Alvaro Bautista hat es nicht leicht. Alleine in einem Werksteam, das sein Engagement zurückgeschraubt hat und eine schwere Verletzung im ersten Rennen der Saison 2011. Das Motorsport-Magazin hat sich mit ihm unterhalten.

Die Saison des Alvaro Bautista startete nicht wunschgemäß, Foto: adrivo Sportpresse
Die Saison des Alvaro Bautista startete nicht wunschgemäß, Foto: adrivo Sportpresse

Alvaro, du hast dieses Jahr viel Pech. Es konnte eigentlich nicht schlechter losgehen. Aber fangen wir einmal mit Sepang an, wo es gut aussah. Wie sahst du die Situation damals?
Alvaro Bautista: Sicher haben wir dieses Jahr eine bessere Maschine. Beim Test war mein Gefühl gut, da wir nicht so weit von der Spitze weg waren. Okay, Honda war weit vorne, aber der Rest, wie Yamaha, war nur drei Zehntelsekunden voraus und ich fühlte mich sehr gut. Aber jeder weiß, was in Katar passiert ist.

Kennst du den Grund für den Sturz?
Alvaro Bautista: Es war eigenartig, denn ich fuhr mit neuen Reifen raus. Ich machte eine Outlap, dann noch eine Runde und sah dann Pedrosa hinter mir. Ich fuhr zur Seite und er ging vorbei. Ich folgte ihm und als ich in die Kurve ging, stürzte ich, weil der Hinterreifen ausließ. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass er noch kalt war, aber ich denke, es war so. Es ist sehr wichtig, dass dieser Reifen warm ist, damit er arbeitet. Ist er ein wenig kalt, hast du gar keinen Grip.

Du hattest dir den Oberschenkel gebrochen, musstest ins Krankenhaus und intensiv an der Genesung arbeiten. Wie schwierig war es, so schnell wieder zurück zu sein?
Alvaro Bautista: Sicher war es sehr schwierig. Ich musste ja fünf Tage im Krankenhaus in Katar bleiben und lag fünf Tage bewegungslos im Bett. Dadurch bauten die Muskeln sehr stark ab. Als ich nach Spanien kam, begann ich mit meinem Arzt und meinem Physiotherapeuten zu arbeiten. Zuerst begannen wir mit der Beweglichkeit des Beines, damit die komplette Mobilität und Flexibilität wieder zurückkehrt. Das war das Wichtigste.

Danach machte ich mich daran, die Kraft wieder aufzubauen und für die Heilung des Knochens ging ich in eine Überdruck-Kammer. Das half uns, den Knochen wieder gut hinzubekommen. Es war aber sehr anstrengend, da ich jeden Tag von meiner Heimatstadt Talavera nach Madrid fahren musste. Das sind mehr als 100 Kilometer pro Strecke. 24 Stunden am Tag habe ich nur an das Bein gedacht, ich legte Eis auf, nahm Medizin und ging auf Krücken. Es war sehr hart. Mir war der Grad der Verletzung bewusst, ich wollte aber in Estoril wieder dabei sein. Das habe ich geschafft, also war ich glücklich.

Du warst in deiner Karriere schon einige Male verletzt. Wie schwierig ist es, wenn man nicht hundertprozentig fit ist und auf der Maschine aber 100 Prozent geben will?
Alvaro Bautista:Sicher ist das schwierig. Der Kopf macht da Probleme, denn nach eineinhalb Monaten ohne zu fahren, muss er sich einmal wieder an die Geschwindigkeit gewöhnen. Alles kommt schneller auf dich zu, die Kurven sind auf einmal so nahe. Für den Kopf braucht man Zeit, aber auch das Bein war nicht perfekt. Dein Geist sagt dir, geh kein Risiko ein, denn wenn du stürzt, wird es nur noch schlimmer. Es ist wichtig, physisch sehr fit zu sein, aber der Kopf muss auch mitspielen, damit man das Maximum herausholt.

Ist es ein Nachteil, keinen Teamkollegen zu haben, vor allem bei der Entwicklung? Oder ist es ein Vorteil, dass sich alles auf dich konzentriert?
Alvaro Bautista: Ich denke, vor der Saison bei den Tests war es besser, zwei Fahrer zu haben. Da hat man mehr Zeit, neue Dinge zu testen. Aber wenn die Saison läuft, bin ich lieber alleine. Da arbeitet das ganze Team für mich. Nur wenn es so ist wie zu Saisonbeginn, als ich verletzt war, dann ist es ein Vorteil, zwei Fahrer zu haben. So kann die Arbeit weitergehen. Wir haben so aber zwei Rennen verloren und in dem Fall ist es schlechter, alleine zu sein. Aber ich bin mir sicher, nach ein paar Rennen sind wir wieder auf einem guten Level.

Rund um die Technik

Wie sieht es beim Motor aus? Bist du zufrieden, bekommt ihr neue Teile?
Alvaro Bautista: Jeder will immer mehr Kraft, mehr Grip und alles. Ich denke, die beste Maschine von der Kraft her ist im Moment Honda. Das sieht man am Kurvenausgang. Die Maschine zieht da weg und du kannst nichts machen. Du bist voll am Gas, die Honda zieht aber davon. Die Kraft ist sehr wichtig, aber mehr als die Kraft zählt noch die Traktion. Mit viel Traktion kannst du die Kraft auch nutzen. Ohne Traktion, hilft dir die ganze Kraft nichts.

Denkst du, der Wechsel zu 1000cc wird einen großen Unterschied machen?
Alvaro Bautista: Als sie die Regeln zu 800ern änderten, sagte jeder, es wäre unmöglich, schneller zu fahren als vorher. Beim ersten Rennen waren sie dann schneller als die 990er. Ich denke, die 1000er werden mehr Kraft haben, die 800er sind dafür leichter und schneller in der Kurve. In vielen Kurven nutzt man am Ausgang die Kraft nicht vollständig. Ich weiß im Moment nicht, welche Maschine besser ist, aber aktuell würde ich sagen, die 800er ist schneller als die 1000er.

Mit der Claiming Rule sollte das Feld auch wieder voller werden. Das sollte dir und den Zusehern wohl gefallen...
Alvaro Bautista: Sicher. Jetzt ist es lächerlich, denn wir sind 17 Fahrer. Wenn zwei Fahrer im Rennen stürzen, hast du Punkte. In Estoril war ich Letzter und 20 Sekunden hinter dem Fahrer vor mir, bekam aber drei Punkte. Das ist also bedeutungslos. Es wird interessanter, wenn mehr Fahrer dabei sind - das ist auch für die Zuschauer viel besser.

Alvaro Bautista war gern mit der Suzuki unterwegs, Foto: Suzuki
Alvaro Bautista war gern mit der Suzuki unterwegs, Foto: Suzuki

Dies ist dein zweites Jahr in der MotoGP. Aus meiner Sicht warst du voriges Jahr als Rookie gut unterwegs, wenn man dein Material berücksichtigt. Du hast immer gekämpft...
Alvaro Bautista: Voriges Jahr war alles neu für mich, ein neues Team, eine neue Maschine und es gab auch neue Gegner. Da waren Lorenzo und Stoner, gegen die ich schon gefahren war, aber gegen Valentino, Hayden oder Edwards hatte ich noch nie gekämpft. Alles war neu und ich lernte einfach. Es gab viele gute Rennen und im Vergleich mit meinem Teamkollegen Loris Capirossi lag ich nach der Saisonmitte immer vorne. Er hat viel Erfahrung und das bedeutete, dass ich gute Arbeit machte. Vielleicht habe ich im Training zu viel Zeit auf die Spitze verloren, aber im Rennen kämpfte ich und wollte einfach nur die Fahrer vor mir überholen. Mir gefallen die Rennen besser als die Trainings.

Du hast früher schon gezeigt, dass du ein Kämpfer bist...
Alvaro Bautista: Ja, genau. Ich kämpfe immer. Ich erinnere mich an voriges Jahr an Australien. Dort war Suzuki nie in den Top-10 und ich kämpfte mit De Puniet und Kallio um Platz zehn. Als ich auf die Zielgerade kam, war ich Zehnter, hatte aber ein kleines Problem mit dem Benzin und ich wurde wieder überholt. Ich kämpfe aber immer, um so weit vorne wie möglich anzukommen. Wenn es um den Sieg geht, perfekt, aber auch um Platz zehn kämpfe ich gleich. Ich mag das Rennen einfach, denn im Training ist es eine Runde und im Rennen sind es 25, 27 Runden. Da kämpft man jede Runde, jede Kurve und das macht mehr Spaß.

Könnte man sagen, dass du den Rennsport lebst?
Alvaro Bautista: Ja, Rennsport ist mein Leben. Ich genieße es sehr, wenn ich mit anderen Fahrern kämpfe. Das ist fantastisch.

Wie schlimm ist es dann, wenn man verletzt ist?
Alvaro Bautista: Mit einer Verletzung ist es schon schlimm. Wenn man am Oberkörper verletzt ist, ist es aber noch schlimmer. Denn mit einem Problem am Unterkörper kann man noch einigermaßen fahren. Man muss sich nur voriges Jahr an Valentino erinnern. Als er nach seinem Beinbruch zurückkam, sagte er, seine Schulter sei viel schmerzhafter als das Bein.

Außerdem sieht man dadurch, dass es keinen Sinn macht, es wie Pedrosa zu machen, der voriges Jahr nach dem Schlüsselbeinbruch von Motegi nach Australien flog. Er fuhr eine paar Runden und gab wieder auf...
Alvaro Bautista: Ich erinnere mich gut daran. Als er sagte, er würde nach Australien fliegen und wollte dort fahren, dachte ich mir, das wird unmöglich. Ich habe das voriges Jahr in Le Mans erlebt und das war unmöglich.

Gibt es unter den Spaniern in der MotoGP Freundschaft, Respekt oder Rivalität?
Alvaro Bautista: Ich denke, es ist Respekt für die Anderen. Vielleicht hat man mit einigen Fahrern eine Freundschaft, aber keine sehr intensive. Wir sind zum Arbeiten hier und nicht zum Feiern.

Was erwartest du für den Rest der Saison? Oder was ist dein Ziel?
Alvaro Bautista: Erst einmal will ich fit sein. Sonst ist mein Ziel das gleiche. Nach dem Test in Sepang wollten wir in einigen Rennen ums Podest fahren. Das ist gleich geblieben. Sicher brauche ich nun ein paar weitere Rennen, um das Ziel zu erreichen, aber ich denke, es ist immer noch möglich, ein paar Podeste zu schaffen.

Wie lange geht dein Vertrag noch?
Alvaro Bautista: Das ist mein letztes Jahr. Ich habe für zwei Jahre unterschrieben, also voriges und dieses.

Wenn du es dir aussuchen könntest, welche Maschine würdest du wählen?
Alvaro Bautista: Wenn nächstes Jahr wieder mit 800cc gefahren würde, wäre momentan die Honda die beste Maschine. In der MotoGP geht es aber immer um Verbesserung und Entwicklung - Honda mag jetzt am besten sein, aber vielleicht ist es nächstes Jahr Ducati oder Yamaha oder vielleicht auch Suzuki. Jetzt ist es zu früh, um etwas zu sagen und ich fahre diese Maschine gerne.

Das Interview mit Alvaro Bautista stammt aus der Printausgabe des Motorsport-Magazins. Mehr Technikhintergründe, Interviews und Reportagen lesen Sie im Motorsport-Magazin - im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder am besten direkt online zum Vorzugspreis bestellen: