Ferrari ist derzeit in aller Munde - leider nicht wegen sportlicher Erfolge. Zunächst gab es die Abwanderungsgerüchte von Fernando Alonso, anschließend die öffentliche Schelte durch den Präsidenten. Anschließend machte das Gerücht die Runde, dass die Scuderia Kimi Räikkönen zurück nach Maranello holen will. Doch die Mythosmarke könnte wieder positiv in die Schlagzeilen kommen - wenn auch nicht mit Erfolgen in der Königsklasse. Doch Ferrari soll derzeit über einen werksseitigen Start in Le Mans diskutieren - mit einem Prototypen.

Gegenüber Motorsport-Magazin.com wollte Ferrari eine Rückkehr an die Sarthe nicht ausschließen. "Wir hatten auch in der Vergangenheit schon spezielle Projekte, wie zum Beispiel jenes auf Basis des FXX und wir haben viele Ideen, an denen wir im Moment arbeiten. Wie auch immer, es wäre zu früh, um über dieses spezielle Thema [Le Mans] mehr zu sagen." Derzeit unterstützt die Scuderia lediglich Kundenteams beim Einsatz ihrer GT-Boliden auf Basis des Ferrari 458 Italia.

"Parallel zu unserem Formel-1-Programm haben wir schon immer viel Aufmerksamkeit auf andere Rennserien aufgewandt", erklärte Ferrari weiter, derzeit habe man sich auf GT-Autos konzentriert, um den Technologietransfer für Straßen-PKWs sicherzustellen. Allerdings wurde dieses Engagement eher halbherzig betrieben, ein richtiges Werksteam gab es nicht, auch wenn Ferrari-Werksfahrer Giancarlo Fisichella für Einsätze an das werksnahe Team AF Corse ausgeliehen wurde, mit dem er 2012 den Klassensieg feiern konnte.

Ferrari hat eine lange Le-Mans-Tradition, Foto: Sutton
Ferrari hat eine lange Le-Mans-Tradition, Foto: Sutton

Unabhängig von einem Engagement beim Langstreckenklassiker in Le Mans soll aber die Formel 1 weiterhin das Aushängeschild der Italiener bleiben. "Seit über 60 Jahren ist die Formel 1 nun Teil der Ferrari-DNA und unsere Hingabe zu diesem Sport wird so lange andauern, wie er eine relevante Plattform für Technologie, Forschung und Entwicklung auf höchstem Niveau für unsere Straßenautos, und gleichzeitig einen fairen sportlichen Wettkampf bietet." Damit spielt Ferrari wieder auf einen Umstand an, der Präsident Luca die Montezemolo schon lange ein Dorn im Auge ist. Die Aerodynamik sei zu wichtig, schließlich würden Rennen mit Autos gefahren und nicht mit Flugzeugen.

Genau das könnte der Reiz in der World Endurance Championship sein. Das Antriebskonzept und dessen Umsetzung scheinen dort deutlich leistungsbestimmender als die Aerodynamik. Verschiedenste Konzepte konkurrieren in der Langstreckenweltmeisterschaft miteinander, Audi fährt zum Beispiel mit Diesel-Aggregat und Allrad, während Toyota als ärgster Konkurrent mit Benzin-Motor und Hinterradantrieb seine Kreise dreht. Zentraler Bestandteil aller Technologien: Die Energierückgewinnung.

Das GT-Projekt betreibt Ferrari eher halbherzig, Foto: Speedpictures
Das GT-Projekt betreibt Ferrari eher halbherzig, Foto: Speedpictures

Verschiedenste Konzepte werden vor allem durch die Tankgröße geregelt. Alles Faktoren, die in der Formel-1-Saison 2014 ebenfalls zentrale Rollen einnehmen werden. Die Benzinmenge wird auf 100 Kilogramm begrenzt, wodurch die Boliden rund 30 Prozent Kraftstoff einsparen sollen. Gleichzeitig wird die Leistung auf einem ähnlichen Niveau bleiben, weil die Energierückgewinnung deutlich erhöht wird. Mit der Einspeisung kinetischer- (ERS-K) und Wärmeenergie (ERS-H), wird der Elektroantrieb doppelt so stark, leistet dann zirka 160 PS und darf 30 Sekunden pro Runde abgerufen werden.

Im Gegensatz zu aktuellen Formel-1-Motoren sind die neuen Power-Units also deutlich Le-Mans-näher. Zwar bedarf es auch mit den 1,6-Liter-Turbo-Aggregaten etlicher Anpassungen für den Langstreckeneinsatz - so profan wie von vielen angenommen ist auch das nicht -, doch eine komplette Neukonstruktion ist nicht nötig. Allerdings ist es ein großer Unterschied ob ein Motor vier Rennwochenenden überstehen, oder 24 Stunden am Stück halten muss. Auch an Dinge wie Wartungsfreundlichkeit muss gedacht werden, schließlich sind Reparaturarbeiten während eines Formel-1-Rennens nicht möglich, in Le Mans aber sehr wohl.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Ferrari in Le Mans: Ein Traum für viele Tifosi. 2014 steigt Porsche ein, ein Jahr später könnte die Scuderia zurückkommen. Somit könnte es wieder zum ewig epischen Duell kommen, das in den letzten Jahren leider nicht mehr ausgetragen wurde. Doch ob es wirklich dazu kommt, ist fraglich - aber nicht ausgeschlossen. Wie Fernando Alonso könnte auch Ferrari Politik machen: Um zu zeigen, dass es nicht nur die Formel 1 gibt. Doch träumen darf erlaubt sein. (Christian Menath)