Hat Mercedes seine Karten aufgedeckt? Bedeuten die Fabelzeiten von Lewis Hamilton und Nico Rosberg, dass sich Red Bull, Ferrari und McLaren warm anziehen müssen? Diese Fragen schwirrten nach dem Testende im Fahrerlager von Barcelona herum. "Die beeindruckenden Rundenzeiten beweisen, dass Mercedes alles hat, um in diesem Jahr Rennen und die WM zu gewinnen", glaubt Ex-Technikdirektor Gary Anderson.

Hamilton legte am Samstag eine absolute Bestzeit vor, Foto: Sutton
Hamilton legte am Samstag eine absolute Bestzeit vor, Foto: Sutton

Blickt man auf die nackten Zahlen, dann kann Mercedes voller Selbstvertrauen nach Australien reisen. Hamiltons Bestzeit von Samstag war rund 1,7 Sekunden schneller als die Pole Position-Zeit des Vorjahres, Rosberg unterbot diese Zeit sogar noch einmal um vier Zehntel. Annähernd an die Mercedes-Zeit heran, kam am finalen Testtag nur Fernando Alonso. Jenson Button hatte als Dritter bereits eine Sekunde Rückstand. Der Abstand zu Sebastian Vettel betrug bereits über 2,3 Sekunden.

Doch das lockte den Weltmeister nicht hinter dem Ofen hervor. "In Sachen Sprit hilft es, etwas weniger hineinzufüllen", lautete die knappe, aber inhaltsreiche Aussage des Weltmeisters zur Tagesbestzeit seines Landsmannes. Mit den Spritmengen der Konkurrenz beschäftigte sich auch Lotus. Teamchef Eric Boullier zeigte sich von so mancher Performance der Konkurrenz überrascht. In Bezug auf die Qualifying- und Rennpace sieht er allerdings nicht die gleichen Teams vorne.

"Mercedes war auf einer schnellen Runde definitiv schnell, aber sobald die Teams auf eine Rennsimulation mit viel Sprit gehen, ist die Geschichte wieder eine völlig andere", stellte Boullier fest. Könnte also heißen, dass Mercedes nur im Qualifying eine Gefahr darstellt, nicht aber unter Rennbedingungen. Kimi Räikkönen und Romain Grosjean zeigten sich zumindest unbeeindruckt. "Lewis war am Samstag sauschnell. Das muss aber nichts heißen", meinte Grosjean. Räikkönen gab zu bedenken, dass Mercedes 2012 ebenfalls keinen schlechten Wintertest hinlegte. Zu Saisonende musste der Rennstall sogar um den fünften Platz in der Konstrukteurswertung bangen.

"Ich denke, dass Mercedes die Leute überraschen kann. Allerdings sahen sie hier im vergangenen Winter auch stark aus. Es überraschte mich dann, dass sie es in den meisten Rennen nicht mehr waren", erinnert sich der Finne. Genau dieses Szenario fürchtet Mercedes mehr als alles andere und hütet sich davor die eigene Performance überzubewerten. "Testfahrten sind immer so eine Sache, denn manche Teams zeigen nicht annähernd das, was sie drauf haben. Deshalb werden wir jetzt auch nicht euphorisch wegen unserer Rundenzeiten", trat Rosberg auf die Euphoriebremse.

Die gleichen Töne schlägt Teamkollege Lewis Hamilton an. "Es ist wichtig, auf dem Boden zu bleiben und zu wissen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Ihr solltet also nicht überrascht sein, wenn wir beim ersten Rennen nicht an der Spitze sein sollten." Ob das Tiefstapelei ist oder tatsächlich der Wahrheit entspricht, wird sich erst in Melbourne offenbaren, wenn alle Teams die Hosen runterlassen.