Das achte Qualifying der Saison steht vor der Tür. Tatort: Silverstone. Mercedes hinterlässt auf einer schnellen Runde wieder einmal einen bärenstarken Eindruck, doch Red Bull klebt dem Silberpfeil im Heck. Am Samstag hui, sonntags pfui? Nico Rosberg und Lewis Hamilton blicken gebannt gen Himmel, die Konkurrenz von Red Bull eher nach vorn. Ferrari und Lotus sind noch nicht bei der Musik, es gibt Probleme - und einen diskutablen Haarschnitt. Motorsport-Magazin.com nimmt die Form der Top-Teams unter die Lupe.

Red Bull

Mark Webber und Sebastian Vettel schlossen das 2. Training am Freitag auf den Plätzen zwei und drei ab - die Jagd auf den Silverstone-Triumph ist eröffnet. Nach Vettels dominanter Vorstellung zuletzt in Kanada gilt der amtierende Champion als Top-Favorit auf den Sieg in Großbritannien. Größter Gegner scheint aktuell Mercedes zu sein, der Rest der Favoriten hinkt noch hinterher. Großer Pluspunkt bei Red Bull: Die Reifen halten bislang und auch auf den Longruns sah es gut aus. "Die Basis ist gut", bescheinigte Vettel dem Team gute Arbeit mit den neuen Teilen, die die Truppe für das Heimrennen im Gepäck hat.

Red Bull ist gerüstet, Foto: Sutton
Red Bull ist gerüstet, Foto: Sutton

Webber, der am Donnerstag infolge seiner Porsche-Bekanntgabe, den kompletten medialen Fokus auf sich gezogen hatte, klang ebenfalls recht zufrieden mit der Performance des RB9-Boliden. "Wir haben heute den Fokus auf die Balance des Autos gerichtet und sie war ganz gut", so der zum Saisonende scheidende Australier. Aktuell dürfte Mercedes im Qualifying noch leicht die Nase vorn haben - wie zuletzt eigentlich immer - doch Punkte gibt es bekanntlich erst im Rennen. Webber dazu: "Die Renn-Pace muss stark sein, die Qualifying-Pace ist nicht so entscheidend." Alle Seiten erwarten auf jeden Fall ein enges Rennen - gut für die Fans, die am Freitag dank Briten-Wetter und kaum Fahr-Action schon genug aushalten mussten.

Mercedes

"Über eine Runde ist unser Auto immer noch schnell, das Qualifying sollte für uns als in Ordnung sein", stellte Nico Rosberg am Freitag nach den ersten beiden Trainings zum Großbritannien GP mit einem Grinsen fest. Kein Wunder: 36 Runden spulte der 28-Jährige an Tag eins auf der Insel ab, am Ende stand P1 zu Buche. "Ich bin schon zuversichtlich...", sagte der Monaco-Sieger, hatte dabei aber die akute Reifenproblematik der Silberpfeile vor Augen. Im weiteren Verlauf des Wochenendes soll es wärmer werden und das schmeckt dem F1 04 bekanntermaßen nicht. Im Hinblick aufs Qualifying kann man sein Geld jedoch getrost auf Mercedes setzen, dort war das Team in den vergangenen Monaten eine absolute Macht.

Torte, Pole und Sieg?, Foto: Mercedes-Benz
Torte, Pole und Sieg?, Foto: Mercedes-Benz

Vor den Augen von Paddy Lowe, der zum ersten Mal für Mercedes an der Rennstrecke ist, hatte dessen Landsmann Lewis Hamilton hingegen etwas mehr zu kämpfen als Rosberg. Platz sechs im 2. Training und obendrein eine Menge Fragezeichen. "Ich habe noch ein paar Schwierigkeiten mit der Balance meines Autos, deshalb steht uns über Nacht noch etwas Arbeit bevor, um in das richtige Fenster für das Qualifying zu gelangen, denn noch entspricht das Paket nicht ganz meinen Vorstellungen", hielt sich Hamiltons Euphorie eher in Grenzen. Laut Toto Wolff seien Rosberg und Hamilton unterschiedliche Programme gefahren, um noch mehr über den schnellen, aber nicht immer konstanten Silberpfeil in Erfahrung zu bringen. Ein ähnlicher Abfall wie beim Spanien Grand Prix soll sich bloß nicht wiederholen, da kann jedes Bruchstück an Wissen nur helfen.

Ferrari

Die Scuderia erlebte in Silverstone einen gebrauchten Tag. Fernando Alonso, der endlich danach trachten muss, den Rückstand auf Sebastian Vettel zu reduzieren, um weiterhin im Titelkampf zu bleiben, kam nicht über den zehnten Platz hinaus und zeigte sich ob des britischen Wetters ziemlich genervt. "Unser Programm war heute nicht anders als gewöhnlich", erklärte der Spanier nach dem mageren Abschneiden, wollte aber auch nicht zu viel hineininterpretieren, denn für das verbleibende Wochenende werden kein Regen und wärmere Temperaturen erwartet. "Um für das Rennen die richtige Wahl zu treffen, müssen wir miteinbeziehen, dass die Bedingungen, die wir am Sonntag erwarten, im Vergleich zu heute sehr unterschiedlich sein werden", mahnte er.

Massas schlimmster Feind: Regen, Foto: Sutton
Massas schlimmster Feind: Regen, Foto: Sutton

Noch einmal deutlich schlechter als Alonso erging es seinem Teamkollegen Felipe Massa. Der Brasilianer flog am Nachmittag nach lediglich sieben Runden ab und versäumte daher wichtige Trainingszeit. "Die Strecke war noch nass, ich war mit den ganz harten Reifen unterwegs, und wir haben ja eh schon ein Problem, die einigermaßen auf Temperatur zu bekommen. Das Auto ging halt hinten weg und ich konnte es nicht mehr halten", schilderte er bei Motorsport-Magazin.com. Groß sei der Schaden zwar nicht gewesen, aber dennoch habe er sich bei seiner Crew entschuldigt, so Massa. "Ich war immer loyal und ehrlich, und wenn ich dann meinen Mechanikern wie heute zusätzliche Arbeit mache, dann gehört sich das auch so", stellte er klar. Am Samstag gelte es nun, die verlorene Trainingszeit wettzumachen und sich auf den Reifen einzuschießen.

Lotus

Kimi Räikkönen und Romain Grosjean hatten am Freitag in Silverstone alle Hände voll zu tun, denn eigentlich wollten die Lotus-Piloten die zahlreichen neuen Teile erproben, doch dem machte am Vormittag das Wetter einen Strich durch die Rechnung, weshalb sich die Arbeit auf den Nachmittag verlagerte. Während Räikkönen in der zweiten Session das Drag Reduction Device des Teams einer neuerlichen Ausfahrt unterzog, testete der Franzose ein neues Aerodynamik-Paket, das die erwarteten Ergebnisse erbrachte. "Romains Auto scheint mit dem neuen Aero-Paket gut zu funktionieren", sagte Chefingenieur Alan Permane. "Die Rundenzeiten von heute Nachmittag bereiten uns keine Kopfschmerzen."

Was versteckt der Eismann?, Foto: Sutton
Was versteckt der Eismann?, Foto: Sutton

Räikkönen, der vor allem wegen seines eigenwilligen Haarschnitts die Kameras auf sich zog, beendete den Tag schlussendlich als 13. und rangierte damit vier Ränge hinter seinem Stallgefährten. Trotz der lediglich mäßigen Position wollte der Iceman den frisch geschorenen Kopf aber keineswegs hängen lassen. "Wir hätten im zweiten Training noch schneller fahren können, wenn wir gewollt hätten. Nicht unbedingt die Bestzeit, aber es sollte gut aussehen", meinte er kryptisch. Was noch fehlt, sind Erkenntnisse über die weichen Reifen, denn Räikkönen fuhr am Nachmittag lediglich den härteren Compound. "Wir haben einen Reifensatz gespart, den können wir morgen einsetzen", betonte er. "Auch werden wir dann mit den weichen Reifen fahren, denn dann sollen die Bedingungen besser sein, sodass wir mehr damit lernen können."