PRO: Respekt vor der Entscheidung

Genauso macht das ein Spitzenrennfahrer. Jede Gelegenheit eiskalt ausnutzen. Auf der Strecke wie daneben. So war es nun auch bei Sebastian Vettel. Mit seinem Abschied vom gemachten Nest bei Red Bull bewies er seinen Killerinstinkt.

Nach vier WM-Titeln in Serie braucht er eine neue Herausforderung. Ferrari kommt ihm da gerade gelegen. Jeder Rennfahrer würde in seiner Karriere gerne einmal für die Scuderia fahren. Nur wenige erhalten die Chance dazu. Noch weniger werden von Ferrari geradezu gejagt, um in einem ihrer Cockpits Platz zu nehmen.

Verdammt clever: Der richtige Schachzug, Foto: Red Bull
Verdammt clever: Der richtige Schachzug, Foto: Red Bull

Für Vettel erfüllt sich dadurch ein Kindheitstraum. Er tritt in die Fußstapfen seines Idols Michael Schumacher. Er kann wie Schumacher vor 20 Jahren ein neues Ferrari aufbauen, sein eigenes Team. Erneut eine Ära prägen - diesmal aber für die Tifosi in aller Welt. Was für eine Herausforderung.

Danach suchen alle Spitzenathleten. Mit Red Bull hat Vettel schon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Ein Teamwechsel ist da nichts Ungewöhnliches. Schon eher zu einem Team, das nicht unbedingt besser dasteht. Denn Toppiloten besitzen normalerweise immer das Gespür, dorthin zu gewinnen, sie auch Topmaterial haben.

Die Entscheidung Red Bull zu verlassen, war demnach nicht falsch. Aber zu Ferrari zu gehen, darf zumindest als gewagt bezeichnet werden. Mit seiner Ausstiegsklausel bewies Vettel jedoch erneut, dass er auch ohne großen Manager clever genug ist, sich für alle Eventualitäten abzusichern. Respekt.

CONTRA: Schlechter Verlierer

Der Sound? Scheiße. Das Reglement? Blöd. Die neuen Autos? Nicht so schön. Renault? Nicht der Rede wert. Sebastian Vettel wetterte zu Saisonbeginn über alles und jeden. Die Niederlagen, Ausfälle und Rückschläge setzten ihm zu.

Jetzt hat er genug davon. Er verlässt Red Bull nach 14 guten und einem schlechten Jahr in Richtung Ferrari. Was für ein schlechter Verlierer! Diese Kritik ist zu böse? Zu einseitig? Einfach nur falsch?

Keine Lust mehr: Bloß weg von Red Bull?, Foto: Red Bull
Keine Lust mehr: Bloß weg von Red Bull?, Foto: Red Bull

Ein bisschen drängt sich der Verdacht schon auf, dass Vettel die Flucht ergreift. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass der erfolgsverwöhnte Champion nicht mit einem Tiefschlag umgehen kann. Erinnert sich noch jemand an Situationen mit vertauschten Frontflügeln, kollidierenden Teamkollegen oder Teamorder?

Einmal verloren, ein schlechtes Jahr mit vielen Defekten und einem nicht konkurrenzfähigen Auto und schon tritt Vettel die Flucht an. Sicher ist dies nicht der einzige Grund, aber wenn er jetzt auf dem Weg zum fünften WM-Titel wäre, würde er wohl kaum darüber nachdenken, von seiner Klausel Gebrauch zu machen.

Wenn dies tatsächlich stimmt, dürfte sich Red Bull allerdings nicht beschweren. Das Team trat zu Jahresbeginn gegenüber dem langjährigen Partner Renault genauso auf. Kritik, Beschimpfungen und Drohungen. Erst viel später ging es darum, gemeinsam anzupacken. Mit dem Unterschied: Vettel machte seine Drohung wahr.

Der Deutsche weiß um diese Kritik. Er reiße nicht aus, betonte er am Samstag in Suzuka. Es gebe kein böses Blut zwischen ihm und dem Team. Man mag ihm glauben oder nicht. Der Beigeschmack bleibt.