Für Jaime Alguersuari gab es nach dem Großen Preis von Italien in Bezug auf das große Reizthema vom Sonntag keine zwei Meinungen: Er fand die Strafe für Sebastian Vettel nach seiner Aktion gegen Fernando Alonso völlig gerechtfertigt und sogar zwingend notwendig. "Die Stewards haben da absolut alles richtig gemacht", erklärte der Spanier, der mittlerweile auch für die BBC als Experte zuständig ist, in seiner Kolumne. "Es ist sehr gefährlich, wenn man jemanden bei diesen Geschwindigkeiten auf die Wiese schickt - man durchfährt die Curva Grande in Monza in einem Formel-1-Auto mit Vollgas", stellte Alguersuari klar, dass der Streckenabschnitt kein Zuckerschlecken sei.

"Das Problem war, dass sich Vettel sehr aggressiv in Richtung seines Kontrahenten bewegt hat - und das bei vollem Speed. Er hat Alonso nicht genügend Platz gelassen, um auf der Strecke zu bleiben", fand der ehemalige Toro-Rosso-Pilot. "Alonso war nicht hinten, er war bereits halb an Vettels Auto vorbei - wenn man sich dann so verhält, muss man bestraft werden", lobte er das Urteil der Rennkommissare. Als Ex-Pilot versicherte er: "Ich kann euch sagen, es ist nicht angenehm bei diesen Geschwindigkeiten mit einem Formel-1-Auto übers Gras zu fahren - für Alonso war die Situation äußerst schwierig, denn wenn man erst einmal in der Wiese ist, verliert man viel Grip und es ist sehr holprig."

Kein Vergleich zu 2011

"Man muss zurückstecken, um Speed rauszunehmen und wirklich mit seinem Auto kämpfen. Der Schlüssel ist es, dabei nicht abzufliegen - das hat er hingekriegt", lobte der Spanier die fahrerische Leistung seines Landsmannes. Hinken würde hingegen der Vergleich mit dem Vorjahr, als sich die Szene ähnlich abspielte, allerdings mit vertauschten Rollen. "Es war nicht genau die gleiche Situation wie letztes Jahr, als Vettel Alonso mit zwei Rädern auf dem Gras überholt hat." Dabei habe Alonso stets genügend Platz für eine Wagenbreite gelassen. "Das hat Vettel am Sonntag nicht gemacht", sagte Alguersuari.

Lesen Sie hier die ausführliche Motorsport-Magazin.com Analyse des Monza-Duells zwischen Sebastian Vettel & Fernando Alonso:

Lewis Hamilton blieb nicht nur vor den hübschen Podiums-Girls ganz cool, Foto: Sutton
Lewis Hamilton blieb nicht nur vor den hübschen Podiums-Girls ganz cool, Foto: Sutton

Dass Red Bull in Norditalien aber allgemein ein wenig ins Hintertreffen geriet und auch schon vor dem Doppelausfall nicht gerade durch seine Pace glänzte, war für Alguersuari vorhersehbar. "Auf diesen Hochgeschwindigkeitskursen waren sie noch nie besonders gut und dieses Jahr werden sie auf Grund des Verbots des angeblasenen Diffusors noch viel härter getroffen als alle anderen Teams - sie haben also auch in den Kurven nicht mehr die Downforce, um den Mangel an Speed auf den Geraden einfach so auszugleichen", war sich der Spanier sicher. Dass nun auch noch Zuverlässigkeitsprobleme hinzukämen, habe den Titelhoffnungen des österreichischen Weltmeisterteams einen herben Rückschlag versetzt. Viel besser sehe es da schon für Alonso aus.

Konstanz ist der Schlüssel

"Er hat nun wieder einen großen Punktevorsprung und beendet eigentlich fast jedes Rennen auf dem Podium oder zumindest in den Top-5", erklärte Alguersuari, der anfügte: "Was McLaren und Red Bull jetzt machen müssen, ist konstant zu sein und regelmäßig vor ihm anzukommen." Besonders beeindruckt habe ihn diesbezüglich am Wochenende natürlich Rennsieger Lewis Hamilton. Die Gerüchte um seine Zukunft bei McLaren und einen kolportierten Wechsel zu Mercedes, habe der Brite perfekt ausgeblendet. Für Alguersuari keine Überraschung: "Wenn man Fahrer ist, muss man diese Dinge am Rennwochenende ignorieren und beiseite legen können. Man konzentriert sich dann nur auf das Rennfahren selbst."

"Es ist wichtig, dass man weiß, was man in der Zukunft machen möchte und wo man im nächsten Jahr fahren will, beziehungsweise was auch ganz einfach realistisch ist." Über diese Dinge könne man sich aber beizeiten Gedanken machen. "Am Rennwochenende muss man solche Gedanken aus seinem Kopf verbannen - man kann dann am Montag danach wieder anfangen, darüber nachzudenken", meinte Alguersuari, der zumindest McLaren noch passable Chancen im Titelrennen einräumte. "Ich habe es letztens schon gesagt: Sie haben jetzt ein sehr gutes Paket zusammenbekommen - sie haben das beste Auto und mit Hamilton und Jenson Button auch zwei sehr konstante Fahrer."