Formel 1. Für Michael Schumacher ist das die Faszination, die schnellsten Autos zu beherrschen, die ein Rennfahrer auf einer Rennstrecke bewegen kann. "Du kannst das Auto so hintunen, dass du beim Fahren das Gefühl hast: Wow, ich bin am Limit", sagt Schumacher. "An diesem extremen Zufriedenheitsgefühl kannst du dich begeistern, wenn du absolut am Limit fährst und weißt, du hast das Auto dorthin entwickelt."

Dieses Glücksgefühl hat ihm in seiner dreijährigen Auszeit gefehlt, ein Formel-1-Auto an der Leistungsgrenze zu fahren. Vereinzelte Kart- sowie Motorradrennen und entspannter Amerika-Urlaub mit der Familie reichten nicht aus, um seinen Durst nach Adrenalin zu stillen. Die Lust auf das Zähmen einer 750-PS-Rakete war zu groß.

Aber wie viel Spaß bereitet ihm die heutige Formel 1 noch? Drei Jahre Pause klingt nicht nach viel, doch in Schumachers Auszeit haben sich die Autos stark verändert, so wie in den Jahren zuvor. Seit seinem Debüt in Spa 1991 wurden aus zwei Meter breiten Autos mit 3,5 Liter V12-Motor, ABS, aktiver Radaufhängung sowie Traktions- und Startkontrolle bis zu seinem Comeback in Bahrain 2010 1,8 Meter schmale Autos mit langlebigem 2,4 Liter V8-Motor, Einheitselektronik, Vierwochenendgetriebe und ohne elektronische Fahrhilfen. Dazwischen lagen so verrückte Dinge wie Rillenreifen und eine kinetische Energierückgewinnung beim Bremsen namens KERS. Ab 2013 soll die Formel 1 sogar mit 1,6 Liter Vierzylinder-Motoren fahren.

Was gefiel Schumacher bisher am besten? "Ganz klar, die Autos der Jahre 2002 bis 2004 waren die interessantesten Rennwagen", sagt er rückblickend. Die technischen Möglichkeiten, die Reifen, das aerodynamische Gesamtpaket gefielen ihm am besten - und nebenbei fuhr er mit diesen Ferrari-Boliden Anfang der 2000er Jahre die meisten seiner WM-Titel, Siege und Rekorde ein. "Sie waren schneller, präziser und diffiziler zu fahren. Das fordert den Rennfahrer mehr und gibt dadurch eine größere Zufriedenheit." Denn je größer die Herausforderung am Lenkrad ist desto mehr Spaß hat ein Vollblutrennfahrer.

Der Ferrari von 2002 war einer von Schumacher Lieblingsboliden, Foto: Sutton
Der Ferrari von 2002 war einer von Schumacher Lieblingsboliden, Foto: Sutton

Langweilig sind die aktuellen Autos deshalb nicht. Die Frage lautet viel eher, ob Autos mit weniger Technik so viel anders sind als ihre hoch technisierten Vorgänger? Schumacher glaubt das nicht. Erstens kommt dann der Faktor Fahrer mehr zum Tragen und zweitens erinnert er sich an die Zeit, als die Teams das erste Mal mit einer erlaubten Traktionskontrolle in den Autos fahren durften. Damals waren sie von den Vorteilen begeistert. "Dann mussten wir sie ausbauen, aber wir wussten genau, woran wir innerhalb der Regeln arbeiten mussten, damit wir Autos ohne Traktionskontrolle hatten, die sich grundsätzlich wie Autos mit Traktionskontrolle fahren ließen."

In der heutigen Formel-1-Welt findet die meiste Entwicklung abseits der Rennstrecke in der Fabrik statt. Testfahrten sind während der Saison verboten, also müssen die Daten noch genauer und intensiver studiert, analysiert und in Verbesserungen umgesetzt werden. "Wir können heute wesentlich schneller analysieren, in welchen Bereichen wir Entwicklungsschritte brauchen", vergleicht Schumacher die Simulationsmöglichkeiten mit seiner Zeit bei Ferrari.

Die heutigen Daten seien qualitativ hochwertiger und präziser. Auch das, die Arbeit mit den Ingenieuren, die Suche nach Lösungen, besitzt für Schumacher einen gewissen Spaßfaktor. Allerdings nicht so viel wie Eau Rouge mit Vollgas zu durchfahren oder ein GP-Sieg. Denn auch beim Spaß kennt Schumacher Steigerungsformen: "Natürlich macht es mehr Spaß, wenn man erfolgreich ist." Egal mit welchem Auto - selbst wenn ein Vierzylinder im Heck steckt?

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Die wichtigsten Technikänderungen seit 1950

1950 4,5 l Saug-, 1,5 l Kompressormotor
1954 2,5 l Saugmotor, 750 ccm Kompressormotor
1961 1,3-1,5 l Saugmotor
1966 3,0 l Saug-, 1,5 l Turbo- oder Kompressormotor
1972 max. 12 Zylinder, Mindestgewicht 550 kg
1973 max. 250 l Sprit, Mindestgewicht 575 kg
1983 Verbot von Schürzen
1985 max. 195 l Sprit
1986 1,5 l Turbos
1987 1,5 l Turbos und 3,5 l Saugmotoren
1989 nur 3,5 l Saugmotoren
1994 Verbot elektronischer Hilfen, Tankstopps erlaubt
1995 3,0 l Motoren
1998 Rillenreifen, Maximalbreite 1,8 m
2001 Traktionskontrolle (TK) erlaubt
2004 automatische Getriebe verboten
2005 Motoren für 2 GP, keine Reifenwechsel
2006 2,4 l V8 oder limitierter V10, Reifenwechsel erlaubt
2007 max. 19.000 U/Min., 2 Reifenmischungen im Rennen
2008 nur 2,4 l V8, TK verboten, Einheits-ECU, Getriebe für 4 GP
2009 KERS, Slicks, 8 Motoren pro Jahr, max. 18.000 U/Min.
2010 Tankverbot, KERS-Verzicht
2011 KERS-Rückkehr, Verstellbare Heckflügel
2013 1,6 l Vierzylinder-Motoren