Spätestens seit dem Rennen in China weiß jedes Team der Formel 1, wie wertvoll jeder frische Reifensatz für das Rennen ist. Mark Webber konnte sich in Shanghai dank drei frischer, weicher Reifensätze von Platz 18 auf drei nach vorne fahren - allerdings war das Ausscheiden in Q1 nicht geplant gewesen. Daher feilt nun jedes Team daran, das Qualifying so zu gestalten, damit im Rennen möglichst viele frische Reifensätze übrig bleiben. Das war in der Türkei gut zu beobachten, wo beispielsweise Red Bull in Q3 nach dem ersten Run die Autos abstellte.

"Wenn man alle Reifen verbrennt, um vorne zu stehen, wird man im Rennen dafür bezahlen", sagte Mercedes-Teamchef Ross Brawn am Samstag in Istanbul. Er erachtete es als wichtig, eine gute Balance zu finden, zwischen Reifen, die man für einen guten Startplatz einsetzt und Reifen, die man für das Rennen aufspart. "Marks Fahrt in China war außergewöhnlich. Wir werden aber nicht absichtlich im Qualifying hinten stehen, damit wir Reifen aufsparen. Wir versuchen aber alle, nur Primes im ersten Qualifying einzusetzen, wenn das möglich ist", meinte Brawn.

Kobayashi erleichtere Sparplan

In Istanbul wurde dabei allen geholfen, weil Kamui Kobayashi in Q1 mit einem Defekt liegen blieb und daher früh als ausgeschieden feststand. Da die neuen Teams auch mit harten Reifen zu schlagen sind, konnten alle sparen. "In einigen Rennen wird dann klar sein, wie die Balance aussehen muss. Da man dieses Jahr leichter überholen kann, muss man das auch berücksichtigen. In Monaco kann man sich aber auch gut verteidigen, wenn man langsam ist. Dort wird das Qualifying wichtiger. In China, wo man eher überholen kann, ist das Qualifying weniger wichtig", erläuterte der Mercedes-Teamchef.

Die Balance zwischen Rennen und Qualifying ist in jedem Fall heikel. Denn die Reifen bauen mit jeder Runde ab, je mehr Runden sie also im Qualifying gefahren wurden, desto langsamer sind sie zu Anfang des Rennens. "Idealerweise haben sie möglichst wenige oder null Runden drauf und wenn das so ist, dann sind sie schneller. Jede Runde mit dem Reifen kostet eine oder zwei Zehntel. Ein Reifen, der drei, vier Runden alt ist, wenn er im Rennen zum Einsatz kommt, wird also drei oder vier Zehntel langsamer sein als ein neuer. Das bleibt den ganzen Stint so, also muss man das einrechnen", erklärte Brawn.

Schwierige Balance

Das war auch Webbers Vorteil in China. Er hatte drei frische Sätze weicher Reifen, was ihm bei den Rundenzeiten ein deutliches Plus verschaffte. "Wir lernen alle, wie man die Reifen nutzt, um die Strategie im Qualifying für den Rennbeginn anzupassen. Es ist eine Balance: Ist man zu weit hinten und hat neue Reifen, hat man ebenso Probleme wie wenn man vorne ist und hinter einem Leute mit neuen Reifen ankommen."