Es war schon ganz schön, nach Valencia mal ein paar Tage zu Hause in Monaco zu haben, nachdem ich in den letzten vier Wochen seit Monaco doch sehr viel unterwegs war, viele Termine hatte und kaum mal zum Ausspannen und richtig Trainieren gekommen bin. Und es war auch wichtig, um den Kopf wieder frei zu kriegen, die Enttäuschung von Valencia abzuhaken.

Denn ich war da erst einmal sehr enttäuscht - weil ich wusste, dass trotz der wieder relativ schlechten Startposition so viel mehr drin gewesen wäre als am Ende der eine Punkt, den ich durch die Strafe von Pastor doch noch bekommen habe. Vor allem so, wie das Rennen am Ende gelaufen ist, wäre ohne den Unfall mit Kobayashi, an dem ich mich wirklich völlig unschuldig fühle, ganz sicher ein Platz unter den ersten Fünf drin gewesen, vielleicht hätte ich sogar ums Podium mitkämpfen können. Schließlich lag ich zu dem Zeitpunkt, als das passiert ist, auf einem Level mit Michael Schumacher und Mark Webber - und die sind am Ende auf den Plätzen drei und vier gelandet...

Was den Crash angeht: Kimi hat da genau auf den richtigen Moment gewartet, hat mich überholt, als es problemlos ging, ich habe mich direkt hinter ihm eingeordnet, um seinen Windschatten ein bisschen zu nutzen. Ich kann doch nicht wirklich erwarten, dass Kobayashi dann, wenn die Strecke schon sehr eng wird, weil rechts nun mal eine Mauer steht, auch noch eine wilde Aktion startet und sich an mir vorbei zu quetschen versucht.

Er ist mit seinem Vorderrad gegen mein Hinterrad gefahren, hat mich umgedreht und mir den Reifen aufgeschlitzt. Übrigens auch kein so tolles Gefühl, wenn einem das bei fast Tempo 260 passiert - man dann kurz "falsch rum" im Verkehr steht. Zum Glück ist es mir gelungen, das Auto wieder einzufangen - aber mein erster Gedanke war schon: Hoffentlich fährt mir niemand rein - denn da war ja noch eine ganze Gruppe Autos hinter mir...

Ich habe nachher nicht mit Kamui gesprochen, das bringt meistens auch nicht viel. Er hat das mit Sicherheit auch nicht mit Absicht gemacht, es war halt eine etwas zu ungeduldige Aktion - hätte er 200 Meter gewartet, bis auf die andere Seite der Brücke, dort, wo in Valencia die DRS-Zone anfängt, dann hätte ihn das vielleicht maximal ein bis eineinhalb Sekunden gekostet - aber er hätte dann problemlos vorbei fahren können. Und eines muss man schon sehen: In solchen Gruppen, wo Leute auf verschiedenen Strategien, teils mit alten, teils mit neuen Reifen unterwegs sind, geht es nicht um Überrundungen, sondern um echte Positionskämpfe. Da muss es doch erlaubt sein, sich zumindest zu verteidigen, da kann man nicht erwarten, dass derjenige mit den alten Reifen die Schnelleren grundsätzlich völlig kampflos und freiwillig vorbei lässt...

Dass ich auch noch eine Strafe bekommen habe, war nicht nur für mich nicht nachvollziehbar - da haben sich sehr viele gewundert, nicht nur bei uns im Team. Wobei der größte Schaden für mein Rennen sowieso schon angerichtet war - durch den Reifenschaden und das Zurückschleichen an die Box habe ich über eine Minute verloren, war sowieso ganz hinten...

Bruno Senna hofft auf ein gutes Rennen in Silverstone, Foto: Sutton
Bruno Senna hofft auf ein gutes Rennen in Silverstone, Foto: Sutton

Sicher, das Team wusste ganz genau, wie das alles gelaufen war, war auch mit meiner Leistung im Rennen sehr zufrieden. Denn immerhin ist es mir gelungen, die nicht ganz so einfache Strategie mit nur einem Stopp sehr gut umzusetzen, meine Rundenzeiten gerade im letzten Drittel des Rennens, mit den schon älteren Reifen, waren ausgesprochen konkurrenzfähig - auch durchaus im Vergleich zur Spitze. Und das ist natürlich auch sehr wichtig, vor allem mit Blick aufs nächste Jahr...

Da zählt intern eine solche Performance schon, auch wenn sie sich nicht in vielen Punkten niederschlägt, da werden die Umstände schon berücksichtigt. Ich weiß natürlich, dass ich gerade jetzt in den nächsten Rennen ein paar gute Wochenenden brauche, um mich in eine ordentliche Position zu bringen - und wenn das klappt, dann könnte ich die Rennen ab Spa, wo ich durch die Erfahrungswerte vom letzten Jahr sicher grundsätzlich eine bessere Ausgangsposition habe, etwas ruhiger und gelassener angehen.

Gegen Ende letzter Woche war ich in England im Werk, habe mich im Simulator auf Silverstone vorbereitet. Das ist eine meiner Lieblingsstrecken, auf der ich auch immer sehr gut zurecht gekommen bin. Das neue, umgebaute Silverstone bin ich allerdings in der Realität noch nicht gefahren, ich hoffe aber, dass das genauso sein wird. Generell sollte die Strecke unserem Auto liegen, wir haben auch nochmal ein neues Aero-Update, das uns noch einmal einen Schritt nach vorne bringen sollte. Und wenn es, wie der Wetterbericht vorhersagt, ziemlich viel regnen sollte, dann ist das auch etwas, womit ich normalerweise recht gut klarkomme.

Ich hoffe nur, dass uns unsere ganzen Analysen, die wir jetzt nochmal in Sachen Reifen und Qualifying gemacht haben, jede Einzelheit, von den Temperaturen beim Montieren der Reifen, während der Aufwärmrunden, bei bestimmten Methoden, den Reifen anzufahren, auch da einen Schritt nach vorne bringen. Wir bekommen auch da jetzt immer mehr Hilfsmittel, immer mehr Sensoren, um noch tiefer in die Materie einsteigen zu können. Denn was sich wirklich abspielt, ist einfach sehr schwer zu verstehen.

In Valencia wusste bei uns im Team niemand wirklich genau, warum bei Pastor das Auto zwischen Quali 1 und Quali 2 plötzlich so viel besser, bei mir aber schlechter wurde. Er selbst war auch ganz überrascht... Letztes Jahr ist es mir umgekehrt zweimal so gegangen - in Singapur und in Brasilien, da wurde damals bei Lotus-Renault mein Auto während des Qualifyings schlagartig so viel besser, dass ich Petrov jedes Mal über eine Sekunde gegeben habe - und Vitaly wusste auch nicht mehr, was los ist...

Aber auf den Zufall, dass es halt hin- und hergeht, dass es bei mir auch schon wieder mal so passen wird, kann und will ich mich nicht verlassen. Ich muss das zusammen mit meinen Ingenieuren einfach verstehen. Denn wenn ich endlich mal weiter vorne starten könnte und dann auch mit einer "normalen" Strategie fahren, dann wäre die Wahrscheinlichkeit auch geringer, immer wieder in irgendwelche Zwischenfälle zu geraten.