Die Tage einer privilegierten Vormachtstellung Ferraris in der Formel 1 scheinen vorüber zu sein. In der Vergangenheit warfen viele Kritiker dem italienischen Traditionsrennstall vor, ob seiner langen Zugehörigkeit und großen Fangemeinde, bei gewissen Entscheidungen durch den Automobil-Weltverband FIA bevorzugt zu werden.

Nun glauben einige Fahrerlager-Experten aber, erste Anzeichen festgestellt zu haben, die belegen, dass diese Sonderbehandlung vorbei wäre. Ferrari hatte zuletzt beispielsweise darauf gedrängt, dass Reifenlieferant Pirelli für das kommende Rennen in Silverstone davon abrücken würde, mit der härtesten Reifenkomponente nach England zu reisen. Pirelli gab den Bitten der Scuderia jedoch nicht nach, sondern hielt in Einklang mit der Mehrheit der anderen elf Teams an seiner Entscheidung fest.

Früher zu viel Politik im Sport

Von einem übersteigerten Einfluss Ferraris auf politische Entscheidungen, könne also nicht mehr die Rede sein. Das findet auch der brasilianische Journalist Livio Oricchio, der seit Jahren eine anerkannte Größe im Fahrerlager ist. "Die Realität der Neuzeit ist für Ferrari heute eine andere", meinte Oricchio in Bezug auf die Vergangenheit. Noch vor wenig Jahren habe das aber anders ausgesehen. So spottete Minardi-Besitzer Paul Stoddart seiner Zeit noch, das Kürzel FIA würde für "Ferraris Internationale Assistenz" stehen.

An diese Zeit erinnert sich auch Red-Bull-Technikchef Adrian Newey, der Anfang des Jahrtausends noch bei McLaren beschäftigt war. "Es gab um das Jahr 2002 herum eine Phase, in der es scheinbar sehr viel Politik in der Formel 1 gab - besonders zwischen Ferrari und der FIA, in Bezug darauf, was sie sich erlauben konnten und womit sie durchgekommen sind", erklärte der Brite rückblickend.

Für ihn und sein Gerechtigkeitsempfinden habe sich dieses Schauspiel durchaus negativ ausgewirkt, gab Newey jetzt zu. "Ich wurde mit Blick auf den Sport regelrecht desillusioniert und sah mich dann nach etwas anderem um. Ich brauchte eine neue Herausforderung und fand diese dann mit Red Bull", so der Engländer, der angab, das Leben im Fahrerlager mittlerweile aber wieder in vollen Zügen zu genießen.