Fünf Komma eins Sekunden. So viel betrug der Rückstand des besten Virgin-Piloten Timo Glock im ersten Qualifying der Saison 2010 in Bahrain. Damit war Glock der schnellste Fahrer der drei neuen Teams. Beim letzten Rennen in Monza lag Glock nur 3,5 Sekunden hinter der Bestzeit des Q1. Natürlich hinkt dieser Vergleich aufgrund der stark unterschiedlichen Streckencharakteristiken - doch eins veranschaulicht er so oder so: Virgin Racing hat sich im Laufe des Jahres verbessert.

Damit schaffte Technikchef Nick Wirth zumindest zum Teil, was er sich zum Ziel für diese Saison gesetzt hatte: Die Formel-1-Welt davon zu überzeugen, dass die reine Entwicklung eines Rennautos mittels CFD auch in der Königsklasse möglich ist. Doch die schwierigste Aufgabe steht für Wirth erst noch an: Für 2011 muss er beweisen, dass er mittels CFD ein F1-Auto bauen kann, das nicht nur mit den anderen neuen Teams mithält, sondern auch gegen die etablierten Rennställe konkurrenzfähig ist.

CFD - Windkanal

"Bei der Aerodynamikentwicklung ist es für uns momentan vielleicht einfacher, mit CFD Fortschritte zu erzielen als mit einem Windkanal", glaubt Mark Herd, Head of Performance and Race Engineering bei Wirth Research. "Wir können zwei Programme gleichzeitig laufen lassen - mit einem Windkanal muss man sich zwischen dem aktuellen und dem nächstjährigen Auto entscheiden."

Virgin könne hingegen für beide Autos Berechnungen anstellen und sehen, was dabei herauskommt. So befinde sich das Team durchaus noch in einer Phase, in der es für die laufende Saison Weiterentwicklung betreibe, um den so wichtigen 10. Platz in der Konstrukteurswertung doch noch zu erreichen. "Gerade bei der Aerodynamik beweisen wir, dass unsere Technologie funktioniert", betont Herd.

Da sich die Regeln für 2010 nicht dramatisch verändern, seien diese Verbesserungen auch gleichzeitig die Grundlage für das nächste Auto. "Wenn also etwas jetzt funktioniert, wird es auch nächstes Jahr ein Vorteil sein", meint Herd.

CFD-Budget - Windkanal-Budget

Noch fährt Virgin weit hinterher, Foto: Sutton
Noch fährt Virgin weit hinterher, Foto: Sutton

CFD sei der beste Weg, um Performance zu einem vorgegebenen Budget zu erhalten. "Unser Budget ist sicher niedriger als das der meisten anderen Teams", betont er, ohne Zahlen zu nennen. "Wenn wir mehr Geld hätten, würden wir es in CFD stecken, wir würden nicht in den Windkanal gehen."

Die Konkurrenz besitzt zum Teil zwei Windkanäle, die allerdings aus Kostengründen Restriktionen unterliegen, und zusätzlich CFD-Computer. "Das sind riesige Ausgaben", weiß Herd. "Wenn man ein Entwicklungsprogramm im Windkanal betreibt, muss man es mit zwei Windkanälen machen." Denn sonst sei es zu diesem Zeitpunkt der Saison schwierig, zwischen dem aktuellen und dem nächstjährigen Auto zu wechseln. Bei CFD lassen sich die Ressourcen sehr einfach aufteilen. "10% auf nächstes Jahr, 90% auf jetzt, aber man kann auch sehr einfach auf 50:50 wechseln - wir sind sehr flexibel."

Die Saison 2010 sieht Herd als Lehrjahr, teilweise sogar als sehr schmerzhaftes Lehrjahr. "Aber wir haben sehr viel gelernt und würden im nächsten Jahr gerne gegen einige der etablierten Teams antreten", blickt er voraus. Sauber, Toro Rosso und Force India kommen ihm als Gegner in den Sinn. Dann wird sich zeigen, ob die Arbeit mit CFD gut genug ist, um gegen diese Teams um WM-Punkte zu fahren. Dafür darf der Rückstand im ersten Qualifying in Bahrain 2011 aber weder fünf Komma eins noch drei Komma fünf Sekunden betragen.