In der Glitzerwelt im Hafen von Singapur, unter den strahlend hellen Scheinwerfern, die gerade auf den Fernsehbildern gern den Eindruck funkelnder Diamanten aufkommen lassen, erschien der Gedanke auf den ersten Blick vielleicht abwegig. Dennoch ist es Realität: Die Formel 1 von heute hat Finanzsorgen, ist ein Spiegelbild der Weltwirtschaft.

Nur noch drei Teams können wirklich aus dem Vollen schöpfen: Red Bull, wo Dosen-Milliardär Dietrich Mateschitz den Geldbeutel öffnet, wann immer es nötig ist, Ferrari, dank des FIAT-Konzerns sowie mächtiger Sponsoren wie Marlboro und Santander, und McLaren, das sich immer mehr zu einem Firmen-Imperium entwickelt, in dem die Formel 1 künftig nur noch einen Anteil von zehn Prozent am Geschäftsvolumen haben soll.

Bei Mercedes sieht die Sache schon ein bisschen anders aus, da macht der Konzernvorstand eindeutig klar, dass sich die Ausgaben für die Formel 1 in Grenzen halten müssen. Und alle anderen Teams, also das komplette Mittelfeld von Lotus-Renault über Sauber und Force India bis zu den ganz Kleinen, Lotus, Virgin und HRT, müssen schauen, wie sie irgendwie über die Runden kommen – angesichts der grundsätzlich nicht gerade zunehmenden Begeisterung auch großer Firmen, hohe Millionenbeträge in die Formel 1 zu pumpen.

Pastor Maldonado konnte den erfahrenen Rubens Barrichello ein ums andere Mal schlagen, Foto: Sutton
Pastor Maldonado konnte den erfahrenen Rubens Barrichello ein ums andere Mal schlagen, Foto: Sutton

Den Teambesitzer, der wirklich bereit und in der Lage ist, auf Dauer eigenes Geld in die Formel 1 zu pumpen, hat es noch nie gegeben – selbst Peter Sauber will und kann das nicht. Da bedarf es schon besonderer Beziehungen, um eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Mit dem Ergebnis, dass es für einen Formel-1-Fahrer heute nicht mehr reicht, allein Talent zu beweisen.

Vor allem nicht für einen jungen, der den Einstieg in die Königsklasse schaffen will. Er muss auch die entsprechenden Sponsorgelder oder wirtschaftlich interessanten Verbindungen für die Teambesitzer mitbringen. Denn nur so, über eine besondere Beziehung zu einer Person, einem Fahrer, einer Identifikationsfigur vielleicht für ein ganzes Land, sind die wirklich großen Deals überhaupt noch möglich.

Was es für viele jungen Piloten natürlich extrem schwierig macht – wenn sie solche Beziehungen nicht haben. Besonders in einer Zeit, in der mangels Testmöglichkeiten kaum noch jemand beweisen kann, was er wirklich in einem Formel-1-Auto leisten kann, ehe er nicht ein festes Cockpit sicher hat.

Bruno Senna bestätigte seine Beförderung mit guten Ergebnissen, Foto: Sutton
Bruno Senna bestätigte seine Beförderung mit guten Ergebnissen, Foto: Sutton

Das böse Wort vom "Paydriver" macht da schnell die Runde – bei den Fans, aber auch in den Medien. Teamchefs müssen sich vorwerfen lassen, nur noch aufs Geld zu schauen. Wobei diese Art der Teamfinanzierung ja bis in die Neunziger Jahre völlig normal war – selbst Michael Schumacher musste Geld mitbringen, um 1991 in den Jordan einsteigen zu dürfen, von Niki Laudas schwierigem Beginn bei March mal ganz zu schweigen.

Erst in den Hoch-Zeiten der großen Werksteams geriet diese Praxis in Vergessenheit, ist aber jetzt, nach dem Rückzug vieler Werke von Honda über Toyota bis zu BMW wieder gängige Praxis – und scheint tatsächlich anders kaum noch möglich. Wenn man gerade von den Mittelfeldteam erwartet, den Anschluss an die Spitze zu halten, wenn etwa Renault heute auch nur annähernd daran anschließen soll und will, wo man als Werksteam einmal war, dann muss das Geld auch irgendwo herkommen.

Und noch eines kommt dazu, was den Kritikern eigentlich den Wind aus den Segeln nehmen sollte. Die Fahrer, die jetzt auf diesem Weg den Einstieg geschafft haben, beweisen zum allergrößten Teil, dass sie ihren Platz in der Formel 1 auch verdienen. Da fährt kaum jemand deutlich hinterher, weil es ihm an fahrerischen Qualitäten mangelt – was in den siebziger und achtziger Jahren viel eher üblich war, wenn sich reiche Söhne ihren Platz in der Formel 1 erkauften.

Sergio Perez wusste mit Leistung zu überzeugen, Foto: Sutton
Sergio Perez wusste mit Leistung zu überzeugen, Foto: Sutton

Das letzte Beispiel ist Bruno Senna. Als der in Spa bei Renault den Platz von Nick Heidfeld übernahm, war der Aufschrei vor allem in Deutschland ziemlich groß, war vom Sieg des Geldes über den Sport die Rede. Doch dann schaffte Senna gleich in den ersten beiden Rennen im Qualifying zwei Top-10-Platzierungen, fuhr in Monza, nachdem er am Anfang durch den von Liuzzi ausgelösten Startunfall viel Boden verloren hatte, von Rang 18 auf Platz neun in die Punkte vor, und hatte in Singapur, als bei Renault aus technischen Gründen gar nichts ging, zumindest seinen Teamkollegen Petrov das ganze Wochenende über sehr sicher im Griff. Und das bei einem Einstieg mitten in der Saison, ohne Testfahrten, nach einer Pause von über fünf Monaten...

Vitaly Petrov, der zweite Renault-Pilot, 2010 dank seiner russischen Connections, die bis in hohe Putin-Kreise reichen, ins Cockpit gekommen, hat sich inzwischen auch zu einem durchaus schnellen und stabilen Fahrer entwickelt. In der zweiten Saisonhälfte 2010 fehlten ihm im Schnitt nur noch 0,4 Sekunden auf den allgemein sehr hoch gehandelten Robert Kubica – und dass er Heidfeld im Qualifying mit 8:3 bügelte und auch punktemäßig nahe dran war, sagt einiges.

Auch Sergio Perez und Pastor Maldonado, die beiden Debütanten 2011 bei Sauber und Williams, machen einen guten Job. Perez verdankt seinen Platz in dem Schweizer Privatteam der Unterstützung des mexikanischen Telekommunikations-Milliardärs Carlos Slim, Maldonado seinen bei Williams Venezuelas Staatspräsident Hugo Chavez, der einen Riesen-Deal mit der dortigen staatlichen Ölgesellschaft einfädelte.

Aber der Venezolaner setzt sich immer wieder teamintern gegen Rubens Barrichello durch, Perez fährt immer wieder in die Punkte. Ganz so groß, wie es manche Sport-Puristen gern hätten, scheint das Problem also gar nicht zu sein. Vor allem, weil die Frage bleiben muss: Was wäre in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage eine realistische Alternative?