McLaren steht in Malaysia an der Spitze der Startaufstellung, für Red Bull bleiben erst einmal nur die Plätze vier und fünf vor dem zweiten Rennen des Jahres. Interessant dabei: Sebastian Vettel ist der einzige Pilot unter den Top-10, der in Q3 seine schnelle Runde auf den harten Reifen fuhr. Der Rest des Feldes entschied sich bei der Zeitenjagd für den vermeintlich schnelleren Medium-Reifen. Nun beginnt das große Rätseln, warum Red Bull sich für diese außergewöhnliche Reifenvariante entschied.

"Sebastian startet auf der harten Mischung, jetzt wird die Frage sein, wie lange fährt jeder mit welchen Reifen. Es wird sicher drei Stopps geben", meinte Niki Lauda im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Die Medium-Mischung gilt als schnellere Variante, dafür soll der harte Reifen auf dem heißen Asphalt des Sepang International Circuit ein längeres Haltbarkeitsdatum aufweisen. Hört man sich allerdings im Fahrerlager um, scheint die Performance der Gummis stark vom jeweiligen Auto abzuhängen.

Fernando Alonso konnte etwa keinen gravierenden Zeitenunterschied zwischen beiden Mischungen ausmachen. Nicht einmal auf einer schnellen Runde gebe es Differenzen. "Ich hatte Probleme mit den weichen Reifen und dachte, dass ich auf den harten Reifen ein besseres Auto hätte", sagte Vettel nach dem Qualifying. "Deshalb entschied ich mich dazu. Wir hätten auf den weichen Reifen vielleicht eineinhalb bis zwei Zehntel schneller fahren können, aber dann ging es auf dem harten Reifen deutlich schneller."

Auslöser für die Entscheidung, Vettel auf seinem letzten Run mit harten Reifen rauszuschicken, könnte mit Teamkollege Mark Webber zusammenhängen. "Diese super Runde von Mark in Q2 hat uns dazu bewogen, dass wir diesen Schritt bei Sebastian in Q3 gegangen sind", verriet Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com. "Wir haben einen neuen Reifensatz von jeweils beiden Mischungen. Wir sind für das Rennen gut gerüstet." Christian Horner sprach unterdessen den strategischen Aspekt der Entscheidung an, denn die höchstmögliche Platzierung im Qualifying ohne Rücksicht auf Verluste muss nicht unbedingt die beste Lösung sein.

"Wenn wir nur den weichen Reifen benutzt hätten, hätten wir uns im optimalen Fall als Dritter und Vierter qualifiziert", so der RBR-Teamchef, der zugab, dass Red Bull nicht an McLarens Pace heranreichte. "Jetzt sind wir Vierter und dank Räikkönens Strafe Fünfter, und wir haben geteilte Strategien." So richtig scheint im Fahrerlager niemand über das exakte Verhalten der Reifen im Bilde zu sein. "Ich verstehe das noch nicht so ganz", gab Nico Hülkenberg zu. "Gestern war es so, heute so - das ist etwas kurios. Komplett blicken wir da noch nicht durch."

Bereits nach den Trainings am Freitag hatte Mercedes-Teamchef Ross Brawn darauf hingewiesen, dass man unbedingt die Evolution der Strecke im Verlauf des Wochenendes im Auge behalten müsse. Die wechselhaften Wetterbedingungen inklusive Regenschauern führen zu stetigen Veränderungen des Asphaltbandes. Großes Rätselraten also, was die Reifenperformance anbelangt. Fragt man nach der erwarteten Anzahl der Boxenstopps pro Auto, lautet die häufigste Antwort drei. "Von den Fahrern, die in der letzten Qualifying-Session Medium-Reifen nutzten, erwarten wir drei Stopps", stimmte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery zu.

Zahlt sich Red Bulls Reifenstrategie aus?, Foto: Sutton
Zahlt sich Red Bulls Reifenstrategie aus?, Foto: Sutton

"Es könnte sein, dass sie einen vergleichsweise kurzen ersten Stint fahren und dann auf Hart wechseln, der im Verlaufe dieses Wochenendes ziemlich stark war", so Hembery weiter. Er glaubt, dass der harte Reifen ungefähr 25 Runden lang halten wird und sieht den Start auf dieser Mischung als eine plausible Möglichkeit. "Theoretisch sollte der harte Reifen etwas länger und ein bisschen konstanter laufen", wollte sich Horner nicht in die Karten schauen lassen. "Sebastian hatte noch einen Satz harter Reifen verfügbar, weil er in Q1 keine zwei Sets benötigte, deshalb dachten wir, dass es keine schlechte Idee wäre, die Strategien aufzuteilen, wenn man sich alles anschaut."

Im Qualifying lag der Zeitenunterschied zwischen Medium und Hart laut Hembery knapp unter einer halben Sekunde - also nicht die Welt im Vergleich zum vergangenen Jahr. Angesichts der sich verändernden Streckenbedingungen könnte sich die Split-Strategie von Red Bull also als durchaus sinnvoll erweisen, wenn Vettel im ersten Stint einige Runden länger draußen bleiben kann als die direkten Rivalen.