"Als ich ihn beim ersten Prüfstandtest dabei gestanden habe, hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht", verriet Andy Cowell, Geschäftsführer von Mercedes High Performance Engines über den Sound des neuen V6-Turbo-Triebwerks. Viele Fans hatten befürchtet, der Umstieg von hochdrehenden V8-Saugmotoren auf Turbo-Aggregate würde den einzigartigen Sound-Charakter der Formel 1 verletzten. Schon die Reduktion von 20.000 Umdrehungen auf eine Maximaldrehzahl von 18.000 kam bei den Fans nicht besonders gut an. Bei der neuen Motorengeneration darf sich die Kurbelwelle 'lediglich' 15.000 Mal pro Minute drehen, jedoch ist dieser Wert noch mit Vorsicht zu genießen.

Geht es nach Rob White, stellvertretender Geschäftsführer und oberster Motorenentwickler bei Renault Sport F1, werden die Fans über weite Strecken wohl noch deutlich weniger Kreischen an den Rennstrecken hören. "In Wirklichkeit werden wir dieses Limit [15.000 1/min] nicht einmal ausreizen. Effizienz bedeutet auch bei Rennmotoren, maximale Leistung bei möglichst geringen Drehzahlen zu erzielen." Wenn 2014 die maximale Spritmenge auf 100 Liter reglementiert wird, spielt der Benzinverbrauch eine noch elementarere Rolle, als er das heute tut. Höhere Drehzahlen bedeuten größere Lagerkräfte und höhere Kolbengeschwindigkeiten, die wiederum zu höherer Reibung führen - kurzum: zu erhöhtem Spritverbrauch.

Diese Argumentationskette führt für White zu folgendem Schluss: "In Anbetracht der maximalen Benzindurchfluss-Menge von 100 Kilogramm pro Stunde erwarte ich Höchstdrehzahlen um die 12.000 Umdrehungen." Alarmierten Fans gab er allerdings Entwarnung: "Damit sprechen wir immer noch von extrem hochdrehenden Motoren." Dabei muss bedacht werden, dass Turbomotoren einen anderen Drehmomentverlauf haben wie hochdrehende Saugmotoren, die ihre maximale Leistung in der Regel erst im oberen Drehzahlbereich abrufen können. Deshalb sind jetzt die Ingenieure gefordert, möglichst viel Leistung schon im unteren Drehzahlbereich zu Verfügung zu stellen, um auch im 'Benzin-Spar-Modus' ausreichend Power an die Kurbelwelle zu schicken.

Spielwiese für Ingenieure

Natürlich hat die FIA auch für die neue Motorengeneration einige Rahmenbedingungen festgelegt, um Kosten zu senken. So werden beispielsweise Mindestgewicht, Zylinderwinkel, Bohrungs-Hub-Verhältnis und die Zahl der Ventile reglementiert, auch um sicherzustellen, "damit kein Hersteller etwas Verrücktes tut", wie Andy Cowell erklärte. Für die Ingenieure sind die Motoren aber dennoch eine Spielwiese, wie Renault-Mann White meint. "Gleichzeitig bleiben Zehntausende andere Freiheiten für unsere Konstrukteure", und nannte eine davon, die aber wahrscheinlich nicht genutzt wird: "Obwohl die Verwendung des besonders leichten Magnesiums wieder erlaubt ist, dürften auch 2014 der Motorblock und der Zylinderkopf aus Aluminium bestehen."

Nach der Jahrtausenwende schafften die BMW-Motoren über 20.000 1/min, Foto: Sutton
Nach der Jahrtausenwende schafften die BMW-Motoren über 20.000 1/min, Foto: Sutton

Eine Änderung wird es allerdings beim Befüllen der Brennräumen geben. "Direkteinspritzung war bisher zwar nicht verboten, wegen des limitierten Benzindrucks aber nicht sinnvoll." Diese Tatsache wird sich 2014 ändern. "Wenn wir diese Technologie jetzt für unseren neuen Formel 1-Motor nutzen, profitieren wir von den Erfahrungen, die Renault mit den TCe-Serientriebwerken gemacht hat", erklärte White, betonte aber zugleich, dass den Gemeinsamkeiten in Rennsport und Serie mindestens so viele Gegensätze gegenüberstehen. "So ähnlich die Technologie im Prinzip ist, so sehr wird sich die Ausführung zwischen Serie und Rennsport in vielen Details unterscheiden."

Worin genau, erklärte er ebenfalls: "Unser Motor läuft rund 70 Prozent der Zeit auf Vollgas, ein Straßenauto so gut wie nie. Und bei uns kommt es gerade auf den Kraftstoffverbrauch und die Leistungsentwicklung bei voll geöffneten Drosselklappen an." In der Serie würde Kraftstoff 'verschwendet' um die Brennräume unter Volllast zu kühlen. Dies ist in der Formel 1 undenkbar, muss schließlich jeder Milliliter Benzin in pure Leistung umgewandelt werden.