Dr. Helmut Marko wusste am Sonntag in Shanghai nicht genau, wo er mit seinen Gefühlen hin sollte. Mark Webber hatte dem Red-Bull-Motorsportberater mit seiner Fahrt von Platz 18 auf drei viel Freude gemacht, Sebastian Vettel hatte derweil viele Probleme gehabt und beendete das Rennen nach der Pole Position auf dem zweiten Platz. "Bei Webber hat es von der ersten bis zur letzten Runde optimal funktioniert. Auch die Reifenwahl war richtig, der Start mit hart. Von 18 auf drei zu fahren, ist bemerkenswert", äußerte sich der Grazer über die positive Seite.

Das böse KERS

Über Vettels Schwierigkeiten hatte Marko etwas mehr zu erzählen. Die begannen wie so oft bei Red Bull mit KERS. "Am Start hat KERS nicht die volle Leistung abgegeben, deswegen kamen die zwei McLaren nach vorne. Der erste Stint war dann noch in Ordnung. Im zweiten Stint ist KERS ausgefallen oder brachte nicht die volle Leistung. Das macht sich in der Bremskraftverteilung bemerkbar und dadurch hat er sich einen Bremsplatten eingefangen. Er musste früher wechseln als geplant. Dadurch hat sein Reifen am Ende mehr abgebaut, als wir das kalkuliert hatten. Es kam noch dazu, dass KERS bei Vettel vor allem in der Phase, in der Hamilton attackierte, überhaupt nicht funktioniert hat", erklärte Marko.

Zu dem Problem mit KERS kam noch eines mit dem Funk hinzu. Vom Auto zur Box gab es gar keinen Kontakt, von der Box zum Auto funktionierte es nur teilweise. Daher musste mit Boxensignalen gearbeitet werden. Das verzögerte aber einiges und war gerade in der Situation mit dem Bremsplatten wenig hilfreich, weil die bei Früh-Erkennung noch gemeistert hätte werden können. "Im Nachhinein wären drei Stopps sinnvoller gewesen. Aber wenn solche Sachen dazwischenkommen... Als wir dann reagiert haben, war es eigentlich schon zu spät. In den zwei, drei Runden mit dem Bremsplatten hat er zu viel Zeit verloren", sagte Marko.

Umstellen ohne Funk ging nicht

An der Telemetrie sah das Team zwar, dass etwas nicht stimmte, bis zum Gegencheck mit den Zeiten und der letztendlichen Boxentafel-Mitteilung an Vettel war auf der langen Runde in Shanghai aber schon zu viel Zeit vergangen, um die Strategie noch umzustellen. "Wenn wir den Funk gehabt hätten und sofort gewusst hätten, wie stark die Reifenbeschädigung ist, wären wir sofort reingekommen und hätten gewechselt", betonte Marko.

Aufgrund der ganzen Probleme wollte er auch weiter davon ausgehen, dass Red Bull das schnellste Auto hat. Angesichts der vielen Parameter, vor allem der Reifen, sei es aber sehr schwierig. "Unser Longrun am Freitag hatte etwa bessere Werte als heute im Rennen, was eigentlich widersinnig ist, weil ja mehr Gummi auf der Strecke ist und sie reiner ist. Das ist nur ein so ein Faktor. Wenn man den Punkt versäumt, an dem die Reifen einbrechen, sind das gleich ein paar Sekunden pro Runde. Das hat man bei Hamilton im ersten Stint gesehen."

Kein Grund für Nervosität

Neben diesen Dingen gibt es aber auch noch die Baustelle KERS. Für Red Bull ist das System ganz neu, da man es 2009 nicht verwendet hat. "Es wäre nicht Adrian Newey, wenn er ein normales KERS bauen würde. Unseres ist deutlich komplexer und daraus resultieren auch teilweise die Probleme. Aber das ist eben Newey und unser Augenmerk ist darauf gerichtet, dass wir das in den Griff kriegen", meinte Marko. Vorerst sah er aber ohnehin keinen Grund zur Panik. Man sei in beiden Weltmeisterschaften vorne und im Vergleich zum Vorjahr sehe es deutlich besser aus. "Wenn ein Rennen mit so vielen Fehlerquellen verloren geht, sehe ich keinen Grund, warum man nervös werden sollte."