Es hätte ein unterhaltsamer Tag werden können. Wurde es aber nicht. Dabei begann der Prozess gegen Bernie Ecclestone vor dem Münchner Landgericht aus humoristischer Sicht verheißungsvoll. Zwar hatte der 83-Jährige auf seinen üblichen Einstiegs-Sketch mit der Drehtür (siehe Video) verzichtet. Daran waren aber eher die architektonischen Gegebenheiten des Gerichtsgebäudes schuld, denn wo keine Drehtür da kein Ecclestone'scher Einstiegs-Sketch. Ob das auch der Grund war, warum der Brite leicht verwirrt war und erst von seinem Verteidiger zur Anklagebank geführt werden musste?

Mit Richter Peter Noll sitzt dem Verfahren jedenfalls ein bekanntermaßen humorvoller Mann vor. In Verbindung mit Bernie Ecclestone sollte er sich auch zugleich in moderner Standup-Comedy üben, als die Personalien des Angeklagten aufgenommen wurden.

Statt des üblichen Blabla gab es schon beim Namen den ersten kleinen Lacher: "Ist es ok, wenn ich ihren Namen 'Ecclestone' (richtig ausgesprochen) ausspreche?", fragte der Richter. "It's fine", antwortete Ecclestone knapp. Noll ist dafür bekannt, der englischen Sprache nicht allzu viel abzugewinnen. Anglizismen hört der Richter nicht gerne. Nicht die beste Voraussetzung für Agreements, Trusts und Co. Andererseits vielleicht besser, dass es hier nicht um Power Units geht...

Doch für den größten Lacher sorgte Ecclestone gleich selbst. "Sie sind geschieden?", fragte Noll den Angeklagten, der klar zustimmte. "Aber ich dachte, sie sind verheiratet", entgegnete der Richter leicht verwirrt. Ecclestone: "Both is right", also "beides stimmt" . Damit nicht genug. Ecclestone wurde erklärt, dass nur der derzeitige Familienstatus relevant sei. Der Formel-1-Zampano konnte sich einen Kommentar aber nicht verkneifen: "Ich möchte nur an den Teil mit der Scheidung erinnern." Das Gelächter war groß.

Auch ein Demonstrant hatte sich eingefunden, Foto: Motorsport-Magazin.com
Auch ein Demonstrant hatte sich eingefunden, Foto: Motorsport-Magazin.com

Allerdings nicht lang. Denn dann kam der ernste Teil. Zunächst wurde eine Stunde lang die 24-seitige Anklageschrift verlesen. Als Journalist hat man sich damit natürlich schon in aller Ausführlichkeit vor der Verhandlung befasst - spannend war das also nicht.

Aber harmlos im Vergleich zu dem, was danach kam. Ecclestone wollte zwar zu den Vorwürfen Stellung nehmen, irgendwie aber auch doch nicht. Mit seinen Anwälten hatte er ein Statement vorbereitet. Leider wollte er es nicht selbst verlesen. Das wäre nicht zumutbar, erklärte einer seiner Verteidiger, schließlich sieht Ecclestone auf dem rechten Auge seit seiner Geburt nicht richtig. Lange Texte zu lesen sei also eine Zumutung.

Also lasen die Verteidiger Ecclestones Erklärung in der Ich-Perspektive vor. Eine leicht kuriose Situation, an die man sich aber ausreichend lange gewöhnen konnte. 91 Seiten wurden insgesamt verlesen. 91 Seiten, die nicht mehr so sehr von Humor strotzten. Schade, dass Ecclestone sich nicht selbst den Fragen des Richters stellte - wir wurden so um gute Unterhaltung gebracht.

Ach ja: Die Verteidigung wollte übrigens bei der Verlesung des Statements auf eine Übersetzung für Bernie Ecclestone verzichten. Schließlich lag das Dokument dem 83-Jährigen auch in englischer Sprache vor, das er dann - scheinbar trotz seiner Sehprobleme - mitlesen hätte können. Richter Noll bestand aber auf die Simultanübersetzung, schließlich wurde das Statement nicht vom Gericht übersetzt. Nach dem mehrstündigen Vortrag sorgte Ecclestone dann doch noch für etwas Heiterkeit auf den Rängen: "Die Übersetzung, die ich vor mir hatte, war übrigens gut."