Johnny, wie war das Gefühl, zum ersten Mal ein Formel-1-Auto zu fahren?
Johnny Cecotto: Unglaublich! Man fährt aus der Box und hat diese 18.000 Umdrehungen im Ohr - der Motorensound ist einfach unglaublich. Das ist das erste Gefühl, das in den Kopf springt. Dann kommen die Bremsen und die Beschleunigung. Wenn man KERS benutzt, gibt es nochmal einen Kick. Die Autos sind Meisterwerke der Technik. Hunderte Ingenieure arbeiten am Auto, jeder Knopf ist perfekt. Von außen macht es immer den Eindruck, als wäre man allein im Auto. So ist das aber gar nicht, denn es sind vier, fünf Ingenieure in den Boxen, die alles kontrollieren und andauernd funken, was man verändern und verbessern kann. Anfangs ist das ziemlich kompliziert.

Zwar muss man nicht mehr, wie in der GP2, nach der Öl- und Wassertemperatur schauen, dafür hat man hier Telemetriedaten. Stattdessen hat man KERS, DRS und verschiedene Einstellungen für alles Mögliche. Da ist oft so viel los. Wenn man einen speziellen Test macht, muss man viele verschiedene Knöpfe drücken. Wenn man einen vergisst, funktioniert die ganze Sache überhaupt nicht.

Wie lange brauchtest Du zur Eingewöhnung?
Johnny Cecotto: Ich hatte mit mehr gerechnet, aber KERS und DRS kamen nach drei Runden automatisch - wenn auch noch nicht optimal. Es lief schon ziemlich gut und wurde im Verlaufe des Tages immer besser. Kompliziert wird es auf einer schnellen Runde, denn da muss man wissen, wo man hingreifen muss, ohne zu schauen, was der Knopf macht. Ich bin schon seit Donnerstag beim Team, testete mit dem Simulator und schaute mir die Arbeit des Teams an. Jetzt habe ich so viele Informationen im Kopf, dass ich K.o. bin. Ich habe versucht, so viel wie möglich zu lernen. Das Auto ist wohl das beste der Nicht-Konstrukteure und ich hoffe, dass ich bald wieder mit Force India zusammenarbeiten kann.

Wo war der größte Unterschied zur GP2?
Johnny Cecotto: Nimm ein GP2-Auto und setze alles eine Stufe nach oben. Die Gangschaltung ist im Vergleich zur GP2 viel besser, dank der Doppelkupplung gibt es keine Unterbrechungen beim Schalten. Ein F1-Auto besitzt mehr Details, mehr Power, mehr Bremsen, mehr Aero und mehr Kurvengeschwindigkeit. Dazu kommen die tollen Reifenwärmer, denn als Rennfahrer will man schon mit rauchenden Reifen aus der Box raus. Warmfahren macht man beim Einkaufen und nicht auf der Rennstrecke.

Du konntest sowohl die alten als auch die neuen Pirelli-Reifen testen. Hast Du Unterschiede festgestellt?
Johnny Cecotto: Ja, auf jeden Fall. Wir testeten viele verschiedene 2012er Prototypen. Manche brauchten ein wenig länger, um auf Temperatur zu kommen als andere. Manche hatten Unter- andere Übersteuern. Wir müssen das alles gut analysieren, dann verstehen wir auch die Reifen.

Hast Du Feedback vom Team bekommen?
Johnny Cecotto: Das erste Feedback war, dass sie erstaunt waren, wie professionell ich arbeitete. Das Feedback, dass ich ihnen gab, habe laut dem Team sehr geholfen.

Wie hast Du den langen Tag hier überstanden?
Johnny Cecotto: Es war ein langer Tag. Das Problem ist, dass das Auto auf sehr große Fahrer ausgelegt ist. Adrian (Sutil), Paul (Di Resta) und Nico (Hülkenberg) sind alle supergroß, deshalb saß ich ziemlich unbequem. Ich hatte sogar Angst, dass ich nicht genügend Bremsdruck aufbauen könnte, weil ich so schlecht drin saß. Gott sei Dank ging das, aber jetzt habe ich ziemliche Schmerzen am linken Bein und im Rücken. Für einen Tag ging das schon, aber wenn ich häufiger mit dem Team zusammen arbeiten sollte, muss ein passender Sitz her.

Hast Du mit Force India schon über eine gemeinsame Zukunft gesprochen?
Johnny Cecotto: Jetzt war erst einmal der Test. Danach besprechen wir alles, vielleicht in den kommenden Wochen. Ich hoffe, dass wir da was machen können. Ich fühle mich hier total wohl und das Team ist so professionell. Ich habe so viel gelernt und würde das gern in der Zukunft fortsetzen.

Waren die Tests und Deine guten Zeiten auch gut fürs Image? In der GP2 lief es ja nicht immer rund…
Johnny Cecotto: Stimmt, in letzter Zeit hat mich niemand so richtig für voll genommen. So richtig Vertrauen hatte keiner mehr in mich. Über das Vertrauen von Force India war ich selbst fast erstaunt, aber am Ende sprechen die Zeiten für sich: beim letzten GP2-Test war ich Viertschnellster, hier jetzt die fünftbeste Zeit. Besser könnte es eigentlich gar nicht laufen. Das wird mir auf jeden Fall helfen, ich bin einfach total glücklich. Ich hätte auch noch schneller fahren können, aber als ich frische Reifen drauf hatte, kam mir die rote Flagge in die Quere. Auf meiner nächsten schnellen Runde musste ich ein Auto überholen. Das Team sagte, dass das ungefähr sechs Zehntel kostete. Aber ich bin so schon sehr zufrieden.

Dein Ziel für nächstes Jahr?
Johnny Cecotto: Auf jeden Fall die GP2. Dort würde ich gern mit einem Top-Team um die Meisterschaft kämpfen. Gespräche mit mehreren Teams laufen. Das Ziel ist, die GP2 zu gewinnen und im Jahr darauf in der Formel 1 als dritter Fahrer oder so zu starten. Vielleicht auch schon nächstes Jahr, wenn sich etwas ergibt.