In Barcelona werden traditionell die Weichen für den weiteren Saisonverlauf gestellt. Zum einen, weil hinter den Teams eine dreiwöchige Rennpause liegt, in der mit Hochdruck an neuen Teilen gearbeitet wurde, und zum anderen, weil der Circuit de Catalunya als Strecke gilt, die das wahre Potenzial eines Autos aufzeigt.

Erleichterung bei Rosberg, Foto: Sutton
Erleichterung bei Rosberg, Foto: Sutton

Ein ganz besonderes Rennen ist es auch für Nico Rosberg - die Saison des Mercedes-Piloten steht in Barcelona am Scheideweg. Bisher gelang dem Deutschen gegen seinen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton kein Stich, was bereits stattliche 27 Punkte Rückstand in der Weltmeisterschaft bedeutet. Die Devise ist also klar: Rosberg muss in Barcelona gewinnen und das sogenannte Momentum auf seine Seite ziehen, ansonsten könnte der Titelzug bereits früh abgefahren sein.

Rosberg legt den Grundstein

Im Qualifying konnte Rosberg ein sowohl aus sportlicher als auch psychologischer Sicht wichtiges Erfolgserlebnis verbuchen. Der 29-Jährige stellte seinen Silberpfeil auf die Pole Position und bezwang Hamilton damit zum ersten Mal in dieser Saison. Der Brite hatte in allen vier vorangegangenen Qualifyings die Bestzeit erzielt. "Das war heute ein guter Arbeitstag für mich", strahlte Rosberg dementsprechend über das ganze Gesicht.

Wird der Spanien GP ein Fall für Zwei?, Foto: Mercedes-Benz
Wird der Spanien GP ein Fall für Zwei?, Foto: Mercedes-Benz

Der Grundstein für den ersten Rennsieg seit November des Vorjahres ist also gelegt, gilt Barcelona bekanntlich nicht gerade als Strecke, die Überholmanöver begünstigt. In Acht nehmen muss sich Rosberg jedoch unmittelbar nach dem Erlöschen der Ampeln, da der Weg bis zur ersten Kurve weit ist und Hamilton die Möglichkeit eröffnet, die Niederlage aus dem Zeittraining früh wettzumachen.

"Wir haben hier eine neue Kupplung, mit der haben sich alle Starts konstant und gut angefühlt", hofft Rosberg, gut wegzukommen, was in der Vergangenheit beileibe nicht immer der Fall war. Dass mit einem guten Start seine Chancen eklatant steigen würden, den Sieg davonzutragen, ist naturgemäß auch ihm klar, denn: "Es ist hier fast unmöglich, zu überholen."

Neben der guten Startposition spricht ebenfalls für Rosberg, dass Hamilton in puncto Setup noch immer nicht das Optimum gefunden hat. Das Resultat: Zwei Zehntel Rückstand im Qualifying und das Nachsehen bei den Volltanktests am Freitag. Rosberg präsentierte sich mit Sprit im Tank sowohl auf den Hard- als auch Medium-Reifen besser in Form als sein Stallgefährte.

Ferrari mit Rückstand

Legt man die bisherigen Eindrücke des Rennwochenendes zu Grunde, dürfte Ferrari nicht in der Lage sein, Mercedes Paroli zu bieten. Trotz des umfassendsten Updatepakets aller Teams scheint sich der Rückstand der Scuderia nicht verringert zu haben, vielmehr sieht es sogar so aus als hätte sich Mercedes weiter vom Rest des Feldes abgesetzt.

Für Sebastian Vettel scheint somit der dritte Platz das Höchste der Gefühle, sofern bei den Silberpfeilen nicht der Technikteufel wütet. Das ist auch dem Heppenheimer bewusst. "Sie sind auf jeden Fall die Favoriten. Sie haben eine sehr, sehr starke Rennpace gezeigt", musste Vettel ob der Mercedes-Vorstellung den Hut ziehen.

Auch der vierfache Weltmeister weiß, dass seine größte Chance, zumindest einen Silberpfeil zu passieren, kurz nach 14:00 Uhr sein wird. "Der Weg zur ersten Kurve ist sehr lang hier. Da kann man sicher normalerweise bei dem Auto davor etwas Windschatten holen. Vielleicht geht dann ja schon was in der ersten Kurve. Sonst werden wir versuchen aufzuholen und dran zu bleiben", gab er die Marschroute vor.

Räikkönen startet nur von P7, Foto: Ferrari
Räikkönen startet nur von P7, Foto: Ferrari

Kimi Räikkönens Chancen, wie in Bahrain einen Platz auf dem Podest zu ergattern, haben sich bereits im Qualifying minimiert. Für den Finnen sprang nur der siebte Startplatz heraus, zudem fährt er im Gegensatz zu Vettel mit der älteren Version des Ferrari SF15-T. Nicht die besten Voraussetzungen für ein denkwürdiges Rennen. Aufgegeben hat der Iceman aber trotzdem nicht: "Wir haben noch immer ein gutes Paket und die nötige Speed im Auto. Jetzt müssen wir das Beste daraus machen und einen guten Start erwischen."

Toro Rosso vor Red Bull

Im Kampf um den Titel der dritten Kraft verfügt Williams über die besten Karten. Valtteri Bottas sicherte sich den vierten Startplatz und hat damit die Möglichkeit, Vettel am Start zu passieren. Was die pure Rennpace betrifft, blieb Williams am Freitag bei den Longruns allerdings hinter Ferrari zurück. Sonderlich überraschend kommt das nicht, denn die Charakteristik des aerodynamisch anspruchsvollen Circuit de Catalunya kommt dem FW37 nur bedingt entgegen.

Der Hecht im Karpfenteich ist fraglos Toro Rosso. Lokalmatador Carlos Sainz und Max Verstappen qualifizierten sich sensationell auf den Plätzen fünf und sechs und könnten damit das große Schwesterteam Red Bull einmal hinter sich lassen. Daniil Kvyat und Daniel Ricciardo kamen trotz neuer Nase nicht über die Startplätze acht und zehn hinaus.

Red Bull schwächelt auch mit neuen Teilen, Foto: Sutton
Red Bull schwächelt auch mit neuen Teilen, Foto: Sutton

"Wir führen das darauf zurück, dass wir sehr wenig fahren konnten. Außerdem war es im Qualifying noch windiger und da ist unser Auto generell empfindlich. Dadurch haben wir etwas die Balance verloren", erklärte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut gegenüber Motorsport-Magazin.com, wie es zur verkehrten Welt kam.

Zwar verwies Marko darauf, dass Ricciardos Longrun, den der Australier wegen seines Motorwechsels erst im dritten Training absolvierte, nicht so schlecht ausgesehen habe, Startplatz zehn lässt ein gutes Ergebnis dennoch in weite Ferne rücken, schließlich gelte: "Überholen ist in Barcelona bekanntermaßen nicht das einfachste."

Fazit: Für Nico Rosberg gilt das Motto "jetzt oder nie." Der Mercedes-Pilot hat sich eine optimale Ausgangsposition erarbeitet, um Lewis Hamilton zum ersten Mal in dieser Saison in die Schranken zu weisen. Bleibt Rosberg beim Start vorne, ist die halbe Miete wohl bereits geschafft. Hamilton könnte seinerseits vermutlich auch mit dem zweiten Platz leben und wird sich daher hüten, eine ungestüme Attacke zu reiten, die ihn wertvolle Punkte kosten könnte. Platz drei scheint für Sebastian Vettel reserviert, sofern Ferrari im Rennen nicht noch eine deutliche Steigerung gelingt.