Mercedes-Benz-Motorsportchef Norbert Haug erbittet sich von der Fangemeinde mehr Geduld. Nach zwei schwierigen Jahren, bräuchte das neu formierte Silberpfeil-Team einfach noch mehr Zeit, um auch in der Weltmeisterschaft nach den Sternen greifen zu können. Dass diese Tatsache in der Formel 1 einfach ein ungeschriebenes Gesetz sei, würde nicht zuletzt auch die Konkurrenz beweisen. "Red Bull hat im Vergleich auch fünf Jahre gebraucht, um ihre Struktur so aufzubauen und das erste Rennen wurde dann von Sebastian Vettel in einem Toro Rosso gewonnen, was das gleiche Auto war", so Haug über den Premierensieg für ein Mateschitz-Team 2008 im Regen von Monza.

"Mit allem Respekt und aller Wertschätzung für sie - aber es hat Zeit benötigt. Wir müssen akzeptieren, dass es dauert, Dinge aufzubauen", sagte der Deutsche gegenüber Autosport. Auf sein Team bezogen, wollte er daher auch keine Prognosen über baldige Erfolgsaussichten anstellen. "Ich rede nicht über irgendeinen Zeitpunkt in zwei Jahren, sondern über einen längeren Zeitraum. Wenn man es in weniger als fünf Jahren schafft, ohne maßlos Geld hineinzupumpen - was Teams in der Vergangenheit gemacht haben - dann ist man wirklich sehr besonders", meinte Haug. Ein Problem bei Mercedes, sei die allzeit zu hohe Erwartungshaltung. 2011 waren Siege angepeilt, doch die Stuttgarter schafften es bisher noch nicht einmal auf das Podest.

Zahlenspiele als Beweis

Immer auf der Suche nach der Perfektion: Bei Mercedes greift alles Hand in Hand - trotzdem will man sich weiter steigern, Foto: Sutton
Immer auf der Suche nach der Perfektion: Bei Mercedes greift alles Hand in Hand - trotzdem will man sich weiter steigern, Foto: Sutton

"Man könnte sagen, dass unsere Erwartungen vorab nicht unbedingt goldrichtig waren", gab der Motorsportchef zu und erklärte die Gründe: "Wir hatten dieses Kühlungsproblem und mussten uns stark darauf konzentrieren, das zu lösen. Wenn der Zug an der Spitze dann aber erst einmal losgefahren ist und man hinterherläuft, ist es sehr schwierig, das wieder aufzuholen." Die Konkurrenz schlafe nun einmal nicht und hätte bei jedem Rennen ebenso neue Updates und Teile dabei. Der Kampf an der Front sei daher sehr eng. "Es gibt eine sehr schwierige Gruppe starker Mitbewerber - vielleicht sogar stärker, als jemals zuvor in der Formel 1", meinte der Schwabe, der anfügte, dass Red Bull, McLaren und Ferrari jederzeit im Stande wären, Rennen zu gewinnen.

Man selbst habe sich derweil als vierte Kraft etabliert. Auch wenn es aus den Resultaten nicht immer direkt abzulesen sei, habe man die Lücke zur Spitze merklich reduziert. "Wir hatten einen sehr schwierigen Start, besonders in den ersten beiden Rennen", erinnerte sich der Mercedes-Boss und fügte an: "Ich glaube es spricht für das Team, dass wir dann im dritten Rennen bereits 40 Runden lang geführt haben." Allgemein sei es ganz einfach problematisch gewesen, mit einem zu großen Rückstand in die Saison zu starten. Die stetige Verbesserung seitdem sei aber belegbar, erklärte Haug: "Ich denke, es gibt da einige interessante Zahlenspiele, die man vorlegen kann. So war unser Unterschied zu den Führenden in Australien beispielsweise bei 2,3 und in Malaysia bei 2,0 Prozent."

"In China handelte es sich noch um ein Prozent, in der Türkei um 0,6 - mehr als eine halbe Sekunde", ließ Haug wissen, der fortfuhr: "In Spanien waren es zwei Prozent, in Monaco 1,5, in Kanada 1,1, in Großbritannien 1,1 und in Deutschland 1,3 Prozent." Die Schlussfolgerung daraus könne nur lauten, dass man sich auf gewisse Art und Weise stabilisiert habe. "Der Rhythmus der Autos ganz vorne ändert sich, aber wir sind zumindest einmal im gleichen Fenster geblieben", so der Deutsche, der als Rezept für die Zukunft daher ausgab: "Das Ziel ist es, auf höherem Niveau anzufangen und sich von dort aus zu steigern. Das Wichtigste dabei ist, dass wir konzentriert bleiben, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns und arbeiten sehr hart."