Erstmals bestreiten Sie eine komplette Saison in der Königsklasse der FIA World Rally Championship – auch wird erstmals eine Sommerpause in dieser Serie gehalten. Freuen Sie sich schon, dass es bald wieder losgeht?

Manfred Stohl: Ja, sehr. Die erste Hälfte ist wie im Flug vergangen - auch wenn ich nach Griechenland froh war, dass wir nun eine Pause bis 7. August haben. Jetzt fehlt mir das Peugeot WRC schon, anfangs habe ich das gar nicht so bemerkt. Zur Feier des 50-jährigen Bestehens der OMV am 9. Juni war das Auto in Wien, gleich danach haben wir in Finnland einen Tag getestet. Vielleicht ist es die derzeitige Hitze in Österreich, aber jetzt bin ich schon wieder richtig heiß auf die WM und alles was dazu gehört.

Darf man sich das so vorstellen, dass Manfred Stohl nun den ganzen Tag nervös in einem Zimmer auf und abgeht, ständig auf die Uhr blickt und dabei die Sekunden zählt, bis zum Test für die "OMV ADAC Rallye" am 7. August?

Manfred Stohl: "Nein, so ist das nicht. Ich habe mir diese Zeit genommen und meiner Firma Stohl-Racing gewidmet. Wir bauen Rallyeautos - vorrangig für die Gruppe N - und betreuen diese in der WM sowie bei nationalen Meisterschaften.

Macht dieses Geschäft Spaß?

Manfred Stohl: Es ist schwierig, aber grundsätzlich überwiegen die positiven Erlebnisse. Für mein Team und mich ist es eine enorme Motivation, wenn wir gemeinsam mit Kunden und Projekten erfolgreich sind.

Welches sind Ihre derzeitigen Motivationsprojekte?

Manfred Stohl: Eines davon ist für Stohl-Racing sicherlich die Weltpremiere mit dem erdgasbetriebenen Mitsubishi in der Österreichischen Meisterschaft. Bereits beim zweiten Einsatz konnte OMV Pilot Beppo Harrach die Klasse für alternativbetriebene Fahrzeuge gewinnen – das hat mich unheimlich stolz gemacht! Wir sind eine kleine Firma mit zehn Mitarbeitern und haben bei diesem Projekt enorme Entwicklungsarbeit geleistet. Solche Projekte sind eine Herausforderung für unser Team und machen unser Geschäft interessant.

Können Sie sich den Einsatz von alternativbetriebenen Rallyeautos auch in der WM vorstellen?

Manfred Stohl: Absolut – die Autos sind extrem schnell. Ich bin überzeugt, dass man in diese Richtung gehen sollte. Eine "grüne Serie" von Biodiesel bis Erdgas öffnet neue Türen, auch bei Sponsoren. Der Rallyesport würde so eine Vorreiterrolle beim Thema Verantwortung im Motorsport übernehmen.

Sie arbeiten in der Firma Stohl-Racing – was macht der WM-Pilot Manfred Stohl an einem ganz normalen Werktag in der Sommerpause zur FIA World Rally Championship?

Manfred Stohl: Das ist unterschiedlich. Büroarbeit, Verträge, Verhandlungen, Inventur, Logisitik – oder auch an Autos schrauben. Besonders interessiert mich aber die Entwicklungsarbeit. In den letzten Wochen habe ich Fahrwerkstests auf Schotter und Asphalt durchgeführt. Gemeinsam mit dem slowenischen Meister und dem Sieger der "Skoda Rally Maribor" Andrej Jereb konnten wir weitere Verbesserungen in diesem Bereich erzielen. Diese Entwicklungen setzen wir dann natürlich bei all unseren Projekten – egal ob für das OMV CEE World Rally Team in der FIA P-WRC oder in nationalen Meisterschaften – ein.

Sie haben jetzt nichts von Presse- oder Medienarbeit gesagt, wie sieht Manfred Stohl diesen Bereich?

Manfred Stohl: Medienarbeit gehört zum Leben eines Sportlers und mir macht es Spaß in diesem Bereich zu arbeiten. In dieser Saison habe ich schon bemerkt, dass das Interesse an meiner Person enorm gestiegen ist. Mir wird jetzt mehr Zeit im Fernsehen und mehr Platz in den Medien national und auch international gewidmet. Ich möchte mich daher bei allen Redakteuren und Journalisten bedanken, die mir und dem Rallyesport diese Aufmerksamkeit schenken.

Gibt es aus diesem Bereich Geschichten, die Ihnen besondere Freude bereitet haben?

Manfred Stohl: Wenn man Redakteure, Journalisten oder auch Fans trifft, die einen schon lange Zeit begleiten, ist das wie ein Treffen mit Freunden. Es macht mir Spaß zu diskutieren und die Meinung anderer Personen über den Rallyesport zu hören. In letzter Zeit habe ich aber auch einige Sidestories gemacht – Fotoshooting mit Top-Modells oder einen Test der Österreichischen Motorsporthelden von einem Monatsmagazin. Wenn du dann in der Zeitung liest, dass "Manfred Stohl das hält, was George Clooney nur verspricht" hängst du schon auch die Printversion mit einem Schmunzeln im Gesicht auf das schwarze Brett in deiner Firma.

Waren Sie in den vergangenen Wochen bei Rallye-Veranstaltungen?

Manfred Stohl: Ja, ich war am 16. und 17. Juni in der Steiermark bei einem Österreichischen Meisterschaftslauf. Ich habe dort Freunde getroffen, unser OMV Erdgas-Projekt betreut und natürlich auch den Sieg mit dem gesamten Team gefeiert. Am kommenden Wochenende fahre ich in die Tschechische Republik zur Rally Bohemia. Stepan Vojtech wird dort erstmals mit einem Peugeot 307 WRC am Start sein und ich möchte ihn gerne unterstützen – meine Erfahrungen sollen kein Geheimnis sein, sondern auch anderen Fahrern helfen. Jani Paasonen hat bei dieser Rallye mit einem Skoda Octavia WRC genannt, auf ein Fachsimpeln mit meinem ehemaligen Teamkollegen aus dem OMV World Rally Team in der P-WRC 2004 freue ich mich.

Wie haben Sie die Fußball-WM 2006 erlebt?

Manfred Stohl: Ein Großevent an dem man nicht vorbeikommen konnte. Ich habe im Vorfeld auf die Mannschaft der Tschechischen Republik getippt. Leider sind sie nicht über die Vorrunde hinaus gekommen. Im Nachhinein redet es sich immer einfacher, aber jetzt frage ich mich auch, weshalb ich nicht die Italiener favorisiert habe. Mich verbindet viel mit diesem Land – ich bin einige Jahre mit einem Italienischen Team in der WM gefahren. Ihre Mentalität gefällt mir, den 9. Juli hätte ich gerne bei unseren Nachbarn verbracht.

Sie wurden 2005 zum Motorsportler des Jahres in Österreich gewählt – sehen Sie auch in diesem Jahr Chancen auf den Titel?

Manfred Stohl: Wir haben bis zur Halbzeit eine durchwegs positive Leistung geboten, natürlich möchte ich weitere gute Ergebnisse erzielen. Ehrgeiz gehört zu den wichtigsten Eigenschaften eines Sportlers, sobald man zufrieden ist, läuft man Gefahr zu verlieren. Es wäre sicherlich eine tolle Geschichte, den Titel erneut zu gewinnen. Trotzdem interessiert mich nach wie vor, weshalb der Motorsport in Österreich nicht gefördert wird. Ich habe mich zu diesem Thema bereits bei der Verleihung im November 2005 geäußert. EUR 30 Mio. werden jährlich vergeben, nach wie vor ist der Motorsport jedoch ausgeschlossen. Zwar wurde versprochen, dass man sich dieser Sache annimmt, aber ich habe noch keine Bewegung in diese Richtung wahrgenommen.

Die FIA hat ebenfalls Reglementänderungen für 2007 angekündigt. Vor allem im Bereich Veranstaltungs-Kalender hat sich einiges getan – wie stehen Sie dazu?

Manfred Stohl: Mit drei neuen Veranstaltungen hätte ich nicht gerechnet. Es ist schade, wenn ein Veranstalter seinen WM-Status verliert, denn jeder einzelne bemüht sich. Mitbewerb belebt aber auch die Szene und den Sport. Ich finde diese Entscheidung der FIA sehr mutig, und in jedem Fall richtig. Kostenreduktion ist in unserem Sport enorm wichtig und daher ist es gut, dass nicht aufgestockt wurde, sondern dass man sich erneut auf 16 Veranstaltungen für 2007 geeinigt hat.

Ein volles Programm trotz Sommerpause – bleibt da noch Zeit für Ihre Familie und Freizeit?

Manfred Stohl: Leider viel zu wenig. Am 28. Mai 2006 ist meine Tochter Hanna zur Welt gekommen. Ich versuche natürlich soviel Zeit wie möglich mit meiner Familie zu verbringen, denn als Vater möchte ich auch das Heranwachsen meiner Tochter bewusst miterleben.

Wie sieht es mit Urlaub aus?

Manfred Stohl: Gemeinsam mit meiner Freundin Michaela und meiner Tochter haben wir noch erholsame Tage in Tirol geplant. Österreich ist ein tolles Land – ich bin viel unterwegs und daher weiß ich meine Heimat erst recht zu schätzen. Ich möchte gerne Mountainbiken, Bergsteigen und Zeit mit meiner Familie verbringen, bevor es am 7. August mit unserem Test für die OMV ADAC Rallye in Deutschland wieder los geht.