ist, treten mehr Fehler auf. In der Geschichte der Formel 1 hat es zahlreiche gefährliche Situationen gegeben, in denen ein Auto im Startbereich ausging und es zu Auffahrunfällen kam", warnt der Finne. "Der Startautomatik ist es zu verdanken, dass in den letzten Jahren selten ein Formel-1-Wagen im Startbereich liegen geblieben ist."

In Spa traten allerdings keine Probleme auf, alle Piloten kamen nach dem Erlöschen der Ampeln zumindest einigermaßen gut weg.