Prüfender Blick auf die unterlegene Konkurrenz: Adrian Newey, Foto: Sutton
Prüfender Blick auf die unterlegene Konkurrenz: Adrian Newey, Foto: Sutton

Nur noch ein Punkt fehlt, dann hat Adrian Newey vorzeitig den WM-Titel verteidigt. Newey? Ist es nicht eigentlich Red Bull Racing in Form von Sebastian Vettel, das sich in Suzuka mit hoher Wahrscheinlichkeit zum zweiten Mal in Folge den Titel schnappt? Hört man sich einmal in Italien um, erweckt es den Eindruck, als ob der Star-Designer den Titel im Alleingang holen würde. Stefano Domenicali lobte den Briten unlängst über den grünen Klee. "Natürlich gibt es Teamwork, aber es ist klar, dass sie das einzige Team sind, das dieses Genie Adrian Newey hat, der ein tolles Projekt aufgebaut hat", so der Ferrari-Teamchef.

Nun legte Cesare Fiorio noch einen drauf. "Wenn Domenicali Newey hätte, dann wäre er es, der als phänomenaler Team-Manager angesehen würde", glaubt der frühere Ferrari-Boss aus der Pre-Todt-Ära der Scuderia. Sprich: Horner, Vettel und Co. wären Nichts ohne Newey. Nun muss man sich schon die Frage stellen, warum der - unbestritten überaus talentierte und erfolgreiche - Newey von Ferrari in den Himmel gelobt wird. Vieles deutet auf Neid und das Überspielen eigener Probleme hin.

Ferrari schaffte es in dieser Saison schlichtweg nicht, ein WM-fähiges Auto zu bauen, mit dem Fernando Alonso realistisch von Beginn an gegen Red Bull kämpfen konnte. Wie müssen sich nun also die Herren Aldo Costa und Co. fühlen, wenn der eigene Teamchef die Konkurrenz zum Messias erklärt? Vielleicht will Domenicali mit seinen Lobeshymnen Druck auf die eigene Truppe ausüben, 2012 bessere Arbeit zu leisten.

Ein beliebtes Mittel im professionellen Sport, doch dabei vergisst Domenicali etwas: den Respekt vor dem Team Red Bull Racing. Horner und seine Führungsetage schafften es, neben Vettel auch das Supergenie Newey langfristig ans Team zu binden - ein Kraftakt, der erst einmal bewältigt werden will und die womöglich erfolgreiche Zukunft der Bullen sichert. Vettel gelang eine fast perfekte Saison ohne größere Fehler - daran hatte Newey mit Sicherheit Anteil, aber er sitzt nun einmal nicht im Auto.

Wenn Domenicali und andere Ferraristi wirklich so engstirnig sind, lediglich Newey als Zeichen des Erfolges auszumachen, werden sie auch 2012 wieder dem Titel hinterher weinen. Stattdessen sollte sich Ferrari lieber auf die eigenen Stärken besinnen, den eigenen Leuten vertrauen und ihnen den Rücken decken - denn mit Lobliedern auf die Konkurrenz gewinnt man keine Titel.