"Ich denke, wir müssen positiv bleiben, denn wir wissen noch nicht, wie morgen die Bedingungen sind", bremste Fernando Alonso nach dem Zeittraining zum Großen Preis von Kanada am Samstag die Panik im Lager der Roten. Für viele galt Ferrari vorab als Mitfavorit auf die Spitze - mit den Plätzen sechs für Alonso und 16 für den einmal mehr verunfallten Felipe Massa konnte bei der Scuderia einen Tag vor dem Rennen keiner zufrieden sein. Alonso betrieb anschließend Ursachenforschung. "Wir haben schon in Monaco und hier nun wieder gesehen, dass wir nicht komplett konkurrenzfähig sind... erst recht nicht, wenn es gemischte oder kühlere Bedingungen gibt und wir dann die mittlere Reifenmischung aufziehen müssen", verriet der Asturier, der anfügte: "Für Lotus gilt das übrigens auch, die hatten genau die gleichen Probleme wie wir."

Das Dilemma sei recht einfach: Je besser das Auto im schonenden Umgang mit den Reifen sei, desto schwieriger habe man es aber bei derlei Verhältnissen, wie man sie nun in Kanada vorfand. Die Reifenfresser von Mercedes und Red Bull wähnte Alonso da schon im Vorteil. "Für Lotus und uns ist es schwierig, die genauen Gründe zu verstehen", fand der Spanier. Dass Ferrari letztes Jahr im Regen noch eine Macht gewesen sei, heute aber bei nassen Bedingungen mehr Probleme hätte, machte er an folgendem fest: "Die Philosophie des Autos ist jetzt eine andere, denn es geht heuer auch mehr darum, wie viel Hitze man in die Reifen generiert. Es gibt Teams, die die Reifen schnell auf Temperatur bringen, dann aber im Rennen Probleme bekommen, weil die Pneus dann zu schnell kaputtgehen." Eben das sei am Sonntag mit Blick auf die Konkurrenz vor einem Ferraris großer Trumpf - vorausgesetzt es gibt ein Trockenrennen.

Kälte? In einem Boot mit Lotus...

Ungemütlich: Das Wetter kam Alonso & Ferrari nicht entgegen, Foto: Sutton
Ungemütlich: Das Wetter kam Alonso & Ferrari nicht entgegen, Foto: Sutton

Auch glaubte Alonso: "Die Entwicklung der Strecke wird dann morgen im Rennen bestimmt größer sein, als das normal der Fall ist - aber das ist für alle gleich und wird sich sicherlich ziemlich auf die Strategie auswirken." Hier ortete der Doppelweltmeister Potenzial für große Sprünge nach vorne. "Da müssen wir clever sein, denn ich glaube, es wird gleich eine ganze Reihe an Möglichkeiten geben..." Eben diese Vielfalt an Optionen bot sich einem natürlich auch schon im Regen am Samstag. Alonso meinte: "Es war nicht einfach, es bei solchen Verhältnissen wie heute richtig zu machen, dafür jedoch sehr einfach, es falsch zu machen." Das habe man schon in Q1 sehen können. "Da sind gleich einige eigentlich starke Autos rausgeflogen, wie etwa Di Resta und Grosjean. Und auch bei Felipe haben wir gesehen, dass er in Q2 ein großes Problem hatte und in der Mauer gelandet ist", so Alonso.

"Platz sechs gibt mir also wenigstens noch die Möglichkeit, morgen zu kämpfen - vorausgesetzt, wir sind schnell genug im Rennen. Wenn das aber der Fall ist, sind wir in einer Position, in der wir alle Chancen haben, das Rennen noch zu gewinnen", glaubte der Ferrari-Star. Trotzdem räumte er ein: "Natürlich ist das heutige Ergebnis etwas enttäuschend, denn wir haben uns dieses Wochenende mit dem Auto eigentlich sehr schnell gefühlt. Morgen müssen wir es jetzt auf den richtigen Weg bringen und hoffentlich holen wir dann viele Punkte und zeigen endlich einmal das volle Potenzial unseres Boliden." Mit diesem sei man an sich nämlich sehr zufrieden. "Leider konnten wir nur heute nicht das Maximum herausholen, weil wir nicht die perfekte Runde zum richtigen Zeitpunkt zustande gebracht haben", räumte der 31-Jährige ein.

Was Alonso besonders ärgerte, war der Fakt, dass er anschließend recht schnell sagen konnte, wie man es viel weiter nach vorne geschafft und wann genau man hätte fahren müssen: "Ich glaube, das wäre ungefähr zu Mitte von Q3 der Fall gewesen... denn am Ende war es schon wieder zu nass und kaum einer konnte sich noch verbessern. Genau als alle an den Boxen standen also - da wäre es ideal gewesen", so der Spanier, der aufklärte: "Die meisten sind zwei [Runden] plus zwei [Runden] gefahren, wir ohnehin nur eins plus zwei. Da haben wir definitiv etwas liegenlassen." Sein Problem am Ende: "Mit den neuen Reifen habe ich mich auf dem zweiten Run dann gleich einmal in Kurve zehn verbremst und viel Zeit verloren." Alonsos Schlussfolgerung: "Das waren heute einfach zu viele kleine Fehler und dann ist man eben nur Sechster."