Was kann man von einem Tag wie diesem als Ingenieur mitnehmen?
Tom McCullough: Das Wichtigste an Tagen wie diesen ist, vor allem wenn die Vorhersage lautet, dass es möglicherweise die nächsten zwei Tage Regen geben wird, dass man auf beiden Regenreifen mit dem Basis-Setup des Autos zufrieden ist. Das Wichtigste sind der Reifendruck und die Aerobalance für das Griplevel der Strecke. Die Art und Weise, wie die Reifen arbeiten, so dass die Balance wirklich gut ist.

Ist diese Strecke besonders schwierig im Regen? Weil es eine der alten Strecken, mit einigen Unebenheiten und kleinen Flüssen ist...
Tom McCullough: Sicherlich gibt es auf dieser Strecke ein paar Bereiche, in denen das Wasser fließt. Kurve 3, Ausgang von Kurve 4 und Ausgang von Kurve 12 sind besonders schwierige Stellen. Da ist es sehr bergig und dort läuft das Wasser über die Strecke. Die Strecke ist ziemlich unterschiedlich zu den Strecken, auf denen wir normalerweise fahren. Eine Menge langgezogener Kurven, keine 90-Grad-Kurven, das ist schon ein Unterschied, an den man sich gewöhnen muss.

Jetzt muss man aber trotzdem schon die Getriebeabstufung und viele andere Dinge festlegen, ohne das Wetter zu kennen. Wie gehen Sie an diese Sache heran?
Tom McCullough: Das ist sehr schwierig. Vor allem bei der Getriebeabstufung muss man sich in eine Position bringen, wo man ein bisschen flexibel agieren kann. Dafür muss man aber ein bisschen Performance opfern, je nachdem wie viel Downforce man fährt. Im Moment muss man die Wettervorhersage so gut wie möglich für das Rennen betrachten. Auf diesen Annahmen basierend muss man dann den Heckflügel einstellen und die Getriebeabstufung wählen. Aber man muss trotzdem ein Auge darauf werfen, was die Vorhersagen morgen nach FP3 sagen. Wenn diese anders sind, muss man flexibel sein.

Entscheiden sie das dann alleine?
Tom McCullough: Nein, nicht ganz. Wir haben noch ein Team in der Fabrik, das uns dabei unterstützt, die Daten analysiert und das Wetter im Auge behält. Und wir haben auch hier an der Strecke ein Team. Wir hatten gerade schon eine Diskussion darüber. Wir wissen schon, was wir machen. Aber es ist nicht einfach.

Zu welchem Schluss sind sie gekommen? Wird es regnen oder bleibt es am Sonntag trocken?
Tom McCullough: Unser Ergebnis ist: Es könnte beides kommen. Im Moment sieht es so aus, als würde nach dem Rennen eine Menge Regen kommen. Aber wir sind in Interlagos. Hier das Wetter vorherzusagen ist so wie in Malaysia... Man darf nicht zu aggressiv sein.

Lieber ein normales Rennen

Was wäre denn für Sie besser?
Tom McCullough: Uns wäre komplett trocken lieber, das wäre für uns in der Konstrukteurswertung besser. Aber wir sollten bei beiden Varianten okay sein. Es gibt natürlich eine größere Chance ein gutes Resultat einzufahren wenn es chaotisch ist, aber es besteht auch eine größere Chance, dass Toro Rosso viele Punkte holt und wir keine. Das wichtigste für uns ist es, unseren Platz in der Konstrukteurswertung zu sichern. Das hat oberste Priorität.

Das Wetter hat auch verhindert, dass die neuen Reifen für das nächste Jahr getestet werden konnten. Ist das ein großer Verlust?
Tom McCullough: Ja, sicher. Es ist immer schön, wenn man einen neuen Reifen ausprobieren kann, bevor man das Design des nächstjährigen Autos finalisiert. Sowohl bei der Aerodynamik als auch bei der Mechanik. Aber am Ende ist es das Gleiche für alle.

Die Test wären mit den diesjährigen Autos gefahren worden. Aber hätte es die Möglichkeit gegeben, die Ergebnisse auf das nächstjährige Auto zu übertragen?
Tom McCullough: Ich glaube für uns wäre heute das Wichtigste gewesen, den Einfluss des Reifens zu verstehen. Wenn wir das Downforcelevel des Autos anpassen, ist es für uns das Wichtigste, die Reifen zu verstehen. Durch die Reifen kann man schnell verwirrt werden. Aber das betrifft auch die Performance am Rennwochenende, weil wir auch darauf keinen Blick werfen konnten.

Aber Sie glauben nicht, dass es allzu schlimm ist?
Tom McCullough: Wir haben einige theoretische Daten. Im Moment ist es ja nicht so, dass die Reifen von Bridgestone zu Pirelli wechseln würden. Die Änderung ist ziemlich gering. Aber wir haben heute nicht das gelernt, was wir gerne gelernt hätten.

Red Bull hat den neuen Reifen zwei Runden lang ausprobiert. Können Sie sich vorstellen, was sie davon gelernt haben bei diesen Bedingungen? Manche Leute glauben, dass es eine gute Idee waren, manche glauben, dass es sinnlos war...
Tom McCullough: Normalerweise sind sie da sehr clever. Ich würde nie sagen, dass die Daten nutzlos sind. Das wäre glaub ich ein bisschen naiv. Sie wissen genau, was sie machen. Es war heute unmöglich, Belastung auf den Reifen zu bekommen und das zu messen. Aber sie haben es sicherlich aus irgendeinem Grund gemacht. Sie sind mit beiden Spezifikationen zwei Runden gefahren, sie haben irgendwelche Daten gesammelt.

Kann man irgendetwas über die Reifenbewegungen lernen, über den Einfluss auf die Aerodynamik, wenn man eher langsam fährt?
Tom McCullough: Die Verformung des Reifens, wenn er keinen Grip aufbaut und keine Kraft darauf wirkt, ist ziemlich unterschiedlich. Das ist etwas, was man sehr gerne verstehen würde, aber ich verstehe es nicht...