Derzeit genießt Nick Heidfeld in erster Linie sein Familienleben - nach einer intensiven Karriere im Motorsport ist Freizeit eine ganz neue Erfahrung für den Mönchengladbacher. Er selbst sieht seine momentane Auszeit allerdings noch nicht als das Ende seiner Rennambitionen - vielmehr wünscht sich der 35-Jährige nach wie vor eine Rückkehr in die Königsklasse. Es sei nicht einfach, sich die F1-Rennen in dem Wissen anzuschauen, dass man noch gar nicht habe aussteigen wollen, gab Heidfeld zu. Zwar habe er auch neben dem Motorsport gewisse Ideen, was er zukünftig machen könne - wenn er jedoch in sich hineinhöre und ehrlich zu sich sei, würde er merken, dass das Kapitel Formel 1 für ihn noch nicht beendet ist.

"Dazu brennt noch zu sehr das Feuer in mir, Rennen zu fahren. Ich habe noch keine Ruhe zu sagen, ich packe jetzt mal was anderes an. Ich liebe den Sport so sehr", verriet Heidfeld der dpa. Das Entscheidende an seiner Leidenschaft sei, das Auto wirklich am Limit zu bewegen. "Zu wissen, dass man in den schnellsten Autos der Welt sitzt und gegen die besten Fahrer der Welt fährt - dieses Gefühl, das man beim Fahren hat und schlecht in Worte fassen kann", beschrieb der Deutsche und fügte an: "Nach ein paar Runden tauchst Du in deine eigene Welt ab, denkst an nichts anderes, kontrollierst das Auto am Limit. Das ist die Hauptantriebsfeder, der Grund, warum ich damit angefangen habe - und diese Liebe ist bis heute geblieben."

Eine schwierige Zeit

Die Partnerschaft mit Lotus-Renault 2011 stand eigentlich nie unter einem guten Stern, Foto: Sutton
Die Partnerschaft mit Lotus-Renault 2011 stand eigentlich nie unter einem guten Stern, Foto: Sutton

Trotz des hektischen Umfelds, habe ihm dieser Druck immer Spaß gemacht. "Am Rennstart zu sitzen und zu merken, wie das Adrenalin aufsteigt...", erklärte der dreifache Familienvater die Faszination Formel 1. Für ihn sei es heute auch deshalb schwierig, mit dem Thema abzuschließen, weil sein Aus bei Lotus vor einem Jahr mehr als unglücklich verlaufen sei. "Das war nicht der Abschied, den ich mir vorgestellt habe. Es war eine ganz schwierige Zeit für mich. Letztlich habe ich mich mit Lotus geeinigt, auch darauf, nicht zu viele Worte zu verlieren", hüllte Heidfeld sich weiter in Schweigen zu den genauen Modalitäten der Trennung. Zur Ruhe komme er deswegen in Bezug auf die Thematik aber noch lange nicht. Selbst heute würde sein Rauswurf in Enstone noch an ihm nagen.

"Wenn man dann da rausgerissen wird, dann beschäftigt das einen mehr oder weniger permanent. Das Ganze zu verarbeiten, dauert etwas. Das ist ein Prozess, der im Moment auch noch stattfindet", so der 183-fache Grand-Prix-Starter, der anfügte: "Es ist nicht so, dass man nach ein paar Wochen sagt: Fertig." Klar sei daher auch: "Wenn ich könnte, wäre ich gern wieder dabei. Wenn es so einfach wäre, dann wäre ich auch dieses Jahr dabei." Es werde allerdings schwierig, in den Sport zurückzukehren. "Auf der anderen Seite hat sich auch in den vergangenen Jahren was ergeben, womit man nicht gerechnet hatte. Wie bei Lotus, als der Robert Kubica leider seinen Unfall hatte", erinnerte sich Heidfeld und machte sich gleichzeitig Mut.

Comeback ist das Ziel

Ausschließen wollte er ein Comeback also nicht. "Es wäre mein großer Wunsch. Aber in meiner Phase der Karriere würde ich auch nicht mehr zu irgendeinem Team gehen. Und direkt zu einem Top-Team zu kommen, da ist die Chance recht klein", zeigte er sich realistisch. Ohne Erfolgsaussichten könnte er sich eine Rückkehr allerdings nicht vorstellen. Auf die Frage, wie seine persönliche Bilanz nach zwölf Jahren Formel 1 ausfalle, antwortete Heidfeld: "Es war ein bisschen eine Achterbahn mit Höhen und Tiefen. Es gibt immer Momente, wo man sagt, da hättest Du dieses oder jenes machen können. Trotzdem bin ich ganz zufrieden." Zudem müsse man die Dinge immer mit dem Wissen betrachten, das man zu dem jeweiligen Zeitpunkt gehabt habe.

Das Zuschauen fällt Nick Heidfeld sichtlich schwer, Foto: Sutton
Das Zuschauen fällt Nick Heidfeld sichtlich schwer, Foto: Sutton

"Das Rennen in Kanada zum Beispiel, als ich Zweiter geworden bin: Hätte ich dem Robert [Kubica] mal nicht so bereitwillig Platz gemacht, dann hätte ich den verdammten Sieg in der Tasche gehabt. Aber zu dem Zeitpunkt dachte ich halt, du kriegst noch genügend Chancen in der Formel 1", erinnerte sich der ehemalige BMW-Pilot, der den traurigen Rekord hält, die meisten Podestplätze eingefahren zu haben, ohne dabei jedoch jemals eine Grand-Prix-Sieg verbuchen zu können. Allerdings müsse man vorsichtig damit sein, auf Grund solcher Fakten enttäuscht zu sein, nicht noch mehr erreicht zu haben. "Ich versuche mich ab und zu hinzusetzen und zu sagen, Du bist schon in einer glücklichen Position. Das ist schwierig, weil man immer mehr erreichen will, Rennen gewinnen, Weltmeister werden", so Heidfeld. Der Deutsche relativierte: "Auf der anderen Seite habe ich jahrelang meinen Traumberuf ausgeübt und viel Geld verdient."

Verständnis für Schumacher

Geld, das wiederum sei auch so ein Punkt in der modernen Formel 1. "Durch die Wirtschaftskrise sind die Finanzen noch mehr in den Vordergrund gerückt - für mich zum Nachteil, weil es wichtiger geworden ist, wie viel Geld ein Fahrer mitbringt", glaubte der Mönchengladbacher. Doch nicht nur im Hintergrund des Sports habe sich in den letzten Jahren unglaublich viel getan - auch technisch gebe es wahnsinnig viele Neuerungen. "Früher hatten die Autos vielleicht ein paar Knöpfe an den Lenkrädern - heute erinnert das an einen Computer, was man da in der Hand hat", schmunzelte Heidfeld. Dass eine Rückkehr, wie die von Michael Schumacher, daher besonders reizvoll sei, müsse man als außenstehender Beobachter folglich verstehen.

"Michael zieht immer noch. Er hat sieben Titel eingefahren, kann nicht nur in Deutschland, sondern weltweit die Massen anziehen", glaubte der Ex-Sauber-Fahrer. "Er ist nicht mehr so auf dem Spitzenniveau, wie er es vielleicht zu den Zeiten war, als er Serien-Weltmeister wurde. Aber er fährt sicher noch gut genug, um einigen zu zeigen, wo es lang geht." Das Entscheidende sei aber ohnehin, worauf Schumacher selbst Lust habe. "Und wenn er da Spaß dran hat und die Möglichkeit, dann soll er das doch machen. Leute wie ich verstehen das auch", meinte Heidfeld. Für ihn persönlich stünden derlei Möglichkeiten in der F1 aktuell allerdings nicht in Aussicht. "Und Test- und Ersatzfahrer ist auch witzlos, da fährt man ja nicht. Die Langstrecke hat mich begeistert - das oder auch DTM steht zur Debatte", verriet der Deutsche abschließend seine Zukunftspläne.