Der Ungarn Grand Prix bot ein fantastisches Rennen, bei dem die vier Spitzenautos wieder sehr eng beisammen lagen. Jedes von ihnen hätte gewinnen können. Die Leistungsdichte und die wechselhaften Bedingungen machten es zu einem weiteren Rennen, bei dem die Strategie das entscheidende Element war. Der Sieger traf eine Kombination an richtigen Entscheidungen, die auf den Trainingsdaten basierten und er fällte das richtige Urteil, als spät im Rennen ein kurzer Schauer niederging. Er kam nicht für Intermediates an die Boxen, sondern wartete ab.

Durch gute Entscheidungen holten Mittelfeld-Teams gute Punkte, Foto: Sutton
Durch gute Entscheidungen holten Mittelfeld-Teams gute Punkte, Foto: Sutton

Im Gegensatz dazu litten die Rennen einiger anderer Piloten unter schlechten Strategie-Entscheidungen und es schafften drei Mittelfeld-Fahrer durch eine gute Strategie in die Punkte. Regen war für Sonntagmorgen, aber nicht für das Rennen vorhergesagt, es herrschte unter den Teams allerdings einiger Zweifel an den Prognosen. Das Überholen war nicht leicht - das ist es in Budapest nie -, aber die Bedingungen waren diesmal eine Hilfe.

Weil es auf der Start-Ziel-Geraden weniger Gegenwind gab als im Qualifying, war die DRS-Zone nicht unbedingt erfolgreich; viele Leute kamen an den Drehzahlbegrenzer, weil der Wind sie nicht wie am Samstag verlangsamte. Ein weiterer Grund, warum DRS nicht für viel Überholen sorgte, lag an der relativen Kürze der Geraden und der Menge an Flügel, die an den Autos gefahren wurde. Dadurch wurde vor dem Bremspunkt nie die Endgeschwindigkeit erreicht. Nun werfen wir einen genaueren Blick darauf, wie die Entscheidungen getroffen wurden.

Button entscheidet sich richtig

Von Jenson Buttons elf Grand-Prix-Siegen kamen sechs bei Mischbedingungen wie am vergangenen Sonntag. Eine Mischung aus Erfahrung, Gewandtheit am Lenkrad und dem richtigen Urteil zum Grip-Niveau sind dafür besonders wichtig. Button begann das Rennen, wie jeder Andere, auf Intermediates und wechselte in Runde elf auf Supersoft-Reifen. Mark Webber, Felipe Massa und Rubens Barrichello waren in Runde zehn hereingekommen und Webber fuhr sofort die schnellsten Sektorzeiten; damit waren alle Anzeichen vorhanden.

Beim ersten Stopp lief noch alles für Lewis Hamilton, Foto: Sutton
Beim ersten Stopp lief noch alles für Lewis Hamilton, Foto: Sutton

Massa war allerdings besonders vorsichtig mit den Trockenreifen auf feuchter Strecke, weil er Probleme hatte, sie auf Temperatur zu bringen. Button, auf Platz drei liegend, reagierte und stoppte in Runde elf, während Fernando Alonso das nicht tat. Auch der Führende, Lewis Hamilton, sowie Sebastian Vettel und Nico Rosberg kamen nicht herein. Sie warteten bis Runde zwölf für ihren Wechsel. Mit Ausnahme von Hamilton, der einen Vorsprung von fünf Sekunden hatte, verloren dadurch alle Zeit und Positionen; Button kam an Vettel vorbei und war stoppbereinigt Zweiter, während Webber vor Alonso und Rosberg auf P4 war.

Die superweichen Reifen hielten nicht lange. Die Vorhersagen vor dem Rennen besagten, sie würden 20 Runden halten, in Realität hielten sie aber eher 15 oder 16 - bei Hamilton sogar noch kürzer. Er hatte einen neuen Satz, den er sich im Qualifying aufgespart hatte und pushte damit sehr hart, um sich um neun Sekunden von Button abzusetzen. Aber nach 14 Runden musste er wieder stoppen, Button stoppte eine Runde später. Der Abstand blieb bei etwa sechs Sekunden, aber der entscheidende Moment war, als Hamilton in Runde 40 noch einen Satz Supersofts holte. Damit gab es keine Chance, dass er bis zum Schluss durchfahren könnte. Button ließ in Runde 42 weiche Reifen montieren und wusste, er würde damit bis ins Ziel kommen.

Jenson Button konnte auf dem weichen Reifen gegen Lewis Hamilton auf dem superweichen mithalten, Foto: Sutton
Jenson Button konnte auf dem weichen Reifen gegen Lewis Hamilton auf dem superweichen mithalten, Foto: Sutton

Und so kamen sie zu ihren Entscheidungen: Der gebrauchte Supersoft war pro Runde 0,8 Sekunden schneller als der neue Soft, also war Hamiltons Taktik, eine Führung von mehr als 18 Sekunden aufzubauen, um noch einmal stoppen und seine Führung behalten zu können. Mit einem Stint von 15 Runden hätte er das leicht schaffen sollen, allerdings war Button auf den Softs genauso schnell wie er, wenn nicht sogar etwas schneller. Als in Runde 47 leichter Regen kam, drehte sich Hamilton und verlor die Führung an seinen Teamkollegen. Da er nun hinter Button lag und den falschen Reifen drauf hatte, steckte er in einer Zwickmühle.

Vettel, der ebenfalls auf weichen Reifen durchfahren konnte, wäre ebenso beim Stopp an ihm vorbeigekommen wie Webber. Obwohl Hamilton Button angriff und vorbeikam, brauchte er eine Entscheidung, die alles drehen konnte. Das hätte der Wechsel auf den Intermediate sein können, den er in Runde 52 holte, als der Regen andauerte. Doch das stellte sich als ein Fehler heraus. Obwohl die Rundenzeiten um bis zu elf Sekunden langsamer wurden, war es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren, da der Schauer abklang und sich die Zeiten innerhalb von drei Runden wieder normalisierten. Die Fahrer auf Intermediates mussten dann wieder für Trockenreifen stoppen.

Fernando Alonsos konnte in der zweiten Rennhälfte einiges wieder wettmachen, Foto: Sutton
Fernando Alonsos konnte in der zweiten Rennhälfte einiges wieder wettmachen, Foto: Sutton

Button, Vettel und Alonso holten sich keine Intermediates und blieben vor Hamilton, Webber holte sich welche und blieb dahinter. Daher war die Entscheidung für die Intermediate-Reifen wichtig für das Endergebnis, aber sie war nicht entscheidend; die Wahl des weichen Reifens davor war entscheidend. Alonso machte vieles ähnlich wie Hamilton. Blickt man auf die Länge seiner Stints, hatte er von vornherein vier Stopps geplant, vor allem nachdem er zu Beginn Zeit hinter Rosberg verloren hatte. Beim Wechsel von Intermediates auf Slicks kam Webber an ihm vorbei, weil er zu lange draußen blieb.

Alonsos erster Trocken-Stint auf Supersofts dauerte 13 Runden, sein zweiter Stint war elf Runden lang, der dritte ebenfalls elf und der vierte Stint auf Softs ging über 23 Runden. Beim dritten Stopp überholte er Webber, weil er drei Runden früher reinkam. Außerdem machte er nicht den Fehler, in Runde 50 Intermediates zu holen, was ihn vor Hamilton brachte. Nach einer etwas unsauberen ersten Rennhälfte war das ein gutes Comeback.

Toro Rosso nahm wieder Zählbares mit, Foto: Sutton
Toro Rosso nahm wieder Zählbares mit, Foto: Sutton

Starke Ergebnisse gab es für die zwei Toro-Rosso-Fahrer; Sebastien Buemi kam von Platz 23 auf acht, während Jaime Alguersuari zum vierten Mal in fünf Rennen Punkte holte, indem er wieder einen längeren Mittel-Stint auf dem härteren Reifen fuhr und einen Stopp weniger machte als die Anderen. Diese Taktik war für Toro Rosso und Sauber in diesem Jahr so erfolgreich, dass es überraschend ist, dass nicht mehr Mittelfeld-Teams sie ausprobiert haben. Allerdings ist es dafür auch notwendig, schonend mit den Reifen umzugehen.

Durchbruch für Paul di Resta

Paul di Resta holte mit Platz sieben sein bislang bestes Formel-1-Ergebnis, das war auf viele Arten ein Durchbruch. Laut UBS Strategy Report waren die Ingenieure des Schotten beeindruckt davon, wie gefasst und kompetent er sich in den heikelsten Momenten des Rennens verhielt, etwa als es in Runde 50 regnete. Er traf die Entscheidung, zu dem Zeitpunkt nicht an die Box zu kommen. Nach den ersten Rennen konnte di Resta nicht an seine guten Auftakt-Ergebnisse anschließen, nach Ungarn dürften die anderen Teams aber wieder auf ihn aufmerksam geworden sein, da das nicht die Fahrt eines Rookies war.

Paul di Resta war auf der identischen Taktik wie Jenson Button unterwegs, Foto: Sutton
Paul di Resta war auf der identischen Taktik wie Jenson Button unterwegs, Foto: Sutton

Ein Blick auf seine Strategie ist deswegen interessant, weil sie genau wie jene von Button war. Er holte nach den Intermediates zum Start die superweichen Reifen, wobei seine neu waren, weil er nicht in Q3 kam und sich so einen Satz aufgehoben hatte. Button kam in Runde 27 für einen gebrauchten Satz Supersofts herein und di Resta tat es ihm gleich. In Runde 42 holte sich Button Softs ab und di Resta machte abermals das Gleiche. Es deutet nichts darauf hin, dass er Button kopierte, es scheint eher wie ein Zufall. Es ist aber interessant, weil die Wahl der Slicks aufgrund der Daten vom Freitags-Training getroffen wurde, an dem beide gute Haltbarkeit und gute Pace aus dem Soft geholt hatten.

Dadurch war es klar, dass der Gummi an einem leichteren Auto gegen Ende des Rennens 30 Runden durchhalten würde. Di Resta fuhr gegen Rosberg, der im zweiten Stint die weichen Reifen gewählt hatte. Als sich der Mercedes-Pilot für Intermediates entschied, ging der Kampf zugunsten des Schotten aus. Es war das zweite Rennen in Folge, bei dem Force India vor Mercedes ins Ziel kam. Weiter war es das siebte Mal in elf Rennen, dass Rosberg das Ziel hinter seiner Startposition erreichte. Als kleine Randnotiz: da Button sechs seiner elf Rennen bei diesen Bedingungen gewonnen hat, ist es vielleicht keine schlechte Idee, ihn an solchen Tagen zu kopieren - er liegt nicht oft falsch.