Warum steigt Toyota aus der Formel 1 aus?

Die Ausstiegswelle japanischer Unternehmen aus dem Motorsport geht weiter. Zunächst ließ Honda das Super Aguri Team ausscheiden, danach kündigte man selbst den F1-Ausstieg an. Gleichzeitig verließen Subaru und Suzuki die Rallye-WM und stieg Kawasaki aus der Motorrad-WM aus. Nach der Ausstiegsankündigung von Bridgestone als Einheitsreifenhersteller für die Formel 1 Ende 2010 blieb Toyota keine andere Wahl mehr, als dem Druck der japanischen Öffentlichkeit nachzugeben und den F1-Ausstieg zu beschließen. In Japan wird ein solcher Schritt in Krisenzeiten gesellschaftlich erwartet.

Offiziell hieß es in einem Toyota-Pressetext: "Angesichts der auf absehbare Zeit geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können auch die kurz- und mittelfristigen Motorsportakivitäten von Toyota nicht ausgenommen werden, wenn es gilt, limitierte Budgets zu verteilen." Toyota-Präsident Akio Toyoda entschuldigte sich für die sieglose Zeit in der Formel 1. "Es war eine schwierige, aber unvermeidliche Entscheidung", sagte er auf einer Pressekonferenz in Tokio. "Seit dem letzten Jahr hat sich die Wirtschaft verschlechtert und wir kämpften mit der Entscheidung, in der Formel 1 zu bleiben."

Im Juli hatte Toyota bereits die Austragung des Japan GP auf der hauseigenen Strecke in Fuji für 2010 abgesagt. "Wir steigen komplett aus der Formel 1 aus", sagte Toyoda. Nach dem Ausstieg sind mit Ferrari, Mercedes-Benz und Renault nur noch drei Automobilhersteller in der Formel 1 vertreten.

Was wird aus dem Concorde Agreement?

Toyota hat in diesem Jahr das neue Concorde Agreement unterschrieben, welches das Team bis Ende 2012 an die Formel 1 bindet. BMW scheute sich davor, diesen Schritt zu gehen und stieg ohne Unterschrift aus der Formel 1 aus, was das Nachfolgeteam seinen Startplatz kostete. Durch den Toyota-Ausstieg rückt Sauber nun aber an die Stelle der Japaner. Ein 14. Startplatz ist nicht mehr erforderlich. Die Pläne und Verhandlungen können endlich fortgesetzt und zum Abschluss gebracht werden. Toyota dürften juristische Schwierigkeiten und eine Strafe für die Verletzung des Concorde Agreements drohen.

Was wird aus Glock und Trulli?

Timo Glocks letztes Toyota-Rennen endete mit Platz 2., Foto: Sutton
Timo Glocks letztes Toyota-Rennen endete mit Platz 2., Foto: Sutton

Keiner der Toyota-Fahrer hatte einen Vertrag für die kommende Saison. Aufgrund der ungewissen Zukunft ließ Toyota die Option auf Timo Glock verstreichen und verzögerte die Verhandlungen mit Jarno Trulli in den Winter. Trulli betonte bereits, dass er mehrere Optionen habe, eine davon dürfte Lotus sein, wo sein frühere Technikchef Mike Gascoyne viel von ihm hält. Mit seiner Erfahrung wäre er für ein neues Team ebenfalls wertvoll. Ob er sich das Hinterherfahren antun möchte, steht auf einem ganz anderen Blatt. Glock steht zu 99% als zweiter Fahrer bei Renault fest.

Für Kamui Kobayashi kommt der Ausstieg wie ein Schock: Der Japaner aus dem Toyota-Nachwuchsprogramm hatte sich nach zwei starken Grand Prix in Brasilien und Abu Dhabi Hoffnungen auf ein Stammcockpit in der Saison 2010 gemacht. Ob er diese Chance bei einem anderen Rennstall als Toyota erhält, ist fraglich. Zur Fortsetzung des Nachwuchsprogramms der Japaner gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Informationen, es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass es fortgeführt wird.

Was wird aus der Fabrik in Köln?

Der Toyota war das einzige Formel-1-Auto, das komplett unter einem Dach auf deutschem Boden in der Toyota Motorsport Fabrik in Köln-Marsdorf gebaut wurde. Das Team besitzt dort zwei Windkanäle und alle notwendigen Anlagen. Wie die Zukunft der Fabrikarbeiter und Teammitglieder aussieht, ist noch offen. Toyota kündigte in seiner Ausstiegs-Pressemitteilung an: "TMC wird allen betroffenen Mitarbeitern umfassende Hilfestellung in dieser Situation leisten." Das Toppersonal wird sicherlich bald neue Jobs bei anderen Rennställen, den neuen Teams oder in anderen Serien finden. Die Bewerbungsflut bei den Teammanagern dürfte schon bald einsetzen.

Macht Toyota weiter Motorsport?

Bereits vor dem F1-Ausstieg wurde über ein mögliches Engagement bei den 24 Stunden von Le Mans spekuliert. Bislang gibt es dazu keine gesicherten Informationen. Toyota teilte mit: "Im Motorsport wird Toyota sich neben der Teilnahme an verschiedenen Serien auch im Breitensport aktiv engagieren und Veranstaltungen unterstützen, die offen für jedermann sind."

Wird es Kundenmotoren von Toyota geben?

Der einzige Toyota-Kunde Williams gab bereits vor einigen Wochen die Trennung von den Japanern bekannt und wechselte zu Cosworth. Trotz anders lautender Aussagen von Toyota Teampräsident John Howett, scheint es keine ernsthaften Interessenten für Kundenmotoren zu geben. Alle anderen Teams sind mit Cosworth, Ferrari, Mercedes-Benz und Renault versorgt. Demnach besteht gar kein Bedarf an Kundenmotoren, zu denen sich Toyota ohnehin bislang nicht geäußert hat. Es ist also nicht davon auszugehen, dass sie Motoren anbieten würden, wenn ein Team Interesse daran hätte. Auch BMW kündigte nach dem Ausstieg an, dass man nicht als Motorenlieferant in der F1 bleiben möchte. Toyota betonte: "Wir steigen komplett aus der Formel 1 aus."

Welche Erfolge hat Toyota in der F1 vorzuweisen?

Toyota startete bei 139 Formel 1 Grand Prix und holte dabei drei Pole Positions, drei schnellste Runden und keinen Sieg. Dieser erste Sieg war Jahr um Jahr das große Ziel, welches auf der Teampräsentation angekündigt wurde. Erreicht hat man das Ziel nie. 13 Mal kam man ihm mit einem Podestplatz wenigstens etwas näher. Bei elf Rennen führte ein Toyota zumindest zeitweise das Rennen an. Insgesamt entfallen 66 Führungsrunden auf Toyota-Fahrer. In seinen acht Jahren F1-Zugehörigkeit fuhr Toyota 278,5 WM-Punkte ein.

Was wird aus der F1? Steigen noch mehr Hersteller aus?

Toyota verabschiedet sich nach acht Jahren aus der Formel 1., Foto: Sutton
Toyota verabschiedet sich nach acht Jahren aus der Formel 1., Foto: Sutton

Mit Ferrari, Mercedes-Benz und Renault sind nur noch drei Hersteller in der Formel 1 vertreten. Während Ferrari die Formel 1 als Marketinginstrument zwingend benötigt und Mercedes sich langfristig der Formel 1 verschrieben hat, sogar eine Expansion der Motorenlieferungen und eine Übernahme von Brawn GP plant, ist Renault ein weiterer Wackelkandidat. Zwar verkündete das Team nach der Crashgate-Affäre, dass man in der Formel 1 bleiben möchte, doch gab es danach Gerüchte, dass man den Rennstall zur Hälfte oder komplett verkaufen möchte. Dann würde Renault nur noch als Motorenpartner auftreten. Am Mittwoch soll es eine Vorstandssitzung bei Renault geben, auf der über die Zukunft des Rennstalls entschieden wird.

Der Ausstieg von Toyota ermöglicht dem Schweizer Sauber Team von der Ersatzbank auf den 13. Startplatz für die Saison 2010 zu rücken. Somit können die Verantwortlichen endlich grünes Licht für ernsthafte Verhandlungen mit Sponsoren und Fahrern geben. Über dem neuen Eigentümer Qadbak schweben zwar etliche Fragezeichen, aber sollten sich diese in Luft auslösen, wird Sauber 2010 starten. Bei einigen der vier Neueinsteiger Campos, USF1, Manor und Lotus ist das noch nicht so sicher. Vor allem USF1 ruft immer wieder Stirnrunzeln hervor, wie mit einer handvoll Maschinen, CFD-Zeichnungen und Mitarbeitern auf Monatsbasis ein F1-Team oder gar ein F1-Auto entstehen soll.