"Wir sind selbst überrascht von Pastors Runde", lachte Mark Gillan nach Startreihe eins für seinen Williams-Schützling. Der Chefingenieur erklärte: "Wir wussten nach dem Freitag zwar bereits, dass wir auf dem weichen Reifen sehr stark sind, weniger aber auf der supersoften Mischung. Wir haben aber gestern und heute noch einmal viel daran gearbeitet und unsere Long-Run-Pace ist eigentlich noch besser als die Qualifying-Pace." Nun also trotzdem schon auf P2 zu stehen, sei folglich mehr als nur ein gutes Vorzeichen. Gründe dafür gäbe es viele: "Die Strecke hat sich verändert und scheinbar zu Gunsten unserer Performance... wir sind immer schneller geworden", grinste Gillan, der die Fortschritte am FW34 nicht nur an Maldonados Runde festmachen wollte.

"Wir haben das auch bei Bruno gesehen, er ist dann aber leider in der Mauer gelandet." Trotz des Missgeschicks des Brasilianers war sich der Techniker sicher: "Andernfalls hätte auch er hart attackieren können." Der Schlüsselbereich sei in Singapur einmal mehr der Reifensektor - genauso wie das zügige Nachrüsten mit neuen Teilen. "Alle bringen Updates, auch wir", sagte Gillan. "Das steigert die Performance, wie Pastor heute ja dann unter Beweis gestellt hat." Mit der Entwicklungsrate im Hause Williams zeigte sich der Brite zufrieden. Er verkündete: "Da muss man der Aero-Crew in Grove ein großes Kompliment aussprechen." Auch habe man kaum Fehlentwicklungen: Alle neuen Teile, die aufs Auto kommen würden, würden dort im Normalfall auch bleiben.

Abteilung Grove macht den FW34 flott

Freie Sicht am Start: Maldonado fährt aus Reihe eins los, Foto: Sutton
Freie Sicht am Start: Maldonado fährt aus Reihe eins los, Foto: Sutton

"Die Transformation aus dem Windkanal auf die Strecke läuft hervorragend", strich Gillan hervor. Erst einmal an der Rennpiste angekommen, sei es dann aber der Job des Teams und letztendlich auch der Fahrer, alles perfekt umzusetzen. Maldonado sei dies am Samstag mit Bravour gelungen. "Pastor ist ein besonderes Talent und als Fahrer und in Sachen Grundspeed einfach unglaublich schnell", fand der Techniker. Dass man nun in Singapur wieder um die Spitze mitkämpfen könne, sei mehreren Dingen geschuldet. "In den letzten Rennen war unser Auto mit Sicherheit nicht so gut wie heute. Wir haben hart gearbeitet, um uns hier schnellstmöglich an alles anzupassen und das scheint sich auszuzahlen." Noch einmal mit Blick auf Maldonado wollte er trotzdem anfügen: "Es gibt nicht viele, die heute mit diesem Auto schneller gewesen wären." Dass einem die Strecke entgegenkommen würde, sei aber auch klar.

"Aerodynamisch ist der FW34 stark und bei diesen Klimabedingungen, wie wir sie hier vorfinden, funktioniert alles gut." Während nach Meinung Gillans bei einigen Konkurrenten eventuell Probleme mit der Bremskühlung auftreten würden, laufe bei Williams alles glatt. Auch den auf Grund der vielen Lichtmaschinendefekte jüngst arg gescholtenen Renault-Motor wollte Gillan loben. "Hier läuft er sehr gut und wir verlieren vielleicht auch deshalb im Vergleich mit den anderen nicht so viel Performance." Die allgemeine Kritik an den Franzosen konnte er nicht verstehen. "Unsere Beziehung mit Renault ist sehr gut. Man muss aber auch dazusagen: Wir hatten glücklicherweise nie irgendwelche Probleme mit der Lichtmaschine." Insgesamt wollte er dem Hersteller bescheinigen: "Sie haben aber hart gearbeitet, um alles zu beheben, was nicht passte."

Maldonado soll Hamilton am Sonntag Druck machen, Foto: Sutton
Maldonado soll Hamilton am Sonntag Druck machen, Foto: Sutton

Als Zuseher müsse man verstehen, dass so etwas aber nicht ganz so einfach ginge. "Denn ohne Testfahrten ist das heutzutage sehr schwer. Außerdem sind sie offen mit dem Problem umgegangen und das muss man ihnen auch anrechnen", fand Gillan. Mit Blick auf sein eigenes Team machte er ebenso noch Verbesserungspotenzial aus. "Es gibt noch Bereiche, in denen unser Auto schwächer ist als in anderen. Wir wissen darum, aber solche Dinge sprechen wir intern an und arbeiten dann daran. Wenn wir diese Sachen beheben können, werden wir noch schneller sein, aber ganz allgemein muss man schon einmal sagen, dass die Entwicklung gut ist und das muss sie in der modernen F1 auch." Wie knapp es in der Königsklasse wirklich zugehe, könne man auch aus dem Ergebnis am Samstag herauslesen. "Hamilton hatte vorne eine fantastische Runde. Aber hinter uns geht es dann schon sehr eng zu und deshalb muss man immer weiter pushen", meinte Gillan.

Kaum konstante Reifenbedingungen

Die Schwierigkeit dabei sei recht einfach auszumachen: "Diese Saison gibt es ja kaum Konstanz, gerade wenn man die Reifen und ihr optimales Arbeitsfenster ansieht, das man selbstverständlich immer treffen möchte. Nun ist dieser Kurs hier diesbezüglich besonders schwierig, weil er sich ständig zu verändern scheint", verriet der Chefstreckeningenieur. Umso mehr freute es ihn aber, dass Maldonado vorne, mit Ausnahme von Hamilton, freie Bahn habe. "Elementar ist hier, dass man die Reifen schont. Ganz vorne ist das nun einmal einfacher. Wenn man gut loskommt und dann die Pace hat, kann man es sich besser einteilen", wusste der Williams-Mann. Als Beispiel nannte Gillan Maldonandos sensationellen Sieg in Spanien.

"Auch dort war es schon so: Alonso hat uns damals auch erst überholt, wir haben dann aber einen guten Job gemacht und uns nicht aus der Ruhe bringen lassen. Anschließend haben wir uns den Platz zurückgeholt." Übertragen auf den Singapur heiße das: "Morgen peilen wir ein Podium an." Ob man Hamilton die Führung streitig machen könne, davon war Gillan aber weniger überzeugt. "Lewis war das ganze Wochenende über schon extrem stark unterwegs. In Sachen Pace war er bislang die Messlatte. Aber Pastor wird ihm sicher Feuer machen - morgen kann alles passieren." Dass man sich zurückhalte oder vorsichtiger zu Werk gehe, um nicht indirekt in den Titelkampf einzugreifen, schloss Gillan aus. "Jedes Team hat seinen eigenen Kampf auszutragen und wir wollen auch vorne mitmischen. Wir haben das gleiche Recht zu gewinnen oder zu verlieren wie jedes andere Team im Feld auch. Wir wollen aufs Podium und werden alles tun, damit wir das auch schaffen."