Der Zeitpunkt der Bekanntgabe von Sebastian Vettels Abschied von Red Bull kam für viele überraschend. Dr. Helmut Marko schilderte nun bei Servus TV, wie es dazu kam. "Am Freitag in der Früh bin ich in Sebs kleines Kämmerchen gegangen. Ich habe gesagt: du, wir müssen reden." Daraufhin habe man ein Abendessen vereinbart. Zwei Stunden lang hätten Vettel und er sich unterhalten. "Dann ist er herausgerückt, dass er uns verlassen wird." Vettel habe verschiedene Gründe angeführt.

"Es war ihm unangenehm, dass er es in dieser Form ohne Vorwarnung machen muss", berichtete Marko. "Wir bleiben Freunde, es hat mich nicht überrascht. Es gab Anzeichen, wir hatten eine Ausstiegsklausel im Vertrag." Diese besagte, dass wenn Vettel zum Stichtag 30. September nicht unter den Top-3 der Fahrerwertung liegt, der Vertrag aufgelöst werden kann. Marko ahnte bereits seit einiger Zeit, dass Vettel diese Klausel nutzen könnte. "Ich wollte für das Team, weil die Weiterentwicklung vor sich geht, Klarheit haben. Ich habe auf eine Einigung gedrängt. Jetzt gehen wir halt getrennte, neue Wege", kam er noch einmal auf das Gespräch in Japan zurück.

"Wir werden alles tun, ihn zu schlagen", kündigte Marko an, der nur meinte, Vettel werde zu einem 'Konkurrenzteam' wechseln. "Wir haben intern schon überlegt, wen könnte er intern abziehen. Da haben wir uns schon abgesichert bei den wichtigsten Positionen", verriet er. Da er auf Vettels Abgang vorbereitet gewesen sei, sei es seine Aufgabe, Lösungen parat zu haben. "Fahrermäßig wäre von der Qualität her nur Alonso eventuell in Frage gekommen, aber aus unseren Informationen war da schon eine relativ starke Annäherung an McLaren gegeben."

Paarung Ricciardo/Kvyat kein Risiko

Das naheliegendste sei dann gewesen, nach einem jungen, vielversprechenden Fahrer Ausschau zu halten. "Da haben wir mit Daniil bei Toro Rosso einen vielversprechenden Mann. Wir haben mit Ricciardo einen Mann, der ein Team anführen kann. Wir gehen kein Risiko ein. Es ist vielleicht nicht die erfahrenste Paarung, aber eine der schnellsten", erläuterte er Red Bulls Entscheidung, Kvyat nach nur einem Jahr beim Schwesterteam zu befördern. Red Bull werde dem jungen Russen Zeit geben. "Es ist besser, einen jungen, aufstrebenden Fahrer zu haben, als einen Star in seinen letzten Jahren zu nehmen", erklärte er. "Es geht ums Team, nicht eine Individualperson, nur um die Gemeinschaft. Ich hoffe, wenn wir unsere Motorenprobleme gelöst haben, dass wir 2015 wieder vorne mitfahren."

Mika Häkkinen glaubt, dass Ricciardo, der erst zur aktuellen Saison zu Red Bull wechselte, bereit ist, die Rolle des Teamleaders von Vettel zu übernehmen. "Was ich bei Ricci festgestellt habe, ist, dass er auf jeden Fall vom Charakter her ein ganz toller Typ ist und viel Charisma besitzt. Die Position des Fahrers im Team muss motivierend für alle sein. Es ist das Gesamtpaket, das bekommt er richtig gut hin", lobte er. "Er kann weiter Erfolg im Team haben, er kann Teamleader werden. Er wird von allen respektiert, er kann schaffen, dass alle für ihn arbeiten, damit er Erfolg hat."

All das lässt Vettel nun hinter sich. Ob er bei seinem neuen Team ebenfalls die Rolle des Teamleaders bekommen wird, ist unklar. Christian Klien, der 2005 und 2006 für Red Bull fuhr, kann die Entscheidung, den 'sicheren Hafen' zu verlassen, nachvollziehen. "Seb war mehr als sein halbes Leben bei Red Bull, hat natürlich eine Traumkarriere hingelegt, wie man es sich nur vorstellen kann. Für ihn selbst kann ich mir aus Fahrersicht vorstellen, dass er eine neue Herausforderung sucht. Er ist ja noch sehr jung, hat noch einige Jahre in der Formel 1 vor sich", zeigte er auf. Zudem sei es für jeden Topfahrer immer das Ziel, einmal für Ferrari zu fahren.

Auch Häkkinen räumte ein, an einem Wechsel zur Scuderia interessiert gewesen zu sein. "Das ist schon lange her, aber da war Michael bei Ferrari, ich wollte nicht sein Teamkollege sein", gestand er. "Ich hatte tolle Jahre mit McLaren, super Erfolge." Daher habe er jegliche Angebote, die er im Laufe der Jahre erhielt, stets abgelehnt. "Ich habe mir gesagt: Mein Weg ist weiter mit McLaren", verriet er. "Ferrari ist mit Sicherheit ein tolles Team, aber es war nie der richtige Zeitpunkt."