Matthias Kahle und Thomas M. Schünemann erlebten bis jetzt viele Höhen, aber auch einige Tiefen bei der Dakar 2009. Fünf guten Tagen stehen zwei dramatische Etappen gegenüber. Im Interview blicken die Deutschen auf ihre bisherige Rallye zurück und geben einen Ausblick auf die restliche Dakar.

Matthias, sieben anstrengende Tage liegen hinter euch. Wie viele Stunden hast du in den letzten Tagen geschlafen?
Matthias Kahle: Im Schnitt waren es so fünf bis sechs Stunden. Wenn es gut läuft, bekommt man schon ausreichend Schlaf. Im Biwak ist es zwar Tag und Nacht laut, aber mit Ohrstöpseln findet man genug Ruhe. Nach den Problemen auf der fünften Etappe habe ich nur drei Stunden geschlafen. So wenig Schlaf jede Nacht würde einen schon fertig machen.

Auf der fünften Etappe habt ihr einen Stein getroffen. Beschreib mal, wie es dazu kam.
Matthias Kahle: Es war kurz vor dem Ziel der Prüfung in den Dünen. Wie 1000 Mal vorher fuhren wir über einen Dünenkamm und landeten. Dann gab es einen heftigen Schlag, der uns die Lenkung abgerissen hat. Ich könnte es nicht zu 100 Prozent schwören, aber da muss ein Stein gelegen haben. Da kannst du nichts machen. Der Unfall war nicht zu verhindern.

Wie zufrieden bist du mit eurer Leistung bisher?
Matthias Kahle: Sehr zufrieden. Wir haben bisher alles richtig gemacht. Wir sind immer noch im Rennen, das bedeutet schon einiges. Froh können wir vor allem darüber sein, dass wir so gut vorbereitet waren und den T4-Truck von Mathias Behringer als Absicherung dabei haben. Ohne ihn wären wir bereits am zweiten Tag ausgeschieden.

Viele Prüfungen sind nicht für Buggies gemacht, Foto: Team Kahle
Viele Prüfungen sind nicht für Buggies gemacht, Foto: Team Kahle

Bei einem Blick auf das Gesamtklassement fällt auf, dass vor euch nur ein Hecktriebler ist, der Hummer von Robbie Gordon. Haben die Buggies in Südamerika Nachteile?
Matthias Kahle: Ja, im Gegensatz zur "alten" Dakar sind die meisten Prüfungen nicht für Buggies gemacht. Außerdem ist die Rallye härter als die Dakar in Afrika. Die Strecken sind kurvig und eng, da haben wir mit unseren breiten Buggies Traktionsprobleme durch den Heckantrieb. Wir sind einmal hinter dem Nissan Navara von Laszlo Palik hergefahren. Im kurvigen Abschnitt hat er uns abgehängt, auf den schnellen Strecken haben wir ihn dann wieder eingeholt.

Wie lautet eure Taktik für die restliche Veranstaltung?
Matthias Kahle: Wir werden so weiterfahren wie bisher, immer voll konzentriert und mit einer gehörigen Portion Vorsicht. Ich denke, die Rallye wird erst jetzt so richtig hart. Man hat gesehen, dass es vor allem darum geht, ohne Probleme durchzufahren. Das werden wir versuchen.

Thomas, die Organisatoren haben versprochen, dass die Dakar ihrem Ruf gerecht wird. Ist die "neue" Dakar weiterhin die härteste Rallye der Welt?
Thomas Schünemann: Auf jeden Fall. Diese Rallye übertrifft alles, was wir bisher kennengelernt haben. Und dazu zählt auch die Dakar in Afrika. Es scheint mir manchmal als hätten die Organisatoren ihren eigenen Anspruch mehr als erfüllt. Von den 177 gestarteten Autos sind zur Halbzeit nur noch 97 übrig. Solche Ausfallquoten gab es in den vergangenen Jahren nicht. Bei einigen Prüfungen sind wir wirklich froh, dass sie gekürzt wurden. Die Abschnitte waren steinig, eng und sehr gefährlich. Dabei heißt es noch, dass die erste Woche nur zum Üben sei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der zweiten Woche noch eine Steigerung gibt.

Im Moment liegt ihr auf Platz 21. Vor der Rallye habt ihr Rang 15 als Ziel aus-gegeben. Ist das noch möglich?
Thomas Schünemann: Natürlich ist Platz 15 noch zu schaffen. Voraussetzung dafür ist aber, dass wir keine technischen Probleme haben und gut durchkommen. Natürlich braucht man bei einer Dakar auch das nötige Quäntchen Glück. Wir hatten bisher zwei Mal Pech. Aber auch Glück, sonst wären wir nicht mehr im Rennen. Unser Problem auf der fünften Etappe hat gezeigt, dass manchmal schon zehn Zentimeter den Unterschied ausmachen können.

Bislang war es schön und schlimm, Foto: Kahle Motorsport
Bislang war es schön und schlimm, Foto: Kahle Motorsport

Die Rallye war bis jetzt unglaublich hart. Es gab aber sicherlich auch schöne Momente in den vergangenen sieben Tagen.
Thomas Schünemann: Ja, sehr oft sogar. Das schönste Erlebnis war vor zwei Tagen die Prüfung, welche wir mit Platz neun erfolgreich abgeschlossen haben. Wir haben eine etwas andere Route gewählt, als die anderen und fuhren eine langsam ansteigende Düne hoch, auf der noch keine einzige Spur zu sehen war. Das ist wie beim Skifahren im Neuschnee. Und plötzlich tauchte im Hintergrund ein schneebedeckter Berg der Anden auf. Ein fesselnder Augenblick. Es war so unwirklich. Einfach traumhaft schön.

Und was war für dich das schlimmste Erlebnis bisher?
Thomas Schünemann: Mir fallen spontan zwei Situationen ein, beide auf der fünften Etap-pe. Wir hatten den Buggy gerade von unserem Unfall repariert, fuhren weiter und merkten, dass das Auto noch immer nicht richtig funktioniert. Der T4 war schon weg und nicht erreich-bar. Wir dachten, jetzt ist alles vorbei. Wir sind dann einfach weiter Richtung Ende der Prü-fung gehumpelt und haben einen verletzten Motorradfahrer, den Italiener Federico Ghitti, entdeckt. Er hatte wohl ein Bein gebrochen und zeigte Unterkühlungszeichen. Es war schon spät, Hubschrauber konnten also nicht mehr fliegen. Hier war Hilfe dringend angesagt. Ich habe etwa eine halbe Stunde mit den Organisatoren in Paris gesprochen, um sicher zu stel-len, dass der Motorradfahrer versorgt wird. Dann haben wir noch zwei Stunden bei ihm ge-wartet, damit ihm nichts passiert.