Als die FIA das Urteil bekanntgab, dass die Diffusoren von Brawn GP, Toyota und Williams legal sind, kündigte sie in weiterer Folge die Veröffentlichung der Urteilsbegründung an, die von allen Seiten gespannt erwartet wurde. BMW Motorsport Direktor Mario Theissen meinte, dass die mögliche Berufung seines Teams davon abhängen könnte, was zu lesen ist. Denn am 14. April wurde nur der Einspruch von Red Bull, Renault und Ferrari behandelt, die bereits in Australien protestiert hatten. Diese drei Teams hatten auch die Disqualifikation der drei beanstandeten Teams vom Rennen in Australien und - im Fall von Renault - Malaysia gefordert, sollte die Berufung Erfolg haben.

Steward-Entscheidung und ihr Kontext

Gehört wollten auch McLaren, BMW, sowie Williams, Brawn GP und Toyota werden, was ihnen zugestanden wurde. In den offen gelegten Unterlagen der FIA war zu lesen, dass Ferrari die Art und Weise beanstandet hatte, wie die Stewards in Australien ihre Entscheidung zur Abschmetterung des Protests getroffen hatten. So argumentierte der Rennstall, dass die Entscheidungen kurz gefasst sein können, aber klar den Grund für das Urteil aufzeigen müssen. Ferrari und auch Renault sahen das nicht als gegeben an. Brawn GP und Toyota behaupteten, es sei aus dem Kontext klar erkennbar, warum die Stewards ihre Entscheidung getroffen haben. Zudem sei es aufgrund des vertraulichen Materials in Ordnung gewesen, dass die Entscheidung etwas breiter gefasst war.

Der Streitpunkt, Foto: Sutton
Der Streitpunkt, Foto: Sutton

Auch das Berufungsgericht fand, dass es zwar besser gewesen wäre, wenn die Stewards etwas genauer gewesen wären, doch im gegebenen Fall seien die protestierenden Parteien in einer Position gewesen, um genau zu wissen, welche Argumente abgewiesen oder akzeptiert wurden, da sie detaillierte Proteste eingereicht hatten. Dabei hätten Ferrari und Renault auch über die spezifischen Interpretationen der Regeln geklagt und das wäre von den Stewards klar zurückgewiesen worden. "Die Berufungskläger waren daher in der Lage, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen Berufung einzulegen. Das wird auch durch die umfassenden Berufungen gezeigt, die sie eingereicht haben", hieß es.

Nicht bei der FIA um Klarstellung angesucht

Ein weiterer Punkt war, dass sich die Ankläger darüber beschwerten, dass die betroffenen Teams trotz der unklaren Natur ihrer Designs nicht bei der Technik-Abteilung der FIA um Klarstellung angesucht hatten. Sie hätten eine volle Beschreibung des Systems, nötigenfalls Zeichnungen und Schemata, ihre Meinung zu den Auswirkungen auf anderen Teile durch das Design, die langfristigen Auswirkungen auf neue Entwicklungen durch das neue Design und die genaue Art, wie das System die Leistung des Autos verbessern wird, an die FIA übermitteln müssen. So wird es laut Meinung der Kläger in Artikel 2.4 des technischen Reglements gefordert. Die Protest-Parteienbezweifelten, dass das passiert war oder falls doch, dass alle verlangten Informationen übermittelt wurden. Deswegen glaubten die Teams auch, die Stewards hätten möglicherweise aufgrund von irreführender oder fehlender Information entschieden.

Die FIA und die angeklagten Teams meinten ihrerseits, dass der Weg zur FIA nur freiwillig sei, obwohl Renault betonte, dass man im Fall des Massedämpfers darauf hingewiesen wurde, so etwas machen zu müssen. Zudem meinte die Verteidigung, dass das Design nicht neu war, auch wenn es vielleicht neue Aspekte daran gab. "Sekundäre oder zentrale Diffusoren wurden in der Vergangenheit von vielen Teams verwendet", hieß es. Beim Massedämpfer sei das anders gewesen, der wäre neue gewesen. Brawn GP und Toyota sagten noch, dass ein Auto auch ohne vorherige Klarstellung der FIA im Sinne des technischen Reglements legal sein kann, solange die technischen Delegierten bei der technischen Abnahme oder die Stewards bei einem Protest alles für in Ordnung befinden. Das Gericht wies den Klagepunkt mit dem Argument ab, dass eine Klarstellung nicht erfolgen muss.

Gegen die Überhol-Absichten

Der dritte Anklagepunkt betraf die Tatsache, dass das Diffusor-Konzept nicht mit der Präambel zu Artikel 3 der technischen Regeln übereinstimme und auch gegen die Mühen der Overtaking Working Group (OWG) arbeite. In Artikel 3 geht es darum, dass die aerodynamischen Luftverwirbelungen hinter Autos reduziert werden sollen, weswegen die Abtriebs-Niveaus für 2009 reduziert wurden. Dazu gehörten auch Vorschriften für den Diffusor, der gewisse Maße nicht überschreiten darf. Die Kläger meinten, dass die Autos von Brawn GP, Williams und Toyota Abtrieb produzieren, der von der OWG nie beabsichtigt wurde und das Überholen dadurch wieder schwerer werde. Ferrari meinte, dass man die Präambel so auslegen solle, wie sie beabsichtigt war, währenddessen die Verteidigung meinte, eine Präambel und die Absichten der OWG könnten nicht über den Regeln stehen. Zudem sei nicht bewiesen, dass die Diffusoren mehr Dirty Air produzieren.

Überholen ist zwar gewollt, steht aber nicht in den Regeln, Foto: Sutton
Überholen ist zwar gewollt, steht aber nicht in den Regeln, Foto: Sutton

Die FIA selbst meinte, die Präambel sei nur eine Sicherung, um die Regeln später wieder ändern zu können, sollten die Abtriebs-Niveaus wieder zu hoch steigen. Das Gericht erklärte in seinem Urteil, dass die OWG mehr eine Beraterrolle habe und keine Regeln aufstelle. Außerdem hieß es, dass die Präambel zwar vorhanden sei, man aber nicht den Regeltext ignorieren könne, nur um auf ein generelles Statement in der Präambel Rücksicht zu nehmen. Auch hatte das Gericht nach seiner Ansicht nicht genügend Beweise bekommen, um zu der Ansicht zu gelangen, dass hinter den Autos mit neuem Diffusor mehr Dirty Air herrsche - es habe sogar gegenteilige Beweise gegeben.

Das Design

Als nächsten Punkt beanstandeten die Kläger das eigentliche Design der Diffusoren, die ihrer Meinung nach laut Artikel 3.12 des technischen Reglements nicht legal sind. Auch hier wurden alle Argumente der Kläger mit dem Wortlaut des Reglements widerlegt. Dazu gehörte auch der China-Aufreger von Ferrari, da Adam Parr ja gemeint hatte, mit der Argumentation von Ferrari wären ihre eigenen Autos in der Vergangenheit illegal gewesen. Im FIA-Dokument hieß es dazu: "Ferrari gesteht ein, dass vielfache Übergänge in der Vergangenheit von vielen Teams genutzt wurden, auch von Ferrari selbst und argumentiert, dass all diese vorherigen Anwendungen (inklusive der eigenen) eine technische Verfehlung darstellten, die toleriert wurde."

Gleichzeitig gestand die FIA ein, dass es eine Lücke in den Regeln gibt, wodurch das Ganze losgetreten wurde. So wurde lange darüber diskutiert, ob die Löcher in den Designs überhaupt Löcher waren. "Die Angeklagten und die FIA gestehen ein, dass es Freiräume zwischen den einzelnen Ebenen geben mag, aber die Ebenen selber haben keine Löcher. Es wurde argumentiert, dass die Freiräume zwischen den Ebenen keine Löcher im eigentlichen Sinn von Artikel 3.12.5 sind." Gleichzeitig wurde auch noch der Einspruch von Red Bull abgewiesen, das 2007 ein ähnliches Design bringen wollte. "Die Fragen, die in vorigen Fällen an die FIA gerichtet wurden, waren andere und wurden im Sinne der aktuellen Position korrekt beantwortet."

Auch Kosten kein Argument

Die letzten drei Punkte der Tagesordnung beschäftigten sich damit, dass die unklare Regeldefinition genutzt wurde, um die Absicht der technischen Regeln zu umgehen, dass die Entscheidung der Stewards von vorherigen Aussagen der FIA abwich und dass die Kosten durch eine Abweisung der Berufung im Gegensatz zum Vorhaben der FIA nach oben gehen würden. Auch diese Argumente wurden abgelehnt, womit auch die Berufung als ganzes scheiterte.