Philipp, wie lief das zweite VLN-Rennen aus eurer Sicht?
Philipp Eng: Wir hatten perfekte Bedingungen, um uns dem großen Ziel - dem Sieg beim 24-Stunden-Rennen - weiter anzunähern. Das Qualifying lief ganz gut mit Platz acht und weniger als drei Sekunden Rückstand zur Spitze. Im Rennen konnte ich mich bis auf die sechste Position verbessern. Dann fiel ich leider etwas zurück, weil die Konkurrenz auf den Geraden noch etwas schneller ist. Wir haben aber eine gute Basis gelegt und konnten viele Dinge am Auto aussortieren, was Setup und Abläufe betrifft.

Wie klappte die Zusammenarbeit mit dem neuen ROWE Racing-Teamkollegen Marc Basseng?
Philipp Eng: Marc ist neu bei uns. Da ging es auch darum, ihn noch besser ins Team zu integrieren und das allgemeine Teambuilding zu stärken, damit wir perfekt vorbereitet sind auf das 24-Stunden-Rennen. In dieser Hinsicht ist uns ein weiterer guter Schritt gelungen. Als Markus nach dem Boxenstopp ins Auto stieg, hatten wir leider etwas Pech mit einer Code-60-Phase direkt während seiner Outlap. Das hat uns einiges an Zeit gekostet. Letztendlich wurden wir 17. im Rennen.

Wie genau funktioniert die Vorbereitung auf das 24-Stunden-Rennen?
Philipp Eng: Ein großer Bestandteil der Vorbereitung besteht darin, das Team zusammenzubringen, damit man von jedem Fahrer, Ingenieur und Mechaniker das maximale Potenzial herausholen kann. Auch geht es natürlich darum, alle Prozesse zu optimieren: Wer macht was, wer spricht mit wem. Und so etwas muss man einfach unter Rennbedingungen machen.

Reichen Testfahrten allein dafür nicht aus?
Philipp Eng: Du kannst bei Testfahrten alles 1.000 Mal durchgehen, aber ohne den Leistungsdruck im Nacken ist das für mich einfach kein richtiger Test. Wir üben auch Boxenstopps unter Rennbedingungen. Wenn du die 24 Stunden gewinnen willst, dürfen gerade hier keine Fehler passieren. Das ist ein sehr wichtiger Bestandteil.

ROWE Racing bereitet sich auf das 24h-Rennen vor, Foto: Gruppe-C GmbH
ROWE Racing bereitet sich auf das 24h-Rennen vor, Foto: Gruppe-C GmbH

Wie sieht es mit der Vorbereitung des Autos selbst aus?
Philipp Eng: Beim Training am Freitag haben wir uns darauf konzentriert, ein gut fahrbares Auto abzustimmen, mit dem wir über die Distanz kommen. Ich finde es sehr wichtig, auf der Nordschleife ein hundertprozentiges Vertrauen ins Auto zu haben und genau zu wissen, wie es in welcher Situation reagiert. Speziell, wenn du beispielsweise im Schwedenkreuz außenrum ein langsameres Auto überholen muss. Da musst du Off-Line fahren und darfst trotzdem keine Zeit verlieren. Da muss man sich einfach aufs Auto verlassen können. Darauf werden die Setups angepasst, damit das Auto für alle Fahrer gut fahrbar ist.

Auch wichtig: Die Performance der Reifen...
Philipp Eng: Die Reifen sind in diesem Jahr natürlich wieder ein ganz großes Thema. Wir haben nicht mehr die Vignetten-Reifen wie im vergangenen Jahr. Wir müssen uns auf die neuen Gegebenheiten anpassen und das Auto darauf abstimmen. Also, dass der Reifen nicht nur für eine Runde gut ist, sondern, dass wir ihn über einen kompletten Stint nutzen können - ohne ihn dabei zu verbrauchen.

Philipp Eng fährt seit 2016 für ROWE Racing, Foto: BMW Motorsport
Philipp Eng fährt seit 2016 für ROWE Racing, Foto: BMW Motorsport

Was bedeuten die neuen Reifen für dich als Fahrer?
Philipp Eng: Es ist schon sehr anders im Vergleich zum vergangenen Jahr. Auch, was den Fahrstil angeht, da müssen wir Fahrer uns wieder anpassen, um mit dem Reifen über die Distanz zu kommen. Es bringt nichts, vier Runden lang 8-Minuten-Zeiten zu fahren, wenn dir danach das Futter ausgeht. Für uns Fahrer war es sehr wichtig, uns unter realen Bedingungen darauf einschießen zu können.

Was könnt ihr noch bei den VLN-Rennen lernen?
Philipp Eng: Die Code-60- und Code-120-Phasen sind ein spezielles Thema. Ich bin ein großer Fan von Sicherheit. Wichtig ist es aber, bei solchen Situationen keine Zeit zu verlieren. Für uns Fahrer geht es darum, zu trainieren, dass wir zur richtigen Zeit bremsen, um die passende Geschwindigkeit zu erreichen. Das Wettbewerbslevel ist so extrem hoch, dass wir schauen müssen, bei derartigen Situationen so wenig Zeit wie möglich zu verlieren. Und bei knapp 200 Autos können wir uns drauf einstellen, dass es die eine oder andere Code-60- oder Code-120-Phase geben wird beim 24-Stunden-Rennen.

Mit dem BMW M6 GT3 soll der Gesamtsieg beim Klassiker gelingen, Foto: Gruppe-C GmbH
Mit dem BMW M6 GT3 soll der Gesamtsieg beim Klassiker gelingen, Foto: Gruppe-C GmbH

Wie wichtig ist dir ein Sieg bei einem VLN-Rennen?
Philipp Eng: Natürlich will ich jedes Rennen gewinnen. Im Vorfeld der 24 Stunden muss man aber einfach das große Ganze sehen. Und das ist für BMW und auch ROWE Racing der Sieg beim 24-Stunden-Rennen. In der Vorbereitung geben wir alles für das große Ziel. Da ist es einfach elementar, dass die Vorbereitung stimmt und man vor dem Rennen optimal aufgestellt ist.

Wie schätzt du die Wettbewerbsfähigkeit in der VLN ein?
Philipp Eng: Das Leistungs-Niveau ist unfassbar hoch in diesem Jahr, allein im Qualifying liegen die Zeiten sowas von eng zusammen. Das ist unglaublich, wenn man bedenkt, dass die Strecke rund 25 Kilometer lang ist und man sie sich mit fast 190 anderen Autos teilt. Man pflügt sich im Qualifying durch den wilden Verkehr und dass dabei letztendlich so geringe Zeitabstände herausspringen, zeigt, dass das Leistungsniveau extrem hoch ist und viele Top-Fahrer und Spitzen-Teams am Start sind. Mitunter die besten GT3-Fahrer, die es überhaupt gibt. Es ist toll, ein Teil davon zu sein.

Philipp Eng und ROWE Racing gewannen 2016 die 24 Stunden von Spa, Foto: BMW Motorsport
Philipp Eng und ROWE Racing gewannen 2016 die 24 Stunden von Spa, Foto: BMW Motorsport