Nach dem Rennen in Suzuka bin ich ganz schnell nach Hause zurück geflogen, musste schon am Sonntag Abend um sechs mit dem Helikopter von der Strecke weg, um meinen Flug noch zu erwischen. Aber das war wohl gar nicht so schlecht, um das wirklich nicht so erfreuliche Wochenende möglichst schnell hinter mir zu lassen. Am Freitag sah es ja noch gar nicht so schlecht aus, aber dann habe ich mir am Samstag früh einen Abflug geleistet, ein Fehler, der mich sehr geärgert hat.

Er hat nicht nur viel Zeit gekostet, die dann im Qualifying gefehlt hat, er hat auch noch einen Getriebewechsel nötig gemacht, der mir dann eine Fünf-Plätze-Strafe eingebracht hat, sodass ich von ganz hinten starten musste. Und im Rennen konnte ich dann zwar zeitweise in Punktenähe fahren, aber am Ende haben halt die Reifen wieder absolut nicht mehr mitgespielt.

Also schnell abhaken, vergessen und nach vorne schauen - auf Indien. Am Freitag habe ich in England noch den ganzen Tag im Simulator gesessen, am Sonntag bin ich schon nach Delhi geflogen, wo ich jetzt in den nächsten Tagen bis zum Grand Prix ziemlich viel zu tun haben werde. Logisch - es ist das Heimrennen von Force India und da stehen natürlich immer zahlreiche PR- und Medientermine an. Aber das ist nicht nur Stress, da sind auch immer wieder schöne Sachen dabei, die durchaus Spaß machen.

Wir sind zum Beispiel einmal zu Gast bei der "Times of India", der größten indischen Tageszeitung, wo wir ein bisschen hinter die Kulissen blicken dürfen. Ich soll da wohl auch mal eine Zeit lang Redakteur spielen. Das wird sicher interessant, da lerne ich mal die Arbeit der Leute kennen, denen ich sonst immer Antworten geben muss.

Adrian Sutil hat Japan abgehakt, Foto: Sutton
Adrian Sutil hat Japan abgehakt, Foto: Sutton

Ich weiß, dass Indien bei vielen in der Formel 1 nicht gerade das beliebteste Ziel ist, aber ich denke, man muss das Land einfach auch ein bisschen besser kennen, öfters mal da gewesen sein, um sich mit einigen Dingen zu arrangieren... Das ist eben alles ganz gerne ein bisschen chaotisch, vom Verkehr angefangen, in dem man immer wieder stecken bleibt, sodass man ständig zu spät kommt - es ist nicht so durchgeplant und durchorganisiert wie bei uns. Die Deutschen sind ja nun mal eher die Meister im Organisieren, hier erlebt man auch schon mal das Gegenteil, aber wenn man das alles ein bisschen lockerer und gelassener sieht, dann kommt man auch damit klar.

Natürlich ist für uns Europäer die Armut, der man an vielen Stellen begegnet, erst einmal schockierend. So wie viele Menschen hier am Straßenrand leben, das ist für uns schon kaum noch Leben. Aber das zu sehen, rückt natürlich auch Perspektiven zurecht, es sorgt dafür, dass man sich doch wieder einmal bewusst wird, in welch privilegierten Verhältnissen wir doch leben. Ich kann jedem nur empfehlen, einmal hierher zu kommen...

Auf das Rennen an sich freue ich mich auch schon sehr, denn mir gefällt die Strecke wirklich gut, von den neuen Kursen ist sie sogar eine meiner Lieblingsstrecken. Sie hat ein paar sehr interessante Stellen, vor allem Turn 3, das ist eine ganz besondere Herausforderung, da geht es über eine Kuppe, man kann den Scheitelpunkt der Kurve nicht wirklich einsehen. Und im Mittelteil gibt es dann auch noch sehr interessante Kurvenkombinationen, alles ziemlich schnell, flotte Schikanen im vierten bis fünften Gang, das macht richtig Spaß.

Die Strecke in Indien gefällt Sutil sehr, Foto: Sutton
Die Strecke in Indien gefällt Sutil sehr, Foto: Sutton

Ich fände es deshalb schon sehr schade, wenn wir tatsächlich das letzte Mal in Indien fahren würden, wenn es nicht nur die Pause 2014, sondern tatsächlich keine Rückkehr mehr gäbe. Man muss halt mal abwarten, wie sich das entwickelt. Sicher ist die Formel 1 in Indien noch nicht extrem populär, hier ist nun mal Kricket der absolute Nationalsport. Da bräuchte man sicher Geduld und einen langen Atem, um da eine richtige Fankultur aufzubauen, auch wenn ich gemerkt habe, dass es im Laufe der letzten Jahre durchaus eine positive Entwicklung gegeben hat.

Aber von der Lebenswirklichkeit der meisten Inder ist die Formel 1 nun mal noch sehr, sehr weit entfernt, das Thema Auto und Spitzentechnologie ist da einfach noch keines. Da muss man sich nur mal auf den Straßen umschauen, was da so alles herumfährt, das ist wie bei uns vor ein paar Jahrzehnten. Man merkt das auch in der kleinen nationalen Motorsport-Szene, die es durchaus gibt, angefangen im Kart. Ich bin da bei einem Fan-Event mal in den hiesigen Karts gefahren, das ist wirklich nicht vergleichbar mit dem Standard in Europa heute, sondern vielleicht mit dem vor 50 Jahren. Trotzdem - alle haben ihren Spaß und in Zukunft wird sich da sicher viel bewegen. Aber es braucht eben seine Zeit!