Wie wichtig war der sechste Platz in Kanada für dich?
Jean-Eric Vergne: Das war nichts Besonderes. Natürlich war es ein gutes Ergebnis, auf das alle gewartet haben, und dort sollten wir auch sein. Die Performance des Autos war da und der sechste Platz war das beste Resultat, das wir erreichen konnten, weil niemand ausgeschieden ist oder Probleme hatte. Dem Team wurde durch das Ergebnis viel Auftrieb verliehen und es zeigt, dass wir die Performance und die Leute haben, um gute Resultate zu erzielen. Daher müssen wir in diese Richtung weiterabreiten. Aber es war nichts Besonderes, denn es war nur ein sechster Platz und ich möchte ihn nicht an die große Glocke hängen, aber andererseits hatten wir lange Zeit keine guten Ergebnisse und das Team wurde daher sehr motiviert, was wichtig ist.

Auch Vergne war ein Opfer Reifen, Foto: Sutton
Auch Vergne war ein Opfer Reifen, Foto: Sutton

Hättest du schon zuvor auf diesem Level fahren können?
Jean-Eric Vergne: Das ist immer schwierig zu sagen, aber in einer besseren Position auf jeden Fall. Hätte der Reifen in Silverstone zum Beispiel nicht meinen Unterboden zerstört... ich war am gesamten Wochenende schneller als Massa. Nach dem ersten Safety Car war er drei Plätze hinter mir, beendete das Rennen aber als Fünfter, obwohl ich am Ende neue Option-Reifen hatte. Ich möchte nicht sagen, dass ich es besser gemacht hätte, aber es war möglich.

Wo steht Toro Rosso momentan? In den Top-10 mit Blick nach vorne, wenn die vier großen Teams Probleme haben?
Jean-Eric Vergne: Ich denke, das hängt von der Strecke ab. In Silverstone war das definitiv der Fall. Am Nürburgring war es hingegen etwas schwieriger, weil er dem Auto nicht so gut liegt. Nicht jedes Wochenende ist perfekt, aber es läuft viel besser als im letzten Jahr und zu Saisonbeginn und wir verbessern uns immer weiter.

Das Auto kommt auf Strecken mit schnellen Kurven also besser zurecht. Dann musst du dich ja schon auf Spa und Suzuka freuen...
Jean-Eric Vergne: Ja, Spa wird ein gutes Rennen für uns. Ich mag die Strecke wirklich sehr.

Wie groß ist der Anteil von James Key am Erfolg des Teams?
Jean-Eric Vergne: Er ist sehr, sehr wichtig für uns und weiß, wie man ein gutes Auto baut. Aber er weiß auch, welche Leute er um sich benötigt und wie man die Techniker managt. Daher ist er ein sehr guter technischer Direktor. Ich denke, wir werden von seinem Einfluss am Ende der Saison noch viel mehr sehen.

Was ist für Toro Rosso noch möglich? Könnt ihr zumindest das Niveau von Force India erreichen?
Jean-Eric Vergne: Force India ist in diesem Jahr wirklich sehr schnell. Wir jagen sie und in Silverstone waren wir genauso schnell wie sie. Wir lagen zu Saisonbeginn sieben oder acht Zehntel hinter ihnen, holen jedoch auf und werden das Jahr hoffentlich vor ihnen beenden. Die Top-Teams zu schlagen wird sehr schwierig, weil wir nur ein kleines Team sind, aber ich denke, wir können noch einige gute Resultate erzielen.

Toro Rosso will vor Force India stehen, Foto: Sutton
Toro Rosso will vor Force India stehen, Foto: Sutton

Wie fühlt man sich als Fahrer, wenn man plötzlich in jedem Rennen in die Punkte fahren kann?
Jean-Eric Vergne: Es ist natürlich eine andere und bessere Motivation. Es ist schön zu wissen, dass man in einem Auto um Punkte und wirklich gute Ergebnisse kämpft und nicht nur um den 15. Platz. Das motiviert mich und alle Leute im Team.

Wie würdest du deine Entwicklung in den letzten 18 Monaten beschreiben?
Jean-Eric Vergne: Ich denke, ich habe im gesamten vergangenen Jahr eine gute Entwicklung genommen. Im Winter habe ich noch einmal einen großen Schritt nach vorne gemacht und entwickle mich jetzt während der Saison immer weiter.

In welchen Punkten hast du dich besonders gesteigert?
Jean-Eric Vergne: Überall. Das Verständnis des Wagens, die technischen und sportlichen Aspekte sowie für die gesamte Saison zu einhundert Prozent fit zu sein. Hinzu kommt das Verstehen der Reifen und ein Fahrstil, um schnell im Qualifying zu sein, die Reifen im Rennen aber nicht zu sehr zu verschleißen.

Du musstest all diese Dinge an Rennwochenenden lernen, da es kaum mehr Testfahrten für junge Piloten gibt...
Jean-Eric Vergne: Das macht es natürlich schwieriger. Es ist hart, aber man hat keine Wahl.

Wie lange benötigt ein Fahrer, bis er alles gelernt hat?
Jean-Eric Vergne: Ich denke, drei Jahre. Ich sehe mich noch nicht auf meinem höchsten Level, denn mir fehlt noch einiges zu hundert Prozent. Wenn ich im kommenden Winter noch einmal so einen Schritt mache, wird das nächste Jahr wirklich gut für mich.

Sollte also jeder Fahrer drei Jahre Zeit bekommen, bevor er abschließend beurteilt wird?
Jean-Eric Vergne: Nein, denn wenn ich schlecht wäre, würde ich keine drei Jahre bekommen. Wenn mir der Big Boss die Chance gibt, mein Potenzial für ein, zwei oder drei Jahre zu zeigen, muss ich die Resultate liefern, die man von mir erwartet.

Vergne könnte auf Webber folgen, Foto: Sutton
Vergne könnte auf Webber folgen, Foto: Sutton

Verändert sich etwas für dich, weil du weißt, dass bei Red Bull ein Platz freigeworden ist?
Jean-Eric Vergne: Als ich in der Formel 3 war, wusste ich, dass ich in die Formel 1 gehen kann, wollte jedoch nicht daran denken. Ich habe mich nicht darum gekümmert und jeden Tag das Maximum gegeben, um Erfolg zu haben, denn ich wollte nicht enttäuscht werden, die Formel 1 zu verpassen. Ich verfolge jetzt den exakt gleichen Ansatz. Ich gebe hundert Prozent und habe alles selbst in der Hand. Es stört mich nicht wirklich und ich verliere nicht den Fokus. Natürlich wäre es ein Traum, für Red Bull zu fahren und ich würde das wie viele andere Fahrer auch liebend gerne tun, aber ich will nicht daran denken, denn sonst verliert man die Konzentration.

Wie sieht deine Beziehung zu Daniel Ricciardo aus?
Jean-Eric Vergne: Wir sind Kollegen und arbeiten zusammen für das Team.

Tauscht ihr untereinander Daten aus?
Jean-Eric Vergne: Natürlich müssen wir das, denn die Arbeit für das Team ist wichtig. Wir haben nur zwei Autos, um etwas auszuprobieren.

Passen eure Fahrstile zusammen?
Jean-Eric Vergne: Mehr oder weniger.

Vergne und Vettel - bald Teamkollegen?, Foto: Sutton
Vergne und Vettel - bald Teamkollegen?, Foto: Sutton

In welchen Bereichen kannst du dich noch verbessern, wenn du dich zum Beispiel mit Sebastian Vettel vergleichst?
Jean-Eric Vergne: Ich gebe dir ein gutes Beispiel: Wenn es eine Sekunde Zeitunterschied pro Runde gibt, klingt das nach enorm viel, aber sieht man sich die Daten an, gibt es keine besondere Kurve, in der er eine Sekunde schneller fährt. Es kommt ein bisschen auf das Bremsen, die Beschleunigung, den Kurvenausgang und so weiter an. Eine halbe Zehntel hier, eine halbe Zehntel dort und unter dem Strich ist es dann eine Sekunde. Kleine Details machen den Unterschied aus.

Wie wichtig ist die mentale Komponente für einen Rennfahrer?
Jean-Eric Vergne: Sehr wichtig. Das war immer meine größte Stärke und liegt in meiner Natur. Ich schlage mich immer gut, wenn es darauf ankommt. Wenn es ein Rennen gibt, das ich für die Meisterschaft gewinnen muss, bin ich da.