Wie würden Sie ihre Tätigkeit bei Lotus F1 beschreiben?
Keith Saunt: Kurz gesagt: Ich führe die Geschäfte! Ich muss sicherstellen, dass die kommerziellen Beziehungen zu unseren Partnern einwandfrei sind und trage die volle Verantwortung für die Ausgaben für den Bau des Autos. Ich bin auch für alle Systeme, Prozesse und Menschen verantwortlich, die in der Produktion und dem Vertrieb unseres einzigen Produkts - Rennwagen - involviert sind. Ich muss sicherstellen, dass wir die beste Leistung unserer Mitarbeiter und Zulieferer erhalten und dass zwischen der Designentwicklung und unserem Eintreffen auf der Rennstrecke alles reibungsfrei verläuft. Außerdem bin ich direkt für unsere IT-Strategie und IT-Abteilung zuständig sowie die komplette Produktion, den Einkauf und die Kollegen, die sich um Getriebe, Baugruppen und Hydraulik kümmern.

Wo beginnt man, wenn man quasi auf einem leeren Blatt Papier ein neues Formel 1 Team auf die Beine stellen muss?
Keith Saunt: Strukturiertes Vorgehen ist der Schlüssel bei allem, was zu organisieren ist, also ist es schon mal äußerst wichtig, im Geschäft Rollen und Aufgaben genau zu definieren. Mit der Zustimmung anderer Mitglieder des Hauptmanagements wurden Fachgebiete definiert und Rückmeldungen abgesegnet. Die Freiheit einen Rahmen schaffen zu können, in dem die besten Leute ihre Stärken in einer kooperativen und effektiven Weise ausspielen können, ist einer der vielen Vorteile bei Null zu beginnen. Außerdem können wir den Geist und die Energie eines echten Rennteams ohne Politik wahren. Das bringt Zusammenarbeit mit sich und ermöglicht uns, schnell auf die wechselnde Techniklandschaft Formel 1 reagieren zu können.

Wie ist die Fabrik in Hingham strukturiert, um mit den Anforderungen eines Formel 1 Teams klar zu kommen?
Keith Saunt: Die Fabrik an sich war schon beim ersten Betreten eine Offenbarung! Nach der 20-monatigen Stilllegung war es fast ein unheimlicher Moment, aber wir haben den Platz den wir brauchen und alle Einrichtungen und Ausrüstungsgegenstände. Die komplette Ausstattung war da, alle Maschinen gewartet und kalibriert! Wir haben die Büroräume umgestaltet und die Rennwerkstatt und die Waschräume renoviert. Es ist alles an seinem Ort, vom Wareneingang über die Qualitätsprüfung bis hin zu den einzelnen Werkstätten - die Modellbauabteilung liegt neben den Waschräumen und in der Nähe des Produktionsbüros kümmern sich die Jungs um die Maschinen. Die Arbeitsbedingungen könnten für ein voll funktionierendes Formel 1 Team nicht besser sein.

Keith Saunt kümmert sich um den Aufbau des Teams., Foto: LotusF1
Keith Saunt kümmert sich um den Aufbau des Teams., Foto: LotusF1

Wie ist die Zeit bis zum Saisonstart geplant?
Keith Saunt: Was die wirtschaftlichen Angelegenheiten betrifft, ist der Plan mit der Einstellung erfahrener Leute für die Schlüsselpositionen schon realisiert. Wir haben aber auch einen "Masterplan" für die Konstruktion und Fertigung in dem alle wichtigen Meilensteine bis zur neuen Saison festgelegt sind. Wir wissen den Zeitpunkt, an dem wir mit unseren Komponenten rechnen können und werden in den nächsten Wochen das Personal an den entsprechenden Stellen weiter ausbauen, um die Entwicklungszeit im Februar so effizient wie möglich zu gestalten. Bis zum Saisonstart ist noch ein langer Weg, ihn Herausforderung zu nennen wäre eine Untertreibung, aber wir wachsen als Team zusammen und denken optimistisch!

Wie läuft die Personalbeschaffung?
Keith Saunt: Das ist immer ein sehr wichtiges Thema und es verlangt uns viel Zeit und Aufwand ab. Die wichtigsten Posten sind vergeben aber es wird weiterhin versucht, das Team in der Breite aber auch in der Tiefe mit den besten Leuten zu verstärken! Um in der höchsten Motorsportkategorie bestehen zu können brauchen wir Erfahrung und Kompetenz. Wir stellen neue Mitarbeiter in einer bestimmten Vorgehensweise ein, um sie perfekt ins Team zu integrieren und bislang verläuft alles nach Plan. Wir sind zuversichtlich, ein kompetentes Team mit Spezialisten aus Malaysia auf die Beine zu stellen!

Wie wird die Belegschaft in Hingham aussehen?
Keith Saunt: Wir planen, das Team bis zum ersten Rennen 2010 zu 30 Prozent aus Fachleuten aus Malaysia zu besetzen. Da wir das Team in den nächsten Jahren nach Malaysia umsiedeln werden, wird sich die Zahl dann bei mindestens 70 Prozent einpendeln.

Wie wird die Unterstützung aus Malaysia aussehen?
Keith Saunt: Mit unseren Leuten, Finanzgebern und der Geschäftsleitung dort genießen wir bereits jetzt großartige Unterstützung! Auch die Hauptabteilungen für Marketing und Pressearbeit sind in Malaysia, wir diskutieren darüber hinaus auch mit Weltklassezulieferfirmen, um dem Team Fachwissen und dem Rennwagen Zulieferteile zu sichern.

Wann werden in Hingham die ersten Teile zur Fertigung eintreffen?
Keith Saunt: Es trafen bereits einige Komponenten ein, immerhin kommen wir langsam zum Start des Zusammenbaus. In den nächsten Monaten werden zehntausende einzigartige Teile eingekauft oder hergestellt, untersucht, graviert, eingebaut und in den ersten Boliden getestet. Die ersten Teile, die in Hingham angekommen sind, waren Teile der Nase, aber es werden noch unzählige folgen!

In wiefern ist die Lotus Gruppe involviert?
Keith Saunt: Von Anfang an konnten wir auf die Unterstützung von Lotus bauen und eine starke Verbindung zwischen den Unternehmungen etablieren. Wir hoffen, von unseren Kollegen zu lernen und im regen Austausch zu bleiben.

Das Lotus Team ist in der Entstehung., Foto: LotusF1
Das Lotus Team ist in der Entstehung., Foto: LotusF1

Wie profitiert ein neues Team wie Lotus von Ihrer Erfarung?
Keith Saunt: Ich bin seit Langem im Formel 1 Zirkus und habe viele Jahre im operativen Geschäft zwischen Entwicklung und Rennstrecke verbracht, dadurch habe ich einen reichen Erfahrungsschatz gesammelt! Zu Beginn meiner Formel 1 Zeit waren die Teams noch klein und man kannte sich im Fahrerlager persönlich und half sich gegenseitig. Ich arbeitete aber auch schon in Teams, die sich auf 700 Mann Belegschaft vergrößert haben, führte Einkaufs-, Herstellungs-, Budgetüberwachungs- und Managementinformationssysteme ein. Ferner habe ich hunderte Menschen eingestellt und Prozesse und Systeme entwickelt, die die Effizienz erhöhen und Kosten senken. Meine Erfahrung stammt von der Zusammenarbeit mit sehr erfolgreichen Siegerteams und den besten Fahrern, mein Streben nach dem Wettbewerb wird Lotus helfen!

Wie sehen Ihre persönlichen Ziele für die nächste Saison aus?
Keith Saunt: Ich habe einige Ziele für nächstes Jahr, zum Beispiel das Team effizient und kompetent zu formen und sicherzustellen, dass die richtigen Menschen zur rechten Zeit an der richtigen Stelle eingesetzt werden, und dass sie mit den geeigneten Systemen und Prozessen unterstützt werden, die Besten zu werden. Das Team soll seine Persönlichkeit bewahren und als professioneller, tüchtiger und dynamischer Neueinsteiger hervorstechen. Ich möchte Lotus zu einem tollen Arbeitgeber machen und einen Teamgeist voller Zusammenarbeit und Unterstützung sehen. Für die Rennen werde ich persönlich alles geben, um Lotus zu denen zu machen, auf die man blickt!